Die Zitate zu Deutschen und Revolutionen scheinen zu stimmen

wenn man sich mal anschaut, wie unterschiedlich das Thema Probezeit in Frankreich und Deutschland in der Öffentlichkeit behandelt wurde.

Aber zuerst die Zitate:

Revolution in Deutschland? Das wird nie etwas, wenn diese Deutschen einen Bahnhof stürmen wollen, kaufen die sich noch eine Bahnsteigkarte! (Lenin)

Eine deutsche Revolution. Also keine. (Alfred Döblin)

In Deutschland wird es keine Revolution geben, weil man dazu den Rasen betreten müsste.(Stalin)

Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD wird angekündigt, eine 2-jährige Probezeit für alle Arbeitnehmer einführen zu wollen, wobei diese Probezeit neu anfängt, wenn man länger als 6 Monate nicht bei der gleichen Firma arbeitet.

In Frankreich wurde ein Gesetz verabschiedet, welches etwas ähnliches vorsieht, allerdings nur für Arbeitnehmer unter 26 Jahren und – als weitere Einschränkung – vorherige Arbeitsverhältnisse und Praktika bei der gleichen Firma auf diese 2 Jahre angerechnet werden.

Im Verhältnis zu Deutschland also ein abgeschwächte Version. Doch während die Deutschen weiter gemütlich auf dem Sofa sitzen, marschieren die Franzosen zu Millionen erfolgreich auf der Strasse.

Die einzige Hoffnung die ich habe liegt darin begründet, dass die Probezeit für beide Seiten gilt, und es sich die ein oder andere Firma in Deutschland durchaus überlegen dürfte, dass in einen Arbeitsvertrag reinzuschreiben. Während man in der „normalen“ Probezeit vermutlich nicht viele Dinge eigenverantwortlich erledigen wird, ist das innerhalb der ersten 2 Jahre schon eher der Fall (oder sollte es zumindest sein). Spätestens wenn der Projektleiter dann (während seines Urlaubs) Montag morgens im Büro auftaucht um die Kündigung für den nächsten Freitag vorbeizubringen und den Schreibtisch zu leeren, wird sich der ein oder andere Entscheider überlegen, ob die 2 Jahre wirklich so geschickt waren. Zumindest bei den Stellenwechseln, die ich bisher mitbekommen habe, hätten die neuen Firmen einen früheren Einstiegstermin begrüsst.

Das bringt dummerweise nur denjenigen was, die man sowieso nicht entlassen hätte. Und nein, ich glaube nicht, dass jetzt viel mehr Firmen Leute neu einstellen, weil sie statt 6 Monaten Probezeit 24 Monate vereinbaren können und nein, ich glaube auch nicht, dass es den Arbeitnehmern viel bringt, wenn die 2-jährige Befristung von Arbeitsverträgen ohne Sachgrund wegfällt.

Die Umsetzung europäischer Richtlinien

Die Bundesregierung hat heute ein Gesetz eingebracht, welches mein Augenmerk mal wieder auf das Urheberrechtgesetz gelenkt hat.

Geändert werden soll §26, der Künstlern ein sogenanntes Folgerecht einräumt.

Wird das Original eines Werkes der bildenden Künste weiterveräußert und ist hieran ein Kunsthändler oder Versteigerer als Erwerber, Veräußerer oder Vermittler beteiligt, so hat der Veräußerer dem Urheber einen Anteil in Höhe von fünf vom Hundert des Veräußerungserlöses zu entrichten. Die Verpflichtung entfällt, wenn der Veräußerungserlös weniger als 50 Euro beträgt.

Das war der EU vermutlich zuviel, weswegen eine Richtlinie erlassen wurde, die für Urheber 3 Dinge verschlechtert:

  • Der Mindestverkaufserlös, ab dem das Folgerecht wirksam wird wird von 50 EUR auf 1000 EUR angehoben
  • Der prozentuale Anteil am Verkaufserlös, der dem Urheber zusteht, sinkt
  • Die Maximalhöhe des Folgerechts wird pro Verkauf auf 12’500 EUR gedeckelt.

Gut, ich wusste bisher nicht einmal, dass es so etwas gibt, allerdings habe ich bisher auch weder Kunst von mir noch Kunst von anderen verkauft.

Ganz spannend auch gerade im Hinblick auf andere EU-Richtlinien, die ja im Galopp durchs Parlament gebracht wurden, sind 2 Dinge

Der vorliegende Gesetzentwurf dient der Umsetzung der Richtlinie 2001/84/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 über das Folgerecht des Urhebers des Originals
eines Kunstwerkes.

Die Richtlinie war bis zum 1. Januar 2006 umzusetzen.

Landtagswahlen sind unwichtig

zumindest sehen das wohl die Wähler so, wenn man den Zahlen glauben darf. Ein Beispiel zur Untermauerung aus Sachsen-Anhalt wäre der Wahlkreis 4 Stendal.

Dort haben letzten September 69,8% der Wahlberechtigten den Gang an die Wahlurne geschafft um einen neuen Bundestag zu wählen, zur Landtagswahl 2006 schafften das nur ganze 38,4%. Für die Parteien, die sich selbst den Beinamen „Volks“ geben, haben zusammengenommen ganze 9998 bzw. 22,9% der Wahlberechtigten gestimmt.

Noch unwichtiger scheint den Sachsen-Anhaltinern nur noch die Europawahl zu sein. Im Wahlkreis 17 Staßfurt schafften es im Jahr 2004 gerade mal 31,2% der Wahlberechtigten an die Urne. Die CDU, immerhin stärkste Partei im Wahlkreis konnte gerade mal 10,89% der Wahlberechtigten hinter sich vereinen.

Now to something completely lightly different:

Die Bildzeitung und Volkswagen lassen derzeit gerichtlich klären, ob man sich den Vorsatz ‚Volks‘ als Marke schützen lassen kann. Bild bringt seit einigen Jahren Volksprodukte wie Volks-PC, Volks-Handy … heraus, ohne eine Marke angemeldet zu haben. Volkswagen hingegen hat sich den Vorsatz ‚Volks‘ erst letztes Jahr eintragen lassen. Jetzt soll wohl geklärt werden, inwieweit man sich das schützen lassen kann und wem die Marke gehört, für den Fall, dass man es darf.

Was Sie schon immer über das Wahlrecht in Baden-Württemberg wissen wollten …

Das Wahlrecht für den Landtag in Baden-Württemberg ist von der eher seltsamen Sorte.

Es gibt keine Landeslisten, jeder Wähler hat nur eine Stimme, mit er er zuvörderst einen Kandidaten wählt. Wer am meisten Stimmen im Wahlkreis erhält, hat automatisch einen Sitz im Landtag ergattert.
Damit sind von den eigentlich zu verteilenden 120 Sitzen 70 Stück oder 58,3% weg. Jetzt kann es natürlich sein, dass eine Partei mehr Direktkandidaten in den Landtag bringt, als ihr nach Stimmenzahl eigentlich zustehen würde. Das passiert in Baden-Württemberg recht häufig, weil die CDU in annähernd allen Wahlkreisen den Direktkandidaten stellt. Bei der Wahl gestern war das wieder der Fall, die CDU hat 69 Mandante (oder 57.5% aller ursprünglich zu verteilenden Sitze) direkt gewonnen, aufgrund des Gesamtergebnisses allerdings nur Anspruch auf 48%.

Da man keinen direkt gewählten Abgeordneten wieder heimschicken kann, man andererseits aber die prozentualen Verhältnisse im Landtag abbilden will, bekommen die anderen Parteien Ausgleichsmandate. Bei der Wahl gestern waren das 19, oder knapp 16%.

Wer jetzt gedacht hat „puh“, hat die Rechung ohne das baden-württembergische Wahlrecht gemacht, denn natürlich kann man das ganze noch dadurch verkomplizieren (und tut es auch), dass man nicht das Bundesland sondern (teilweise) die einzelnen Regierungspräsidien (Freiburg, Karlsruhe, Stuttgart und Tübingen) zum Mass aller Dinge macht. Also nochmal zurück auf los.

Wir nehmen als Beispiel das Regierungspräsidium Tübingen:

Das Regierungspräsidium hat 11 Wahlkreise. Diese wurden alle von CDU-Bewerbern gewonnen. Die CDU hat hier (bezogen auf die Parteien, die in den Landtag einziehen) 52% aller Stimmen erhalten. Wenn die 11 Direktkandidaten 52% repräsentieren sollen, dann müssen insgesamt 21 Sitze vergeben werden, weil 11/21 = 0,52 ergibt.
Es sind für die anderen Parteien also noch 10 Sitze zu vergeben. Gemäss Ergebnis sind das 5 für die SPD, 3 für die Grünen und 2 für die FDP.

Wer diese Sitze erhält, entscheidet nicht das Los, sondern je Partei die absolute Stimmenanzahl der Bewerber im Regierungspräsidium.
Keine Rolle spielt, wie gross der Wahlkreis im Verhältnis zu anderen Wahlkreisen ist, das heisst in einem kleinen Wahlkreis bringt nur ein überdurchschnittliches Ergebnis bei gleichzeitig hoher Wahlbeteiligung einen Sitz, in anderen Wahlkreisen reicht aufgrund der schieren Grösse des Wahlkreises auch ein unterdurchschnittliches Ergebnis.

Dazu müssen wir allerdings das Regierungspräsidium Tübingen verlassen und uns im Regierungspräsidium Stuttgart umschauen.
Der SPD-Kandidat aus Schwäbisch-Gmünd hat 27% der Stimmen (im Wahlkreis) auf sich vereinigt und sitzt nicht im neuen Landtag, wohingegen der SPD-Kandidat aus Nürtingen nur 23% der Stimmen (seines Wahlkreises) erhalten hat, aber einen Sitz erhält. Das liegt zum Grossteil am Grössenunterschied (133’000 Wahlberechtigte in Nürtingen und nur 102’000 in Schwäbisch-Gmünd) andererseits auch an der Wahlbeteiligung und an der Mandatsverteilung innerhalb der Regierungspräsidien.
Dem Schwäbisch-Gmünder SPD-Kandidaten (RP Stuttgart) waren 14’428 Stimmen zuwenig, dem Balinger SPD-Kandidaten (jetzt sind wir wieder im RP Tübingen) haben 14’046 Stimmen zum Einzug in den Landtag gereicht.
Die Zahl der Abgeordneten, die ein Wahlkreis jeweils stellt, schwankt von 1 bis 4.
4 Wahlkreise stellen je 4 Abgeordnete, 15 Wahlkreise je 3 Abgeordnete, 27 Wahlkreise je 2 Abgeordnete und 24 Wahlkreise dürfen nur einen Abgeordneten schicken (kurzer Gegencheck 4*4+15*3+27*2+24 = 139; stimmt).