IV. Akt, 1. Szene

Während ich darauf warte, dass mich die Muse küsst, Kalliope nur für den Fall dass jemanden interessiert welche, kann ich ja schon mal anfangen, ein bisschen sauber zu machen. Das Erfüllen beziehungsweise Enttäuschen von Erwartungshaltungen steht hier schon ziemlich lange rum.
Ich glaube nicht, dass ich ein Widerspruchsgeist bin. Wenn ich Erwartungen mal nicht erfülle, dann vornehmlich, weil ich faul bin, wobei ich Faulheit für eine grundsätzlich positive Eigenschaft halte.

Ein fauler Mensch, der nicht wegen jedem Stück Abfall zur Deponie laufen wollte hat so tolle Sachen wie den Mülleimer in der Küche und die Mülltonne vor dem Haus erfunden. Einem faulen Menschen war es irgendwann zu blöd, immer dem Essen hinterherzurennen, weswegen er einen Zaun gebaut hat und das Essen an Ort und Stelle blieb. Faule Menschen sind effektiv und effizient, weil sie weder die falschen Dinge machen wollen – die richtigen müssten sie dann ja auch noch tun – noch die richtigen Dinge falsch, weil das in aller Regel viel länger dauert. Faule Menschen identifizieren und heben Verbesserungspotenzialschätze, die ein fleissiger gar nicht sieht. Aber es ging ja um Erwartungshaltungen.

Schon seit meiner frühen Jugend muss ich mir anhören, was ich alles aus mir machen könnte, wenn ich mich nur ein wenig anstrengte beziehungsweise anstrengen würde für die Menschen unter uns, die jeden Konjunktiv mit würde aber ohne Würde bilden, was nur noch von jenen übertroffen wird, die jeden Konjunktiv mit täte bilden, wofür sie ziemlich sicher auf ewig in der Grammatikhölle schmoren werden. Die Grammatikhölle liegt übrigens gleich neben der Interpunktionshölle, wir werden uns also leider wiedersehen.

Ich hatte damals keine Antwort darauf, was vermutlich der Hauptgrund dafür ist, dass ich es auch nie probiert habe. So in der Nachschau der ersten 41 Jahre habe ich immer noch keine. Um noch mal alle abzuholen, es ging darum, was ich alles aus meinem Leben machen könnte, wenn ich mich anstrengen täte.

Vielleicht wäre ich wohlhabender, aber eigentlich habe ich genug Geld, vielleicht hätte ich einen herausragenden Posten voller Verantwortung, aber dann müsste ich mich mit Mitarbeitern wie mir rumschlagen und dafür fehlt mir die Gelassenheit, vielleicht hätte ich ein paar mehr Freundinnen gehabt, was aber ziemlich sicher nicht das ist, was meinte Mutter damals meinte und ironischerweise auch das Teilgebiet meines Lebens, auf dem ich mich zumindest gefühlt am meisten angestrengt habe.

Ich hatte auch nie echte Ziele im Leben, auf die ich dann zielstrebig hingearbeitet habe. Ich bin mehr so das Blatt auf dem Fluß, dass die gegen den Strom schwimmenden Fische unter sich vorbeiziehen sieht, sich dabei oft vergegenwärtigend, dass wir irgendwann doch beide als Sediment im Festlandsockel landen. Der Fisch vielleicht noch über den Umweg Bärenmagen.

Nicht, dass das falsch rüberkommt, ich bewundere Menschen mit Zielen und ich finde es spannend sie bei ihrer Erreichung zu beobachten, es ist halt nur nichts für mich das mit den Zielen und dem konsequenten Handeln diesbezüglich. Wie bereits an der einen oder anderen Stelle geschrieben, schweife ich zu sehr ab und spätestens an der dritten Abzweigung stirbt das Ziel vor Gram und Verzweiflung. So ein Ziel will ja gepflegt werden.

Es gibt natürlich Dinge, die mir wichtig sind. Aber das sind alles keine Dinge, die sich in irgendeiner Art und Weise in fassbare Ziele formulieren lassen. Ich höre viel und intensiv Musik, ich unterhalte mich extrem gerne mit anderen Menschen über alles mögliche und ich möchte Dinge verstehen und zwar nicht nur oberflächlich, sondern richtig.

Viel wichtiger als Dinge sind mir aber Menschen. Meine Familie, meine Freunde und der Typ der sich verlaufen hat und mich nach dem Weg fragt. Menschen faszinieren mich viel mehr, als es zum Beispiel Technik, Geld oder exotische Urlaubsziele vermögen. Als ich vor 17 Jahren 2 Wochen alleine durch die norwegische Hardangervidda gewandert bin, habe ich zum ersten Mal wirklich gemerkt, dass ich nicht nur einsam doof finde, sondern auch allein.

Die amerikanische Familie, der ich dann auf der Busfahrt zurück nach Oslo ein Ohr abgequatscht habe, erinnert sich bestimmt heute noch an den crazy german labersack. Das letzte Wort ist übrigens deutsch, nur falls sich jemand wundert, dass er es nicht im Lexikon findet.

Vermutlich sind fehlende Ziele mit ein Grund, warum ich extrinsisch so schwer zu motivieren bin. Es gibt einfach nichts, was ich wirklich will und was andere mir ermöglichen oder verschaffen könnten. Während ich den letzten Satz geschrieben habe ist mir eingefallen, dass es doch genau 3 Dinge gibt, aber das gehört nicht hierher, ist teilweise personengebunden und mir fällt momentan auch nichts ein, was ich machen können sollte, dass man es mir als Motivationsschub anböte.

Für den Großteil gilt entsprechend des Sprichworts, dass man den Charakter eines Menschen am besten daran erkennt, wie er mit Leuten umgeht, die nichts für ihn tun können, dass sie meinen wahren Charakter jeden Tag im Umgang mit sich selbst sehen können.

Ah die Muse kommt, aber das klären wir lieber hinter dem

– Vorhang –

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