Kompetenz bei den Jusos

Über die Fähigkeiten von Juso-Vorstandsmitgliedern, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge auseinanderzuhalten, hatte ich bereits hier und dort ein wenig geschrieben.

Dass eine Promotionsstudentin und Inhaberin des 2. Staatsexamens im Fachgebiet Jura (Frau Drohsel) und ein Diplom-Politologe (Herr Böhning) es nicht schaffen, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bezüglich der Vorratsdatenspeicherung sinnentnehmend zu lesen, macht mich dann aber schon ein wenig betroffen. Bei den Jusos ist zu lesen:

Der Sprecher des Gesprächskreises Netzpolitik beim SPD-Parteivorstand Björn Böhning und die Juso-Bundesvorsitzende Franziska Drohsel begrüßen das heute ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Speicherung von Telekommunikationsdaten:

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts stellt eindeutig fest: Daten dürfen nicht auf Vorrat gespeichert werden.

Vielleicht findet sich ja jemand, der den beiden mal erklärt, was das BVerfG in1 BvR 256/08 gemeint hat, als es ziemlich weit oben geschrieben hat

Eine sechsmonatige, vorsorglich anlasslose Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten durch private Diensteanbieter[..] ist mit Art. 10 GG nicht schlechthin unvereinbar;

Wenn die Feierlaune abgeklungen ist

Wenn die Feierlaune der VDS-Gegner (ich bin übrigens auch einer) ein wenig abgeklungen ist und man sich das Urteil des BVerfG mal näher durchliest, wird man z.B. auf folgende Passage stossen:

Eine sechsmonatige anlasslose Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten für qualifizierte Verwendungen im Rahmen der Strafverfolgung, der Gefahrenabwehr und der Aufgaben der Nachrichtendienste, wie sie die §§ 113a, 113b TKG anordnen, ist mit Art. 10 GG nicht schlechthin unvereinbar.

Bei einer Ausgestaltung, die dem besonderen Gewicht des hierin liegenden Eingriffs hinreichend Rechnung trägt, unterfällt eine anlasslose Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten nicht schon als solche dem strikten Verbot einer Speicherung von Daten auf Vorrat im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Eingebunden in eine dem Eingriff adäquate gesetzliche Ausgestaltung kann sie den Verhältnismäßigkeitsanforderungen genügen.

Es bleibt spannend.

Ja, so wird das wieder was Frau Zypries

lange hatte ich ja geglaubt, die von mir hochgeschätzte Bundesjustizministerin wäre durch ein Double ausgetauscht worden. Viel zu oft waren in letzter Zeit Worte wie „Grundrechte, verfassungsrechtliche Bedenken“ und ähnliche Täterschutzworte aus ihrem Mund zu vernehmen. Bei Heise entdecke ich endlich wieder die Frau Zypries, die bei und von Otto Schily gelernt hat.

Der Entwurf sehe daher vor, dass es für die Strafverfolger möglich sei, „in Echtzeit“ direkt beim Provider auf die IP-Adressen der „Nutzer“ des virtuellen Warnschilds zuzugreifen. Eine Strafbarkeit liege schon in dem Moment vor, wenn nicht nachgewiesen werden könne, dass es sich um ein Versehen oder eine automatische Weiterleitung gehandelt habe.

Endlich muss der Angeklagte seine Unschuld beweisen, „in dubio pro reo“ ist Täterschutz in Reinform.

Weitere Informationen zum aktuellen Gesetzgebungsverfahren finden sich unter

http://www.bundestag.de/bic/plenarprotokolle/plenarprotokolle/index.html

Artikel 20 III Grundgesetz

Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

Jetzt gehen wir mal davon aus, dass es ein Bundesland gibt, in dem heimlich still und leise und ohne gesetzliche Grundlage an der Ausspionierung von Bürgern gearbeitet wird. Auf Rechnern von Verdächtigen werden Trojaner installiert, die einen Zugriff auch auf verschlüsselte Telefonate ermöglichen.

Ein Schreiben, in dem sich das Staatsministerium in dieser Gelegenheit an die Generalstaatsanwälte des Bundeslandes wendet, erblickt das Licht der Öffentlichkeit.

Statt Ursachenforschung zu betreiben, wie denn die vollziehende Gewalt ausserhalb des gesetzlichen Rahmens (je nach Meinung auch ausserhalb der verfassungsmäßigen Ordnung) handeln konnte, dreht das entsprechende Ministerium den Spieß um und überschüttet den Veröffentlicher des Schreibens (der nicht identisch sein kann mit demjenigen, der es nach außen getragen hat) mit einer Hausdurchsuchung.

Genauer nachlesen kann man das bei der Piratenpartei (bitte nicht vom Namen abschrecken lassen, man kann auch ohne Holzbein, Augenklappe und fluchendem Schulterpapagei Mitglied werden).

Ach so, das Bundesland in dem das ganze spielt ist eines, in dem es laut Ministerpräsident unproblematisch ist, wenn man nach 2 Litern Biergenuß noch Auto fährt.

Zahl des Tages: 4

Auch Norwegen scheint nicht vor Datenpannen gefeit zu sein. Heise online berichtet heute:

Die norwegische Steuerverwaltung hat versehentlich die ID-Nummern der fast 4 Millionen Steuerpflichtigen des Landes auf CDs an Zeitungsredaktionen geschickt.

Da fühlt man sich so richtig sicher, wenn man bedenkt, was und wo die Bundesrepublik mittlerweile Daten über ihre Bürger sammelt, natürlich alles nur zu unserem besten.

Diese Daten teilt der Staat aber nicht nur des öfteren unfreiwillig allen mit, die des Lesens mächtig sind, manchmal macht er es auch freiwillig und übermittelt in die USA neben anderem auch

Sowohl die Gewerkschaftszugehörigkeit, als auch Daten zum Sexualleben und Informationen zur Rasse oder ethnischen Herkunft einer Person,

weil es ja

nicht von vornherein völlig ausgeschlossen werden [kann], dass etwa relevante Informationen zum Umfeld eines Terrorverdächtigen auch Rückschlüsse auf das Sexualleben des Betreffenden zulassen.

Das stimmt, von vorneherein ausgeschlossen werden kann allerdings fast gar nichts.

Wo diese Dinge eventuell beim Staat gespeichert sind, möchte die Bundesregierung nicht mitteilen sondern verweist darauf, dass es

keine spezielle Datei [gibt], in der die sexuelle Orientierung von Einwohnerinnen und Einwohnern gespeichert ist, und es ist auch nicht beabsichtigt, eine solche Datei aufzubauen. Es ist jedoch für keine Sicherheitsbehörde auszuschließen, dass die dort auf der Grundlage der für sie geltenden fachgesetzlichen Befugnisse gespeicherten Daten, soweit dies für ihre Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist, in Einzelfällen auch Daten umfassen, die Rückschlüsse auf die sexuelle Orientierung des Betroffenen zulassen.

Wer das ganze nachlesen will, kann das in der Bundestagsdrucksache BT 16/9534 tun.

 

Und ganz am Ende noch ein Zitat

Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät. Man darf nicht warten bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird. Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf. Sie ruht erst, wenn sie alles unter sich begraben hat.

Erich Kästner