Wer die Miesere des Arcandor Konzerns in der Praxis erleben will, sollte einmal im recht anschaulichen Stadtzentrum von Bonn nacheinander die Filialen von Karstadt und Kaufhof besuchen. Diese liegen im Innenstadt Zentrum keine 400 Meter voneinander entfernt, in Angebot und Aufmachung unterscheiden Sie aber Welten. Bestes Beispiel ist die Multimedia Abteilung: Im Kaufhof im obersten Stock gelegen, hell beleuchtet, viel Platz, viele helle Farben und vor allem genügend Personal und eine Auswahl, welche sich hinter einem dedizierten Markt wie Saturn oder Mediamarkt nicht wirklich verstecken muss. So zählte ich letzthin ca. 20 Notebooks in der Ausstellung und eine gut Mischung an Marken wie beispielsweise Apple, Samsung und Sony.
400 Meter weiter in der Karstadt Filiale fährt man für die hochpreisigen Artikel nicht etwa nach oben, sondern eine Etage tiefer in einen mehr schlecht als recht ausgeleuchteten Keller. Notebooks gab es exakt 4 an der Zahl, alle relativ abgegriffen und nicht auf dem neuesten Stand. Das Personal befand sich am anderen Ende der Etage. Der ganze Rest der Elektronikabteilung wirkte ähnlich verwahrlost. Insgesamt kann man selbst als Laie sehr schnell feststellen, dass es für den Durchschnittseinkäufer im Jahr 2009 keinen einzigen Grund geben kann, Elektronikartikel statt im Kaufhof im Karstadt einkaufen zu gehen. Und das in einer Zeit, wo auch bessere Kaufhäuser wie Kaufhof sehr harter Konkurrenz von spezialisierten Elektronikmärkten und natürlich dem Internet Handel ausgesetzt sind. Selbst beim Kernbereich Kleidung und Schmuck, auf den Karstadt wohl entsprechend den renditestarken englischen Kaufhausmodellen zurückfahren wird, so es doch noch eine Rettung gibt, ist wenig zu machen. Durchwühlte Tische, wenig aussagekräftige Eigenmarken, welche ohne Image aber mit größerer Marge in den letzten Jahren auf den Markt gebracht wurden prägen das Bild.
Man kann insgesamt über die Management Leistungen bei Arcandor nur den Kopf schütteln. So hat man es über 10 Jahre nicht geschafft, den Einkauf von Primondo (Quelle) und Karstadt zu zentralisieren und so die Kosten zu senken, dabei wären dies naheliegende Aspekte gewesen. Warum man auf diese Idee erst 10 Jahre später mitten in einer Insolvenz kommt, wissen wohl nur Herren wie Middelhoff, welcher sich dank windiger Immobiliengeschäfte nun abseits des Arcandor Niedergangs sorglos sonnen kann. Was mir persönlich noch immer nachgeht, ist das jämmerliche Bild der Bittestelle bei Väterchen Staat. Unvergessen, wie beispielsweise Herr Herzberg zur besten Sendezeit im Mai diesen Jahres dem Staat die Arbeitslosenpistole an die Brust drückte.
Frau Schickedanz wiederum fiel im Laufe der letzten Woche, vermutlich gesponsort von der lokalen Pizza-Mafia, durch publikumwirksame Demut auf. Mich hat der radikale Absturz doch etwas verwundert. Wie kann jemand, der über so viele Milliarden verfügte, sein Vermögen so wenig abgesichert und vor allem diversifiziert haben, dass er bei Ausfall eines einzigen Investements dem vermeintlichen Totalbankrott gegenübersteht. (Gut, ob man bei ca. 30 Millionen jetzt vom Totalbankrott reden kann ist eine andere Frage.
Hätte Sie sich doch nur rechtzeitig von Jürgen Vogel beraten lassen. Aber halt, dass kann der ja auch nicht…
zum Beispiel der Elektronik („HighTech“)-Abteilungen- in Braunschweig ist es genau umgekehrt. Kein gutes Beispiel, zumal meiner Erfahrung nach auch bei MediMärkten und SatanHansa in erster Linie die Prospekte und „mainstream“-Werbekampagnen (wer kennt nicht „Geiz ist geil“?) stimmig/ passig sind und die Realität vor Ort doch eher durchwachsen ist, sowohl für die Kunden als auch für die Mitarbeiter- ohoh, solche Gedanken- und das hier?!
Mitleid mit Schickedanz et al hatte ich noch nie, warum soll jemand nicht auch soweit „abrutschen“, dass ein Teil der Villen, Luxus-Karossen und des anderen unnützen Plunders untern Hammer kommen? Mir geht’s um die „einfachen“ Mitarbeiter, deren Schicksale können allein schon ihrer schieren Anzahl wegen nicht egal sein. Sozialromantik? Ja 🙂
Mediamarkt und Saturn (welche der gleichen Holding unterstellt sind, welche wiederum von Metro kontrolliert wird) leben aber mitunter auch von dem grösstenteils fälschlichen Gefühl, „billig“ zu sein. Da darf auch die Aufmachung etwas leiden. Ein Kaufhaus auf diese Art und Weise führen zu wollen, ist aber zum Scheitern verurteilt.
Dass es auch Gegenbeispiele gibt, ist mir bewusst, dennoch (so man der Presse glauben darf) ist der Sanierungsbedarf der Geschäfte von Karstadt um ein vielfaches höher als der von Kaufhof, da man dort seit Jahren nicht mehr in die Märkte investiert hat. (Ausnahmen bestätigen die Regel.)