Eigentlich sollte ich mich ja glücklich schätzen, als nicht Sozialversicherungspflichtiger nicht in ein dem Umlageverfahren unterworfenes Rentensystem einzahlen zu müssen, in dem es dank demographischen Wandel im Jahr meines Renteneintritts gar nicht mehr so viel zur Umlage geben wird. (Bzw. schon heute nicht gibt, wenn man sich die astronomischen Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt ansieht.) Ich träume davon, dass dann jeder Erwerbstätige seinen persönlichen Rentner bekommt. Das macht das Ganze dann doch etwas menschlicher und man kann die nächste Rentenerhöhung z.B. in einem fairen und persönlichen Zehnkampf ermitteln. (Ich verlasse mich bezüglich meiner Siegeschancen hierbei voll auf die Überfettung der Gesellschaft. Gehört Sumoringen auch zum Zehnkampf?) Nachdem ich die letzten 2 Monate mit dem Einholen von Angeboten und dem Vergleich der Angebote zugebracht habe, komme ich mir mittlerweile eher vor, als wäre ich vom Regen in die Traufe gekommen.
Ich habe momentan 28 Angebote zur einer Direktversicherung über 210 Euro und einer Rürup Rente über 100 Euro vorliegen. Trotz dieses Aufwandes gestaltet sich ein effektiver Vergleich in der Praxis sehr schwierig. Dies ist auf mehrere Gründe zurückzuführen, von denen ich hier einige nennen will.
Rahmenbedingungen
Einige Versicherer erstellen Angebote mit nach eigenem Gusto auf- oder abgerundeten Beträgen. Zwei gönnten mir den wohlverdienten Ruhestand erst mit 67 statt mit 65 Jahren. Zwei Versicherer stellten mich Beginn des 60. Lebensjahres beitragsfrei. Nicht bei jedem Versicherer gibt es zudem jedes Modell zur Absicherung im Todesfall, die Ablaufleistungen und Garantien unterscheiden sich teilweise bzw. sind nicht verfügbar. Allein auf Grund dieser Mixturen von kleinen oder größeren Abweichungen meiner eigentlich eindeutig formulierten Anfrage ergibt sich ein sehr unklares Bild.
Garantierte Renten und mögliche Ablaufleistungen
Bei den eigentlichen garantierten Renten liegen alle Anbieter relativ gleich auf. Grosse Unterschiede ergeben sich bei fondsgebundenen Policen, da diese teilweise gar nicht, teilweise mit den eingezahlten Beiträgen und teilweise mit einer garantierten Verzinsung abgesichert sind. Es stellt sich hier aber die Frage, warum man sich für eine riskantere Form der Versicherung entscheidet und sich dann recht kostenintensive Absicherungen mit ins Boot holt, welche die zu erhoffende höhere Rendite wieder gegenteilig einschränkt. Bei den möglichen Renten ergibt sich ein verklärtes Bild, da hier Absicherungen im Todesfall sehr unterschiedlich ausfallen und die Berechnungen teilweise doch recht abenteuerlich sind. So rechnet die Cosmos Direkt beispielsweise mit einer möglichen Verzinsung von mehr als 10 Prozent. Zu diesem Zinssatz könnten sie gern mein ganzes Geld haben, leider reden wir hier nur von einem möglichen Zinssatz, der sich bei einem Angebot Mitte 2009 auf Grund einer Berechnung zum Stichtag Anfang 2008 berechnet, wo es den Börsen noch prächtig ging. Überhaupt betritt man ein Gebiet, das fast eine Wissenschaft für sich darstellt, da hier neben Analysen der Vergangenheitswerte auch Zukunftsprognosen notwendig werden. Hierüber orakle ich eventuell ein anderes mal. (Oder gebe der Wirtschaftskrise noch etwas Zeit, die Bücher und Anlagen der Versicherer auf Herz und Nieren zu prüfen.)
Abschlussgebühren
Die Abschlussgebühren müssen seit Juli 2008 bei Lebens- und Rentenversicherungen vom Versicherer ausgewiesen werden. Teils geschieht dies sehr angenehm in einfachen Auflistungen, teils lassen sich die Versicherer hier zu seitenlanger Prosa hinreisen, mindestens ein drittel aller Angebote erreichten mich aber ohne diese Angaben und werden erst bei bzw. kurz vor dem Vertragsabschluss ausgewiesen. Die Ausreden sind meist recht niedlich: „Uh, das lag gerade eben noch hier, aber jetzt ist es weg, die Zentrale hat auch schon zu, ich reiche es nach.“ – Die letzten Worte eines Vertreters von dem ich danach nie mehr etwas gehört habe.
Abschlussgebühren werden meist innerhalb der Laufzeit verrechnet und bewegten sich bei den mir vorliegenden Angeboten für eine Riesterrente von 100 Euro zwischen 271 Euro (Europa, Klassisch) und 2100 Euro (DWS, Fonds). Bei einer Direktversicherung über 210 Euro lagen die Kosten zwischen 660 Euro (Hannoversche Leben, Klassisch) und 3528 Euro (Zürich, Fonds). Wie oben erwähnt unterscheiden sich die Angebote teils recht deutlich in den Leistungen, so dass diese minimalen und maximalen Werte nur der Anschauung dienen.
Daraus lässt sich alleine noch nichts ableiten, da beispielsweise die Fonds der Züricher Versicherung sich in den letzten Jahren und insbesondere seit Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise um Meilen besser geschlagen haben, als beispielsweise die von der Hannoverschen Leben angebotenen Dachfonds. Was nützen also um fast 80 Prozent niedrigere Abschlusskosten, wenn sich die eingesetzten Produkte in der Praxis bedeutend schlechter Entwickeln als die der Mitbewerber?
Laufende Kosten
Bei Rentenversicherungen fallen nicht zu unterschätzende Laufende Kosten an, welche die Rendite im Falle von klassischen Versicherung relativ niedrig hält und im Falle von Fondsgebundenen Versicherungen merklich einschränkt.
Beispiel klassische Rentenversicherung: Die momentan zugesicherten Ablaufleistungen ergeben Renditen zwischen 1,45 % und 1,95 Prozent. Über 2 Prozent lag keines der Angebote, welche mir vorliegen. Natürlich kann man darauf setzen, dass die Überschüsse wie in der Vergangenheit zur Mehrung des Vermögens führen. Momentan sprudeln diese Überschüsse auch noch erstaunlich stark, aber an der Front der Lebensversicherer zeichnen sich dank der Finanzkrise auch hier erste Risse ab, so dass man nicht mehr davon ausgehen kann, dass zumindest in den nächsten 5 Jahren noch eine durchschnittliche Verzinsung von mehr als 4 Prozent gegeben sein wird. Fällt man auf die Garantieverzinsung zurück, sind Renten- und Lebensversicherungen als Kapitalmaschine relativ unbrauchbar und werden zu schnell von der Inflation geschluckt. Bei einer garantierten Rendite von 1,45 Prozent wird auch recht schnell klar, was bei einer klassische Rentenversicherung an Verwaltungsgebühren geschluckt werden. Hier bieten – lassen wir mal die auf Grund der Leitzinsen aktuelle Extremstellung bei den Zinssätzen außer acht – meist schon Tagesgeldkonten mehr.
Beispiel fondsgebundene Rentenversicherung: Die Risiken einer fondsgebundenen Versicherung sind höher, die Chancen sollten es langfristig auch sein, insbesondere wenn man über einen Sparzeitraum von mehreren Jahrzehnten spricht. Insbesondere bei fondsgebundenen Policen machen sich aber die Gebühren negativ bemerkbar. Ähnlich wie beim direkten Kauf von Fonds werden hier Ausgabeaufschläge fällig, welche beispielsweise im Falle der Hannoverschen Leben abhängig vom gewählten Fonds 4 bis hin zu 6 Prozent betragen, wobei 5 Prozent branchenüblich sind. Dies bedeutet, dass der gekaufte Fondsanteil im ungünstigsten Fall erst einmal wieder um ca. 6,4 Prozent steigen muss, damit der Ursprungswert bei Kauf erreicht wird. Erst ab dann kann man überhaupt von Gewinn sprechen. Hinzu kommen die jährlichen Verwaltungsgebühren für die Fondsanteile, welche sich meist im Rahmen von 1 bis 1,5 Prozent bewegen und je nach Vertrag noch nichts mit den laufenden Verwaltungsgebühren der Versicherungspolice zu tun haben.
Blick über den Tellerrand
Verwaltungsgebühren für die individuellen Fonds werden ebenso wie beim Kauf über die Börse fällig, dort kann man aber bei Wahl eines Online Brokers die geforderten Ausgabeaufschläge um 50% bis 100% drücken und so die Anfangsverluste minimieren. Zudem kommen abhängig vom Anbieter keine weiteren Verwaltungsgebühren hinzu. Praktisch wäre es also möglich, vorausgesetzt man bringt die notwendige Eigeninitiative mit, selbst die langfristige Geldanlage zu organisieren. Ein Vorteil von fondsgebundenen Rentenversicherungen sei aber noch erwähnt: Während sich das Umschichten von Fondsanteilen über normale Broker potentiell Kapital-mindernd auswirkt, da neben Verkaufs- und Kaufgebühren auch wieder erneute Ausgabeaufschläge anfallen, lassen sich Fondsanteile bei fast allen Versicherern ohne weitere Kosten mehrmals jährlich Umschichten. Hinzu kommen steuerliche Faktoren beim Umschichten von Depots (insbesondere Quellensteuer auf Gewinne), welche die Möglichkeiten, die Investments mit steigendem Alter auf entsprechend sicherere Anlagen neu zu verteilen, merklich einschränkt. Ansonsten würde wiederum einiges dafür sprechen, die Vermögensverwaltung in die eigenen Hände zu nehmen und sich erst am Zahltag mit einer Versicherung in Form einer Sofortrente auf die Wette eines langen Lebens einzulassen.
Der eigentliche Grund des Unmuts
Warum also überhaupt eine Rentenversicherung abschließen, wenn diese weder Rendite noch bei der Flexibilität mit klassischen Anlageformen mithalten können? Den Grund liefert einmal mehr der Staat, in dem er Rentenversicherungen gegenüber anderen Anlageformen steuerrechtlich und vermögensrechtlich fördert und die klassischen Methoden der Geldanlage mit der Besteuerung entsprechend schwächt. So sind beispielsweise Rürup Versicherungen Hartz 4 sicher und die Beitragszahlungen sowohl in Rürup als auch Direktversicherungen werden steuerlich subventioniert. Ob sich das Ganze am Ende lohnt ist aber trotzdem ungewiss, da die Erträge beziehungsweise Rentenzahlungen dann im Alter zumindest teilweise wieder versteuert werden müssen und somit dem dann geltenden Steuerrecht unterstellt sind. Ich wage zu bezweifeln, dass sich dieses in den kommenden Jahrzehnten merklich zu Gunsten des Bürgers ändert. (Obwohl mir hier eigentlich die Duckmäusigkeit der Politik zugunsten stimmgewaltiger Altersgruppen Hoffnung machen sollte, sobald ich dieser auch angehören werde.) So wird man unverhofft in die Arme der Versicherer getrieben.