Der Beitrag geht auch als Email an den Abgeordneten Günter Krings. Falls er antwortet und ich das ganze veröffentlichen darf, stelle ich die Antwort hier rein.
Sehr geehrter Herr Krings,
vor der letzten Bundestagswahl wurde ich so oft als (Teil des)Souverän bezeichnet, dass ich mich irgendwie daran gewöhnt habe.
Aus diesen Grunde komme ich nicht umhin, Ihnen meine Meinung zu Ihrer Rede bzgl. der Vorratsspeicherung am 16. Februar zukommen zu lassen.
In Ihrer Rede kommen Sie auch auf die Befürchtungen der Kritiker zu sprechen:
Die orwellschen Visionen, unter denen manch einer aus diesem Hause in den letzten Wochen offenbar gelitten hat, lassen sich schnell kurieren, wenn man nur bereit ist, zur Kenntnis zu nehmen, welche Daten überhaupt gespeichert werden sollen;
[..] die Standortdaten im weiteren Verlauf eines Handygespräches im Auto sind von der Speicherungspflicht
entbunden.
Hierzu möchte ich 2 Dinge anmerken:
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Der Übergang von einer freiheitlichen Demokratie zu einem Überwachungsstaat geschieht schleichend. Winston Smith, um bei dem von Ihnen gewählten Vergleich zu bleiben, hatte vermutlich nicht an einem 16. Februar noch das britische Parlament gewählt und sich am darauffolgenden Tag einen Teleschirm installieren lassen und das Neusprech-Lexikon bestellt.
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In Artikel 5 der Richtlinie werden unter den zu speichernden Daten etwas genannt, was für mich schon so klingt, als würden auch die Standortdaten im weiteren Verlauf des Handygespräches gespeichert. Dort heisst es: „Daten zur geographischen Ortung von Funkzellen durch Bezugnahme auf ihre Standortkennung (Cell ID) während des Zeitraums, in dem die Vorratsspeicherung der Kommunikationsdaten erfolgt.“
Ich kann Ihrer optimistischen Einschätzung
Zahlreiche Verbrechen nicht nur im Bereich des Kindesmissbrauchs, sondern etwa auch rechtsradikale Straftaten, Taten des organisierten Verbrechens und des internationalen Terrorismus hätten in Deutschland aufgeklärt werden können, wenn es bereits eine entsprechende Regelung, wie sie Union und SPD in dem vorliegenden Antrag fordern, gegeben hätte.
nicht zustimmen.
Sie werden anfänglich Erfolge erzielen und dann feststellen, dass Verbrecher lernfähig sind.
Niemand hat etwas dagegen, dass Straftäter dingfest gemacht werden, auch wenn durch diese Richtlinie nur die dummen und naiven Straftäter gefasst werden. Befürchtungen habe ich, wenn ich Sie in 2 Jahren lesen muss, und sie ein ähnliches Beispiel wie das jetzt von Ihnen verwendete nehmen, allerdings mit alternativem Schluss:
Anfang 2003 deckte die spanische Polizei ein Internetforum auf, in dem Bilddateien mit überwiegend kinderpornographischem Inhalt verbreitet wurden. Die Spur der Verantwortlichen führte nach Deutschland. Als sich die Polizei um die Daten der Tatbeteiligten bemühte, (stellte sie fest):
Dass die IP-Adresse zu einem Internet-Café gehört Dass die IP-Adresse zu einem offenen Proxy-Server gehört Dass die IP-Adresse zu einem der zahlreichen Anonymisierungsprojekte gehört, die teilweise sogar vom BMWi gefördert wurden Dass die IP-Adresse zu einem offenen und frei zugänglichen WLAN-Hotspot gehört
Was werden Sie dann tun?
Internet-Cafes nur noch mit Personalausweis, Verbot von Proxy-Servern, Anonymisierungsprojekten und offenen WLAN-Hotspots?
Was werden Sie tun, wenn sie dann weitere 2 Jahre später feststellen werden, dass es völlig egal ist, ob ein Anonymisierungsserver in Dresden, Baar oder Oakland steht?
Sperrverfügungen für alle bekannten ausländischen Anbieter, analog zu den Sperrverfügungen der Bezirksregierung in Düsseldorf?
Wir treten meiner Meinung nach in eine Spirale ein, an deren Ende die Abschaffung der Werte steht, die wir vorgeben schützen zu wollen. Benjamin Franklin ist ja schon eine Weile tot und zu seiner Zeit gab es weder Telefon noch Internet, allerdings stimmt die Aussage, die ihm zugeschrieben wird, meiner Meinung nach auch in der heutigen Zeit noch uneingeschränkt:
Those who would give up Essential Liberty to purchase a little Temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety.
2 Gedanken zu „Der Sinn der Vorratsdatenspeicherung“