Use your illusion

Wer auf den blog gestossen ist, weil er aufgrund des Beitragstitels und der Bilder eine Konzertkritik zum Guns N‘ Roses Auftritt in München gesucht hat, muss leider weiter suchen. Das hier wird mal wieder eine Opa erzählt vom Krieg von früher Geschichte, die den Konzertbesuch nur als Auslöser nimmt, mal wieder was zu bloggen.

Kennt man ja von alten Leuten, dass Kleinigkeiten ausreichen, um gewisse Synapsen zu befeuern, die auf eine weit entfernte Vergangenheit referenzieren.

Nun denn.

Wir schrieben das Jahr 1989. Erich Honecker feierte 40 Jahre DDR und ich feierte, dass ich den Anfang von Patience pfeifen konnte. Nicht so gut wie Axl Rose, aber immerhin so, dass es von der Plattenverkäuferin im Media-Elektra erkannt wurde.
G N’ R Lies war mein erstes Album von Guns N‘ Roses und im Laufe der Zeit sollten noch ein paar dazukommen. Begonnen hat aber alles damit:

Shed a tear 'cause I'm missin' you
 I'm still alright to smile
 Girl, I think about you every day now
 Was a time when I wasn't sure
 But you set my mind at ease
 There is no doubt you're in my heart now

Zwei Jahre später war die Illusion der Deutschen Demokratischen Republik zu Ende, weil die Leute lieber Hans-Dietrich Genscher in der Prager Botschaft gefeiert hatten statt die Erichs in Berlin und ich hatte use your illusion im Plattenschrank stehen.

Give me a whisper
 And give me a sigh
 Give me a kiss before you
 tell me goodbye

Meine Illusion hat bis gestern Abend gehalten, als der erste Gedanke war: „Wer ist der Mann da auf der Bühne?“

Anscheinend war es Axl Rose. Erkannt hätte ich ihn nicht, aber als er anfing zu singen

She's got eyes of the bluest skies
 As if they thought of rain
 I hate to look into those eyes
 And see an ounce of pain
 Her hair reminds me of a warm safe place
 Where as a child I'd hide

setzte die Erkenntnis ein, dass der Mann der gleiche ist, der vor 25 Jahren Stephanie Seymour in November rain geheiratet hat.

Der damalige Neid hat sich gelegt.

Die Zeit heilt ja bekanntlich alle Wunden. Und sei es nur dadurch, dass sie mit anderen augenscheinlich nicht so gut umgegangen ist, wie mit einem selbst.

When you were young and your heart 
 Was an open book
 You used to say live and let live

But if this ever changin' world
 In which we live in
 Makes you give in and cry
 Say live and let die
 Live and let die

Es ist ein wenig seltsam, die „Idole“ seiner Jugend nach 25 Jahren auf der Bühne zu sehen. Und ich war nicht der Einzige, dem das so ging.


Die Stimmung war zumindest dort, wo ich stand, ein wenig schräg. Das hatte nichts mit Guns N‘ Roses zu tun, die fast 3 Stunden lang wirklich ihr Bestes gegeben haben.

Aber die Erkenntnis, dass es nicht reicht, das alte T-Shirt rauszukramen und den alten Liedern zu lauschen, um wieder dort zu sein, wo man vor einem Vierteljahrhundert war, ist ja auch was wert.

When I look into your eyes
 I can see a love restrained
 But darlin' when I hold you
 Don't you know I feel the same

Nothin' lasts forever
 And we both know hearts can change
 And it's hard to hold a candle
 In the cold November rain

Und damit wäre dann eigentlich auch schon alles gesagt.

2016

Es ist nicht so, dass ich mir das Jahr 2016 schönsaufen müsste, dafür ist es persönlich viel zu gut gelaufen.

Und weil ganz oft andere Menschen viel mehr zum „gut gelaufen“ beigetragen haben, als sie selbst glauben und als ich es ihnen gesagt habe, werde ich einfach auf sie trinken.

Auf meine Freunde

Auf Euch, die ihr irgendwie mehr in mir seht, als den stets zu lauten Klugscheißer.
Wer sich jetzt denkt „unfair, ich sollte dann wenigstens mittrinken dürfen“, darf sich eingeladen fühlen. Ich hab’s nicht so mit großen Worten.

Doch mal wieder Politik

Der CDU-Rechtspolitiker Patrick Sensburg legt einen Drei-Punkte-Plan vor: „Gezielte Desinformation zur Destabilisierung eines Staates sollte unter Strafe gestellt werden“, sagte er unserer Redaktion. Auch müssten Verleumdungen im Internet „stärker verfolgt werden“. Da wäre die Justiz gefragt. Zum anderen müssen wir überlegen, „ob es eine Art ,Prüfstelle‘ geben soll, die Propaganda-Seiten aufdeckt und kennzeichnet“.

(Berliner Morgenpost vom 13.12.2016)

Und jetzt muss ich ein wenig Artikelrecycling aus dem Jahr 2011 betreiben:

ehemalige Stasi-Untersuchungshaftanstalt Berlin-Hohenschönhausen

Freiheit ist nichts, was man sich einmalig erkämpft, dann abhakt und beruhigt und gedankenlos auf die Seite legen kann. Freiheit muss verteidigt und neu erkämpft werden. Und zwar so, dass sie nicht das erste Opfer dieses Kampfes wird.

Von Angela Merkel gibt es den schönen Satz:

„Dann ist das nicht mehr mein Land“.

Wenn ich mich so umschaue, dann ist es bald auch nicht mehr meins. Vielleicht war es das auch nie.

Für ein Fußballspiel während einer EM und der Party dazu versammeln sich Hunderttausende auf den Straßen, die Geschichte von Pietro Lombardi und Sarah1 können vermutlich Millionen nacherzählen, die Einschaltquoten, wenn sich F-Promis im australischen Dschungel in Kakerlaken wälzen, sind gut zweistellig. Das ist zwar alles nicht so meins, aber Menschen sind unterschiedlich und wenn’s Spaß macht.

Aber merkt ihr eigentlich, dass man Euch Stück für Stück die Freiheit nimmt?
Am Anfang hat man noch Kinderschänder und Terroristen bemühen müssen, um den Unsinn irgendwie begründen zu können. Mittlerweile reicht es schon, dass irgendjemand Quatsch erzählt, den eigentlich jeder 10-Jährige als solchen erkennen müsste, wenn er seinen Kopf nicht nur zum Tragen einer Mütze hat.

Eine Prüfstelle, die Propaganda-Seiten kennzeichnet? Echt jetzt?
Was haben Sie für ein Menschenbild Herr Sensburg?

Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muß man vor allem ein Schaf sein.
Albert Einstein

Mission accomplished!

  1. ich musste ihren Namen googlen []

german loan words lesson one: Schadenfreude

Alle die jetzt einen englischsprachigen Beitrag erwarten, muss ich enttäuschen, dafür ist mein Englisch zu schlecht. Ich finde es nur bemerkenswert, dass es „Schadenfreude“ als Lehnwort in die englische Sprache geschafft hat.

Wer je einen Film von Monty Python gesehen hat, wird vermutlich mit mir übereinstimmen, dass auch die Briten das Gefühl der Schadenfreude kennen. Ein eigenes Wort dafür erschaffen können aber wohl nur Deutsche. „Berufsverbot“ ist übrigens ein anderes Wort, dass es vom deutschen in den englischen Sprachgebrauch geschafft hat, aber das nur nebenbei, es geht ja um Schadenfreude.

Es war alles so schön geplant, sogar der Blogbeitrag war schon vorbereitet, mit Reminiszenzen an Leonard Cohen, Frank Sinatra, Zitaten von Terry Pratchett und Albert Einstein. Ich hatte sogar schon eine schöne Grafik gemacht (ja, meine Designbeauftragte mag das anders sehen und das schön in Anführungszeichen setzen. Wahrscheinlich hat sie damit auch recht, aber man muss ja immer auch sehen, wo man herkommt. Einen 2-jährigen lobt man ja schliesslich auch noch für’s Bäuerchen, während das bei einem 43-jährigen eher schräg wirkt).

Und dann haben die New York Road Runners die Dreistigkeit, mich einfach nicht zu ziehen, sondern mir so eine Mail zu schicken

Mag sein, dass es noch ganz viele Möglichkeiten gibt, doch durch Manhattan zu rennen. Die einfachste wäre, einfach bei einem der unzähligen Anbieter von Marathonreisen einfach einen Startplatz zu kaufen.

Aber jetzt bin ich bockig.

Bäääh!

Ich glaube ja weder an Zeichen noch an Schicksal, aber nachdem der Halbmarathon in New York dieses Jahr irgendwie an neuen Reifen gescheitert ist (völlig andere Geschichte) und der nächstes Jahr am Lospech, soll es vielleicht einfach nicht sein, dass ich im März am Times Square vorbeirenne.

Und deshalb gönne ich jetzt allen, die meine Beiträge lesen und sich oft denken „ach nee, was macht er denn jetzt schon wieder“ diesen kleinen Moment der Schadenfreude. Ich bin ganz bei Euch, ich find‘ mich manchmal auch nervig.

Erdmännchen und Friedemann Schulz von Thun

Ich habe in den letzten 7 Tagen erstaunlich viele Gespräche geführt, die alle ungefähr so begannen:

„Du bist so ein Arsch“

gefolgt von

„Wir fahren zwar Audi, aber das sind doch wir“
„Wir haben zwar keine Kinder, aber Du hast Doch uns gemeint“
„Wir machen gar keinen All-Inclusive-Urlaub“
„Wir haben gar kein Haus, wir haben eine Eigentumswohnung“

was mir sehr viele Erdmännchen-Momente beschert hat.

Beispielbild

Deshalb würde ich gerne versuchen für Alle (auch für die, die vielleicht nur gegrummelt haben, ohne gleich zum Hörer oder der Tastatur zu greifen) etwas klarzustellen (wir alle wissen, wie oft ich mich damit nur noch tiefer in die Kacke reite, es könnte also halbwegs interessant werden).

Ich weiß, dass Menschen unterschiedlich sind. „One size fits all“ passt bei einem Schal, aber ganz sicher nicht bei einem Lebensentwurf.

Weil es mich doch ein wenig erstaunt hat, warum gerade die Beschreibung des Personenkreises zu so heftigem Widerspruch geführt hat, der laut statistischem Bundesamt der häufigste ist und der in Umfragen immer einen der vorderen Plätze erreicht, wenn es darum geht die Idealvorstellung zu benennen, habe ich ein bisschen nachgedacht und mir ist das Kommunikationsquadrat von Friedemann Schulz von Thun eingefallen, das auch unter der Bezeichnung „4-Ohren-Modell“ bekannt ist.

Das Modell geht davon aus, dass man eine Nachricht immer von 4 Seiten aus hören kann. Und damit das nicht zu theoretisch wird, gleich die praktische Umsetzung.

Sachinformation
Daten, Fakten, Sachverhalte
Das kann wahr oder falsch sein, relevant oder belanglos, vollständig oder ergänzungsbedürftig. Meines Erachtens war der Satz:
„bis zum bodenständigen Menschen mit 40-Stunden-Woche, Frau, Kindern, Haus, 2 Daimler in der Garage und dem jährlichen 10-Tage-All-inclusive-Urlaub irgendwo, wo es warm ist“
eine Sachinformation, die natürlich nicht umfassend sondern ergänzungsbedürftig ist und die vermutlich sicher ein bisschen viel zu flapsig formuliert war.

Selbstoffenbarung
Eine bewusste und beabsichtigte Selbstdarstellung und eine unbewusste, unfreiwillige Selbstenthüllung
Es stimmt, dass ich persönlich das momentan für mich nicht für so erstrebenswert halte, aber so geht es ja jedem von uns ganz oft. Völlig egal, ob wir uns nicht vorstellen können, mal Teilzeit zu arbeiten, für den Job alle 3 Jahre umzuziehen, auch „nach 20 Arbeitsjahren noch auf der Mitarbeiterebene rumzuhängen“ oder zu einer „Helikopter-Mutter im Renault Kangoo“ zu werden. Wir unterscheiden uns allerhöchstens darin, wie viel Toleranz und Akzeptanz wir anderen Lebensentwürfen entgegen bringen und mit welchem Absolutheitsanspruch wir unseren eigenen als den einzig Wahren vertreten.

Beziehungsebene
Wie stehe ich zum Empfänger und was halte ich von ihm
Es ist nicht so, dass ich persönlich das für „sterbenslangweilig“, „spießig“ oder was auch immer halte. Ich glaube auch nicht, dass die betreffenden Personen „scheintote Zombies [sind], die keinen Spaß im Leben haben“. Da muss ich jetzt Mark Forster zitieren:

So wie Du glaubst, ist so wie Du lebst
Und das ist okay, solang‘s für Dich passt
Halt daran fest, für mich geht das nicht

Nicht mehr, nicht weniger.

Appell
Was will ich damit bewirken
Ich will gar nichts bewirken. Es ist auf jeden Fall nicht so, dass ich irgendwas möchte, was auch nur ansatzweise in „was soll ich denn Deiner Meinung nach tun, alles hinschmeissen und in die Karibik auswandern?“ zum Ausdruck gekommen ist.
Manchmal ist es nicht schlecht, wenn man in all der Hektik und Routine mal schaut, ob es noch so läuft, wie man sich das vorgestellt hat und ob man zufrieden ist. Wenn das so ist, ist alles gut und wenn es das nicht ist, dann bin ich sicher nicht derjenige, der eine Idee hat, wie es stattdessen aussehen könnte und wie man dahin kommt.
Ich weiß eigentlich nur zwei Dinge. Der Satz „das hätte ich schon viel früher machen sollen“ fällt bei Menschen meiner Altersklasse (und der darüber) häufiger und die größte Hürde, die man überwinden muss, wenn man etwas ändern will ist oft die im eigenen Kopf.

Falls ich Irgendjemanden verärgert oder sauer gemacht habe, möchte ich in aller Form um Entschuldigung bitten, das war definitiv nicht beabsichtigt.
Das Angebot mit dem Getränk steht noch.

Ich weiß dass wir alle unterschiedlich sind, das macht es ja so spannend.

Zum Abschluss möchte ich noch für eine Minute Brian zu Wort kommen lassen:


(no offense intended, ich find‘ das einfach witzig)

(Und der Vollständigkeit halber: Bis auf ein Zitat habe ich bei allen nachgefragt, ob ich das hier auch so schreiben darf)