www.bundestag.de klärt darüber auf, dass Matthias Wissmann den Bundestag verlässt und es keinen Nachrücker gibt, weil die CDU in Baden-Württemberg mit Überhang-Mandaten im aktuellen Bundestag sitzt. Soweit alles korrekt und auch viel besser erklärt als hier.
Allerdings stolpere ich im unteren Teil über folgenden Satz:
Das Erringen von Überhangmandaten kann im Einzelfall das Zünglein an der Waage für das Kräfteverhältnis im Parlament sein. Zum Beispiel bekamen bei der Bundestagswahl 2002 die CDU/CSU und die SPD annähernd gleich viele Zweitstimmen (bei 38,5 %). Damit kämen beide Parteien auf die gleiche Anzahl der 598 Sitze. Da die Union zusätzlich dazu nur ein und die SPD vier Überhangmandate erhielt, wurden die Sozialdemokraten stärkste Fraktion in der 15. Wahlperiode und konnten den Kanzler stellen.
Die stärkste Fraktion stellt nicht automatisch den Bundeskanzler. Die SPD konnte 2002 den Kanzler deshalb stellen, weil sie zusammen mit ihrem Koalitionspartner Bündnis90/Grüne über eine absolute Mehrheit im Bundestag verfügte. Von 1969 bis 1972 und von 1976 bis 1983 stellte die SPD den Bundeskanzler, obwohl sie nur zweitstärkste Fraktion im Bundestag war.
In den ersten 44 Jahren der Bundesrepublik galt: Den Bundeskanzler stellt, wer mit der FDP koaliert (sofern diese koalieren wollen. Damit wäre auch 1966-69 abgedeckt).
Mittlerweile ist das ja alles komplizierter und mit 5 im Bundestag vertretenen Fraktionen war die momentane Koalition die einzig mögliche 2-Parteien-Koalition. Man darf gespannt sein, ob ein Zurückschwingen dahingehend erfolgt, dass eine der „Volks-„Parteien im Bund mal wieder deutlich über 40% kommt und es einen genehmen „kleinen“ Koalitionspartner gibt, oder ob wir uns an Mehrparteien-Koalitionen (eigentlich ein verwirrender Name, auch eine 2-Parteien-Koalitionen ist ja schon eine Mehr-Parteien-Koalition) gewöhnen müssen.
Immerhin haben die „Volks“-Parteien vorletztes Jahr ihr schlechtestes Ergebnis der letzten 40 Jahre eingefahren (wenn man bei der CDU 1998 rauslässt, da wollte einfach keiner mehr Kohl und bei der SPD 1990, da hat Lafontaine den einigungsbesoffenen Deutschen einfach zuviel Wahrheit zugemutet).