Heute gegen 15.30 Uhr waren ein Wohnwagen und ein PKW der Meinung, zur gleichen Zeit den gleichen Raum ausfüllen zu können. Was man in der Quantenmechanik mit dem Begriff „Fermi-Loch“ umschreibt, heisst in der makroskopischen Welt schlicht Unfall.
Die Kollisionsenergie lag um den mehrere Grössenordnungen über denen, die bei CERN in Genf erreicht werden. Glücklicherweise lag die Kollisionsgeschwindigkeit um mehrere Grössenordnungen unter denen im LHC, so dass kein kleines schwarzes Loch entstand, sondern nur ein Stau.
22 Kilometer Stau, um genau zu sein. Und ich stand ganz am Ende, anfänglich zumindest.
So ein Stau kann ja durchaus auch kontemplative Elemente beinhalten. Wenn man so zusammen mit hunderten anderer Autofahrer auf einer Fläche steht, die eigentlich der Geschwindigkeit und dem zügigen Ortswechsel gewidmet ist. Man kann über Sätze wie „sie stehen nicht im Stau, sie sind der Stau“ nachdenken oder überlegen, was wohl Archäologen denken werden, die uns in 2’000 Jahren nach einem pompejihaften Vulkanausbrauch an der A4 ausgraben.
Allein, ich hatte andere Probleme. Als ich aus Glattbrugg losgefahren war, beunruhigte mich die Tankanzeige noch nicht, immerhin war die nächste Tankstelle nur 18 Kilometer entfernt und der Bordcomputer behauptete, ich hätte noch für 50 Kilometer Sprit. 2 Kilometer weiter und 70 Minuten später war die Reichweite auf 20 Kilometer gesunken und die Tankanzeige weigerte sich kurze Zeit später, überhaupt noch eine Prognose über die Kilometer abzugeben, für die das Benzin im Tank noch reichen könnte.
Mittlerweile hatte auch DRS3 gemeldet, dass da ein Stau auf der Autobahn sei und zwar ein ziemlich langer. Gut, das wusste ich schon, aber trotzdem war ich dankbar dafür, dass man mir auch den Grund (oben erwähnten Unfall) und das Ende (bzw. den Anfang) des Staus nennen konnte. Das Ende war nicht nahe.
Spritsparendes Fahren funktioniert in einem Stau ja nicht wirklich gut. Motor abstellen, nur um dann festzustellen, dass es immer genau dann vorwärts geht, wenn das Auto gerade aus ist. Beim Starten dann immer der dezente Hinweis auf den geringen Tankinhalt, der nie im Leben bis zur anvisierten Tankstelle reichen würde.
Also runter von der Autobahn und eine Tankstelle suchen. Dummerweise stand ich auf der linken Spur und musste, um in Brüttisellen von der Autobahn zu kommen, 3 x die Fahrspur wechseln. Ungefähr 50 Schweizer haben jetzt eine noch schlechtere Meinung von Deutschen, die sich (vermeintlich) auf der vermeintlichen Suche nach einem schnelleren Fortkommen immer quer über die Gleise Fahrbahnen bewegen. Nach weiteren 40 Minuten konnte ich endlich von der Autobahn abfahren und dem drohenden Strafzettel wegen „mit leerem Tank auf der Autobahn liegengeblieben“ entgehen. Ich weiss nicht, wie der korrekte Begriff für diese Ordnungswidrigkeit heisst, ich weiss nur, dass sie teuer ist (selbst für schweizerische Verhältnisse).
An der Tankstelle gingen dann 74 Liter in den 80-Liter-Tank. Da ich da auch schon mal 79 Liter reingebracht habe, kam ich mir ein bisschen verschaukelt vor. 4 Schweizer (die zur gleichen Zeit wie ich an der Tankstelle waren) sind jetzt vermutlich der Meinung, Deutsche würden alle an Koprolalie leiden (auch wenn sie – so wie ich bis gerade eben – das Wort nicht kennen).
Schon nach 4 Stunden war ich zuhause. Das hat es auf der ewigen Bestenliste immerhin in die Top 10 gebracht. Die 6 1/2 Stunden, die ich mal gebraucht habe, als bei Schneefall plötzlich alle Sonntagsfahrer auf Sommerreifen die Idee hatten, jetzt wäre der richtige Zeitpunkt für die jährliche Ausfahrt gekommen, werde ich in diesem Leben hoffentlich nicht mehr knacken.
Ein Gedanke zu „LHC und Wohnwagen“