Warum sind die Piraten momentan so erfolgreich?

Wenn mich das nächste Mal jemand fragt, warum die Piraten momentan so erfolgreich sind, gebe ich ihm einfach diesen link zum anschauen (schon an die meines Erachtens wichtige Stelle gespult)
http://www.youtube.com/watch?v=6U82ig37TaE&t=4m40s
Es mag vielleicht naiv sein, davon auszugehen, dass die gewählten Repräsentanten im Parlament um die beste Lösung ringen und die Parteizugehörigkeit erst die zweite Rolle spielt, aber es trifft bei vielen Menschen meines Umfelds einen wunden Punkt. Das Gefühl, dass wir kein Parlament mehr haben mit Abgeordneten, sondern ein Kasperltheater mit Abgeordneten-Darstellern, die das beschliessen, was ein Koalitionsausschuss oder die Fraktionsvorsitzenden der Regierungsparteien im stillen Kämmerlein vorher angeordnet haben.

  • Da geht es in erster Linie nicht um Parteiprogramme, die nebenbei bemerkt von vielleicht 0,1% der Wähler überhaupt gelesen werden.
  • Da geht es nicht darum, dass die Piraten das Urheberrecht abschaffen möchten, was sie nebenbei bemerkt ja auch gar nicht tun wollen.
  • Da geht es nicht darum, dass noch nicht zu jedem Punkt ein ausgearbeiteter Lösungsvorschlag vorliegt, den nebenbei bemerkt andere Parteien auch nicht haben, sich aber nicht trauen, das zuzugeben.
  • Da geht es überhaupt nicht darum, dass die Leute plötzlich picklige Nerds 1337 finden und Anhänger von etablierten Parteien zu langweiligen n00bs mutieren.

Da geht es meines Erachtens bei vielen nur darum, dass man diesen Menschen abnimmt, dass sie sich im Zweifel für die bessere Lösung entscheiden und nicht für das, was der Fraktions- oder Parteivorsitzende verkündet hat.

Es kann sein, dass das nicht funktioniert und es kann sein, dass man ein Land nur dann regieren kann, wenn die Abgeordneten das befolgen, was z.B. im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD 2005 beschlossen wurde (Seite 141, Zeile 6925-7)

Im Bundestag und in allen von ihm beschickten Gremien stimmen die Koalitionsfraktionen einheitlich ab. Das gilt auch für Fragen, die nicht Gegenstand der vereinbarten Politik sind. Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen.

Kann sein, dass Piraten völlig blauäugig und naiv an das Thema Politik herangehen, aber gem. Art. 21 I S. 1 wirken Parteien bei der politischen Willensbildung nur mit, sie übernehmen sie nicht und ganz sicher haben sie kein Anrecht darauf, dass ihre Sicht der Dinge von denen geteilt wird, von denen gem. Art 20 II S.1 alle Staatsgewalt ausgeht, dem Volk.

In Griechenland regiert eine „Expertenregierung“ in Italien ebenfalls, in Deutschland werden Gesetzesvorlagen mit unvorhersehbaren Auswirkungen in Nacht-und-Nebel-Aktionen vorbereitet und in einer Geschwindigkeit durchs Parlament durchgepeitscht, die eine echte Befassung der MdB mit ihnen verunmöglicht. Gruppen von 6 Personen entscheiden, was in den letzten 16 Monaten der jetzigen Legislaturperiode noch als Gesetz durchs Parlament muss. Gesetze werden von Kanzleien geschrieben1 die oft auch diejenigen vertreten, die von diesen Gesetzen betroffen sind …

Das alles hinterlässt bei zumindest einem Teil der Bürger einen sehr ungutes Gefühl, was den Zustand der Demokratie im Allgemeinen und ihre momentane Umsetzung im Besonderen angeht.

  1. http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/121/1612182.pdf S. 18 []

Ein bisschen Piratenpartei-Bashing

irgendwie muss ich ja die Zugriffszahlen steigern 🙂

Gemeinhin nimmt man an, dass sich Piraten als sogenannte „digital natives“ gut mit dem Internet auskennen.

Das kann ich nicht beurteilen. Was ich beurteilen kann ist, dass sich zumindest der Kreisverband Ravensburg-Bodenseekreis keinen Deut im Bereich Öffentlichkeitsarbeit im Internet auskennt.

Die Webseite http://wiki.piratenpartei.de/Kreisverband_Ravensburg-Bodenseekreis mag für den technikaffinen Piraten alles bieten, was er will. Ein wiki mit dem man vielleicht liquid democracy üben kann. Aber wehe man sucht als Nichteingeweihter irgendwas.

Zum Beispiel das Ergebnis der Nominierungsveranstaltungen zur Landtagswahl 2011 in Baden-Württemberg, die am 23.05.2010 stattgefunden hat (zumindest das findet sich auf der Webseite, wenn auch etwas versteckt).

Wenn man wissen will, wer denn in den einzelnen Wahlkreisen (Bodensee 67, Wangen 68 und Ravensburg 69) nächsten März vielleicht zur Wahl steht, (es gilt ja noch pro Wahlkreis 150 Unterstützer-Unterschriften zu sammeln) findet man nichts.

Einzig bei twitter habe ich einen einsamen Ravensburger Piraten gefunden, der die Ergebnisse zeitnah veröffentlicht hat, aber ob die stimmen? Die unbestätigten Namen der Kandidaten, die man auf der Seite des Landesverbandes findet, lauten nämlich grösstenteils anders und wenn ich dem Stand dieser Seite glauben darf, dann war die Aufstellungsversammlung in Meckenbeuren schon rum, als die Liste zum letzten Mal aktualisiert wurde.

Das bekommt selbst die ödp besser hin (und das ist keinesfalls despektierlich gemeint)

http://www.oedp-ravensburg.de/aktuelles/pressemitteilungen?mid=8285

Piratenpartei in Baden-Württemberg

Das statistische Landesamt Baden-Württemberg hat eine Sonderauswertung der repräsentativen Wahlstatistik zur Bundestagswahl veröffentlicht und zwar zur Wählerstruktur der Piratenpartei.

Den höchsten Stimmenanteil errang die Piratenpartei in Baden-Württemberg bei männlichen Jungwählern zwischen 18 und 24 Jahren. Rund 12% dieser Gruppe stimmte im September für die Piraten.

Es wird spannend zu beobachten sein, ob sich die Piraten auch ein älteres Wählerpublikum erschliessen können, oder ob es sich um eine politische Eintagsfliege handelt. In 16 Monaten sind Landtagswahlen.