Kalenderblatt verschenkt

Da habe ich mir mühsam was zum 6. Juli aus den Fingern gesaugt, nur um jetzt von der Sueddeutschen Zeitung davon in Kenntnis gesetzt zu werden, dass der deutsche Bundestag vor genau 50 Jahren die allgemeine Wehrpflicht beschlossen hat.

Das Wort „allgemein“ muss man bei einer Rate von 23% eines Jahrgangs (ich zähle da auch Frauen dazu) inzwischen kursiv und in Anführungszeichen schreiben.

Aber da momentan alle Befürworter einer Aussetzung der Wehrpflicht in der Opposition sind, wird sich das in den nächsten Jahren vermutlich nicht ändern.

Kalenderblatt 23.06.06

Vor 34 Jahren wurde die Wehrpflicht von 18 auf 15 Monate herabgesetzt. Der Zivildienst, dessen Dauer man auf 16 Monate gesenkt hatte, wurde von der CDU/CSU/FDP-Koalition zum 01.01.1984 wieder auf 20 Monate erhöht, weil man das so ins Zivildienstgesetz geschreiben hatte.

Mittlerweile dienen sowohl Grundwehrdienst als auch Zivildienstleistende 9 Monate.

Die allgemeine Wehrpflicht blieb im Jahr 2004 an 23% des Jahrgangs hängen. Alle anderen waren zu alt, zu verheiratet, zu dick, zu unsportlich, zu bienen-allergisch …

Pflichtdienste im Jahr 2005

Der Bundestag hat auf eine kleine Anfrage der Fraktion die Linke geantwortet.

Demnach haben im Jahr 2005 68.428 Männer ihren Grundwehrdienst und 83.055 Männer ihren Zivildienst angetreten.

Damit haben rund 9% eines Jahrgangs den Dienst angetreten, wegen dessen Existenz die „allgemeine“ Wehrpflicht exisitiert. 10% haben einen Ersatzdienst angetreten.

Rund 80% haben gar keinen Dienst angetreten.

Diese 80% haben Vorteile:

  • in Ihrer Ausbildungssituation,
  • auf dem Arbeitsmarkt,
  • in ihrem Geldbeutel,
  • im privaten Umfeld.

Viele Männer, die ihren Pflichtdienst abgeleistet haben, hatten deswegen keine Nachteile oder haben ihren Dienst als Bereicherung empfunden. Das mag ich jedem Einzelnen auch nicht absprechen. Was mich allerdings extrem stört ist die Tatsache, dass daraus ein allgemein gültiger Grundsatz postuliert wird und man teilweise die gesamtwirtschaftlichen Verhältnisse, die während des eigenen Wehrdienst exisitiert haben in die heutige Situation projeziert.

Um dem Vorwurf des Egoismus zu entgehen:

Der Verfasser dieser Zeilen hat von Juli 1992 bis Juni 1994 seinen Wehrdienst als SaZ2 abgeleistet und von einer Abschaffung überhaupt keinen persönlichen Vorteil.