Imperatives Mandat ja bitte, aber doch nur von oben veranlasst

Jörg-Uwe Hahn, Landesvorsitzender der FDP in Hessen erklärt auf deren Homepage:

Inhaltlich teile ich aber nicht, was Burkhard Hirsch und Frank Schäffler bisher erklärt haben. Denn ihre Forderungen würden auf ein imperatives Mandat der Bundestagsabgeordneten hinaus laufen. Das widerspricht unserer repräsentativen Demokratie.

Die Ablehnung eines imperativen Mandats kann ich nur begrüssen, leider besinnen sich Politiker wie Herr Hahn immer nur dann auf Artikel 38 I S.2 Grundgesetz

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

wenn Abgeordnete der eigenen Koalition plötzlich anfangen, ihn ernst zu nehmen (den Artikel, nicht Herrn Hahn). Sonst verschwenden sie keinen Gedanken darauf. Anders kann ich mir zumindest nicht erklären, wie ein Parteivorstand so einen Koalitionsvertrag  unterschreiben kann.

Im Bundestag und in allen von ihm beschickten Gremien stimmen die Koalitionsfraktionen einheitlich ab. Das gilt auch für Fragen, die nicht Gegenstand der vereinbarten Politik sind. Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen.

Klingt irgendwie nicht ganz nach freiem Mandat. Auch die Äusserungen von Herrn Kauder in der Bild-„Zeitung“

Ich bin zuversichtlich, dass wir die eigene Mehrheit bekommen. Ich würde es aber begrüßen, wenn nicht alle durcheinander reden würden, bevor die Diskussion in der Fraktion geführt wird. Die Euro-Rettung ist für mich keine klassische Gewissensfrage. Wir müssen geschlossen abstimmen.

scheinen nicht die Worte eines überzeugten Befürworters des freien Mandats zu sein. Was Gewissen ist, entscheidet immer noch der Fraktionsvorsitzende.

Ich unterstütze den Mitgliederentscheid von Burkhard Hirsch und Frank Schäffler. Ich erwarte von den Abgeordneten der FDP auch nicht, dass sie das ganze dann bedingungslos unterstützen und statt von Herrn Brüderle von den FDP-Mitgliedern gesagt bekommen, wie sie abzustimmen haben. Ein positiver Mitgliederentscheid stellt nur eine gewisse Ausgeglichenheit her, so dass sich der Abgeordnete seiner eigentlich Aufgabe „Vertreter des ganzen Volks“ zu sein annehmen kann, ohne dass in „Kamingesprächen“ damit gedroht wird, dass es das dann wohl war mit dem sicheren Listenplatz für 2013. Erstens gibt es – wenn die FDP so weiterwurstelt – bei der nächsten Bundestagswahl sowieso keine sicheren Listenplätze für die FDP mehr  und zweitens werden die Landeslisten von Landesparteitagen beschlossen und nicht von deren Vorsitzenden.

Da die Kreise vor dem nächsten Nominierungsparteitag frische Delegierte wählen, könnte es durchaus sein, dass da nicht nur die üblichen Verdächtigen in Form von irgendwelchen Parteifunktionären, die alle noch was in der FDP werden wollen, nominiert werden, sondern ganz einfache FDP-Parteimitglieder, die das ganze relativ unvoreingenommen sehen.

Obiges gilt übrigens nicht nur für die FDP, sondern für alle Parteien. Wenn man sich mal anschaut, dass von den 15 SPD-Bundestagsabgeordneten aus Baden-Württemberg gerade mal 2 (Platz 9 undPlatz 13) überhaupt einen Gegenkandidaten hatten, dann sieht es dort auch mehr nach abnicken statt eigenständigem Denken aus.