I. Akt, Zwischenspiel

Nachdem ich auf twitter folgende Nachricht bekommen habe:

frageund ich nicht weiß, wer sich die Frage auch stellt, sich aber nicht traut, sie mir zu stellen oder die Frage für sich schon beantwortet hat, ohne mich gefragt zu haben, möchte ich hier öffentlich kundtun:

Es geht mir gut. Wirklich.

Ich habe nicht vor, mir einen tiefergelegten Sportwagen, ein Goldkettchen und eine zwanzigjährige Freundin zuzulegen. Für das erste fehlt mir das Geld, für das zweite die Brustbehaarung und für das dritte habe ich noch zu viele Kilo; so viele Frauen mit adiposophilem Vaterkomplex gibt’s vermutlich nicht.

Bleibt die Frage nach dem Warum. Eine Frage, die die Menschheit in unterschiedlicher Ausprägung seit Anbeginn beschäftigt und die manchmal ziemlich einfach beantwortet werden konnte, zum Beispiel warum es keine gute Idee ist stehenzubleiben wenn ein Säbelzahntiger vorbeikommt und die manchmal etwas komplexer war, zum Beispiel warum man ein Rad haben sollte, wenn es doch ständig wegrollt. Die Komplexität dieser Frage, die alle Zeitalter überdauert zu haben scheint, erkennt man, wenn man sich heute die Leute anschaut, die ein Rad ab haben.

Reinhold Messner soll mal gefragt worden sein, warum er auf Berge klettert. Seine Antwort war „weil sie da sind“. Ein Ex-Kollege antwortete auf Warum-Fragen oft mit „einfach weil ich’s kann“. Meine Motivation liegt irgendwo dazwischen. Und da ich niemanden an einen Stuhl fessele, ihm die Augenlider hochtape und zwinge, diese Texte zu betrachten bin ich zumindest da auf der sicheren Seite.

Die Frage, ob mir das nicht peinlich ist, wenn das jemand liest, den ich kenne und danach treffe kann ich zweigeteilt beantworten. Erstens nein und zweitens spiele ich auf der Peinlichkeitsskala in ganz anderen Ligen. Zum Beispiel wenn man sich mit den zukünftigen Schwiegereltern eine Talkshow anschaut, dabei laut anmerkt, dass man den einen Studiogast irgendwoher kenne und die nächste Frage des Moderators an diesen Gast  „Hast Du Deine Porno-Karriere eigentlich je bereut?“ lautet.
Gut, das war jetzt erfunden, aber die wirklich peinlichen Dinge in meinem Leben schreibe ich dann doch nicht auf. Es geht wie schon gestern gesagt immer nur um Abstände, nie um absolute Größen (außer bei Hämmern) und ich hoffe, ich konnte den Abstand verdeutlichen. Jetzt kommt ein kleiner Auto-Sex-Einschub, den man auch überlesen kann. Er ist für den weiteren Fortgang nicht wichtig, sondern bringt einfach noch mal einen weiteren peinlichen Moment. Diejenigen, die nicht auf Schund stehen können einfach im übernächsten Abschnitt weiterlesen oder ein gutes Buch anfangen, ich weiß nicht, ob hier nochmal was vernünftiges kommt.

In meiner alten Firma standen sehr viele sehr große und leistungsstarke Autos auf dem Parkplatz, während ich einen Seat Arosa SDI mein eigen nannte. In einer der Pausen stiess ich in der Cafeteria zu einem bereits laufenden Gespräch, in dem es um „4-Liter“ ging. Als ich anmerkte, dass das mein Auto auch auf 100 Kilometer verbrauchen würde, erhielt ich die Antwort „Wir reden vom Hubraum“. Wenn man jetzt kein Autonarr ist, ist das ja noch nicht wirklich peinlich, fusst aber auf einem ähnlichen Missverständnis wie ein Gespräch, das kurz danach stattfand und  mit den Worten „Ich hatte Sex mit zwei Frauen“, „echt, ich auch“ eingeleitet wurde. Wir konnten unser beiderseitiges Erstaunen dann schnell auflösen, weil er „zur gleichen Zeit“ meinte und ich „insgesamt“. Wer sich jetzt durch diesen widerlichen Schmutz gelesen hat, in der Hoffnung etwas zu lernen, kann sich „der Kontext ist immer wichtig“ notieren.

Mit ein Grund, warum ich das hier aufschreibe (was an sich ja noch nicht wirklich schlimm ist) und dann auf veröffentlichen drücke (was manche zu obiger Frage veranlasst), ist vermutlich auch ein Gespräch, dass ich vor kurzem zum Thema „das Gefühl irgendwas verpasst zu haben“ geführt habe. „Geführt habe“ ist sehr euphemistisch ausgedrückt. Es war beim Laufen und ich war gezwungen mich entweder dafür zu entscheiden zu antworten, oder bei Bewusstsein zu bleiben. Ich habe mich für das Atmen entschieden, alleine schon deshalb weil das ein Reflex ist, den ich noch weniger unterdrücken kann als meinen Willen, zu jedem Thema meinen Senf dazuzugeben.

Ich hatte ja diesen blog, der sowieso nur noch vor sich hindümpelte und zwar nicht tot war, aber schon ein bisschen so roch. Deshalb hab ich mir fast alles gemerkt, was mein sauerstoffunterversorgtes delirierendes Gehirn so gedacht hat, außer „Luft!, Luft!“. Und ich schreib es jetzt hier auf.

Es ist nämlich durchaus spannend, wie Menschen, die unterschiedlich gut durch ihre Jugend gekommen sind, diese im Nachhinein so sehen. Bei manchen war ich ja live und in Farbe dabei, bei manchen kann ich es mir nur vorstellen, weil ich sie leider erst später kennengelernt habe. Manche kenne ich seit ihrer Sturm-und-Drang-Zeit, manche habe ich erst als gesetzte Familienväter kennengelernt und manche als mich nach Wasser dürstete und sie bereitwillig gaben. Gut, genaugenommen hat es nicht mich nach Wasser gedürstet sondern die Kellerbauer und die haben es auch nicht wirklich getrunken sondern für irgendwelche Betonsachen verwenden wollen. Ich scheine damals übrigens etwas konfus gewesen zu sein, weil ich direkt aus dem Krankenhaus kam, in dem am Vorabend mein Sohn geboren worden war und ich mit 5 entnervten Handwerkern verhandeln musste, dass sie die Baustelle doch bitte nicht verlassen sollten und ich irgendwo schon Wasser auftreiben würde. Da ich der Moses-Stab-Felsen-Sache von vorneherein keinen großen Erfolg eingeräumt hatte, blieb nur der Weg zur Nachbarbaustelle.

Könnte mir bitte zukünftig jemand sagen, wenn ich abschweife? So wird das nie was mit der Begründung. Ausserdem ist die Geschichte, wie ich meine Nachbarin kennengelernt habe einen eigenen Beitrag wert. Gut, man könnte jetzt einwenden, dass es in diesem vermutlich um alles gehen wird, aber nicht um das und dass die Geschichte ja vielleicht doch interessant sein könnte.
Wo war ich denn? Stimmt, bei der Jugend. Und der Frage, warum bei manchen die Adoleszenz-Phase immer noch anzuhalten scheint, während manche unter Auslassung all der interessanten Phasen direkt von der analen Phase ins Erwachsenenalter gesprungen sind. Das war jetzt nichts versautes, das war Freud. Gut, vermutlich war es damit doch was versautes, Freud halt.

Während ich über dem nächsten Satz grüble stelle ich fest, dass das gar nicht die ursprüngliche Frage war und die Jugend nur dann als Begründung taugt, wenn sie schwer war und man irgendeines monströsen Verbrechens beschuldigt wird.

Deshalb schnell

– Vorhang –

2 Gedanken zu „I. Akt, Zwischenspiel“

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