Die mittlerweile leider nicht mehr auf dem Server der TU Chemnitz erreichbare Studie zur Höhe des ALG-II, kreiert einen Minimumfall:
Gesucht werden diejenigen Verhaltensweisen, die das Erreichen der Ziele der sozialen Mindestsicherung noch gewährleisten und dabei mit den geringsten Kosten für eine evtl. notwendige Güterbeschaffung verbunden sind. Die mit diesen Verhaltensweisen verbundenen Güterverbräuche bestimmen den Warenkorb des „Minimumfalls“.
Angewendet wird der Minimumfall auf:
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Männlich
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1-Personen Haushalt, keine Kinder
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Mittleres Alter (18-65 Jahre)
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Körpergröße 1,70 m, Gewicht 70 kg
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Deutsche Staatsangehörigkeit,
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deutsche Verbrauchsgewohnheiten
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Kein Sonderfall (gesund, nicht geistig und körperlich behindert oder pflegebedürftig)
zugestanden werden dem Minimumfall unter anderem
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1 Teller
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1 Tasse
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1 * Besteck
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1 Handtuch
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einfacher Stuhl
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einfacher Tisch
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1 Deckenleuchte
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und als Getränk: Leitungswasser
Man stelle sich vor, obiger Minimumfall lernt eine Frau kennen, die er am Ende des Abends noch in die Wohnung bitten will (aushäusiges geselliges Beisammensein kostet halt und das Monatsbudget für Unterhaltung und Freizeit ist begrenzt auf 1,40 EUR). Es entspinnt sich dann folgendes fiktives kurzes Gespräch
er: Möchtest Du noch auf was zu Trinken mit nach oben kommen?
sie(errötend): gerne
er: Ich kann Dir leider nur Leitungswasser anbieten, aber das soll ja sowieso das gesündeste sein. Du müsstest auch aus einer Tasse trinken, Gläser stehen mir als Minimumfall nicht zu. Du darfst Dir aber aussuchen, ob Du lieber auf meinem Stuhl, meinem Tisch oder meinem Bett sitzen willst, ich nehm dann eine der anderen 2 Sitzgelegenheiten. Das im Schlafzimmer kein Licht brennt sollte dich nicht beunruhigen, als Minimumfall habe ich nur eine Deckenleuchte. Solltest Du über nacht bleiben und morgen duschen wollen, müsstest Du noch schnell Dein eigenes Handtuch holen, ich habe nur eins und nach dem Duschen ist das immer so feucht. Wo willst Du denn hin? Erika, so warte doch …
Aber wie heisst es in der Studie so schön:
Der Minimumfall orientiert sich dagegen nicht an üblichen Alltagsvollzügen, als vielmehr daran, ob die Ziele der Sozialhilfe nach Kommunikation und Teilhabe am geselligen Leben auch mit weniger Mitteln erreicht werden können. Hier wurden [..] die Verhaltensweisen einzelner gesellschaftlicher Gruppen herangezogen, die zeigen, dass man auch mit einem Minimum an Geld ein geselliges, gesellschaftsbezogenes Leben führen kann.
Vielleicht sollte man die Vorstellungen, die Wirtschaftswissenschaftler von gesellig und gesellschaftsbezogen haben, nicht als allgemeingültig hinstellen. Nur weil man als Wirtschaftswissenschaftler vermutlich nie in die Bredouille kommt, andere Menschen zu sich nach Hause einladen zu müssen (okay, der war billig), sollte man das nicht von allen Menschen annehmen. Zumindest ein zweiter Satz Besteck etc. sollte drin sein.
So ist Frau aber gleich mal vorgewarnt und muss sich nicht nach ein paar Monaten von ihrer Mutter sagen lassen: „Ich habe es Dir gleich gesagt!“ 😉