Wahlnachlese II: Bürgermeister

Die Aussage „Kommunalwahlen sind Persönlichkeitswahlen“ ist einerseits ziemlich platt, andererseits stimmt sie eben.

Bürgermeister sind bekannt und damit gute Zugpferde, was dann dazu führt, dass die Bürgermeister des Kreises schön verteilt auf den Listen von CDU und Freien Wählern antreten.

Der Wahlkreis Wangen ist ein gutes Beispiel dafür.

Der Landtagsabgeordnete und Bürgermeister von Argenbühl, Paul Locherer hat zusammen mit dem Oberbürgermeister von Wangen, Michael Lang 33,93% aller abgegebenen Stimmen im Wahlkreis IX erhalten. Zwischen den beiden Listen-Spitzenreitern und den Zweitplatzierten lag bei den Freien Wählern der Faktor 5 und bei der CDU der Faktor 3.

Allerdings muß die Gemeinde groß genug sein, weil der Status Bürgermeister zu sein sehr eng auf die eigene Gemeinde beschränkt ist.

Volker Restle beispielsweise, Bürgermeister von Horgenzell hat in seiner (und meiner) Heimatgemeinde 30% aller abgegebenen Stimmen bekommen. Bereits im Nachbarort Wilhelmsdorf sank das auf 3% aller Stimmen ab, in Aulendorf waren es nur noch knapp 2%. Gereicht hat es trotzdem.

Beim Überfliegen der Listen bin ich nur auf zwei Bürgermeister gestossen, denen der Einzug in den Kreistag nicht gelungen ist, dem Bürgermeister aus Waldburg, der das Pech hat, dass seine Gemeinde nur knapp 1/7 der Wähler im Wahlkreis Vogt stellt und dem Bürgermeister der Gemeinde Bodnegg, dessen Gemeinde einen ähnlich kleinen Anteil am Wahlkreis hat.

Die Oberbürgermeister der großen Kreisstädte Ravensburg, Weingarten, Leutkirch und Wangen sind ebenso im Kreistag wie die Bürgermeister der Gemeinden Berg, Fronreute, Wolfegg, Vogt, Schlier, Horgenzell, Wilhelmsdorf, Ebersbach-Musbach, Bad Waldsee, Amtzell, Argenbühl, Isny, Aitrach, Bad Wurzach und Kißlegg.

Wahlnachlese I: Abbildung des Wählerwillens

Das Kommunalwahlsystem in Baden-Württemberg wird oft kritisiert, unter anderem wegen seiner Kompliziertheit und wegen der möglichen Verzerrung des Wählerwillens durch kleine Wahlkreise und das Verfahren zur Sitzzuteilung.

Bei den letzten Kommunalwahlen errangen die Freien Wähler mit 23’886 gleichwertigen Stimmen (das sind die Stimmen, jeweils geteilt durch die Anzahl der Sitze des Wahlkreises) insgesamt 19 Sitze. Pro Sitz waren demnach 1257 Stimmen nötig. Die Grünen erreichten 11’074 gleichwertige Stimmen und 7 Sitze, benötigten also pro Sitz 1582 Stimmen, über 25,5% mehr als die Freien Wähler.

Bei diesen Wahlen ergaben sich leicht geringere Unterschiede. Die CDU musste für ihre 31 Sitze insgesamt 40’240 Stimmen erringen, die ödp für ihre 4 Sitze 6’400. Die Spanne liegt zwischen 1’298 und 1’600 Stimmen pro Sitz, bezogen auf die CDU benötigte die ödp also 23,2% mehr Stimmen pro Sitz.

Gäbe man der ödp allerdings einen weiteren Sitz, so würde ein Gefälle zwischen ödp mit dann 1200 Stimmen pro Sitz und der SPD mit 1472 entstehen, das sind auch über 20%, man hätte nichts gewonnen.

Bei einer endlichen Anzahl Sitze hat man immer Verschiebungen zwischen Stimmenanteil und Sitzanteil, aufgrund des Verteilungssystems nach d’Hondt gehen diese jedoch fast immer zu Lasten der kleineren Parteien.

Rechnerisch ergeben sich bei 99’024 gleichwertigen Stimmen und 72 zu vergebenden Sitzen 1375 Stimmen pro Sitz. Die zwei grossen Fraktionen CDU und FW liegen drunter, die drei kleineren Fraktionen Grüne, SPD und FDP liegen drüber.

Das ist übrigens nicht nur im Kreis Ravensburg der Fall. Eine Anfrage der FDP-Fraktion im Landtag brachte zutage, dass bei den CDU-Fraktionen in allen 35 baden-württembergischen Landkreisen die prozentuale Abweichung der Sitzanteile von den Stimmenanteilen immer grösser 0 ist. Das schwankte in den letzten Kreistagen (Wahl 2004) von +4,5% im Landkreis Biberach, bis zu +0,3% in Lörrach. Man darf gespannt sein, ob bei dieser Wahl mal eine CDU-Fraktion im Land unterdurchschnittlich Sitze erhalten hat.

Danke

Mein Dank geht zuvörderst und im allgemeinen an Alle, die ihr Wahlrecht gestern wahrgenommen haben und im speziellen an alle Wähler der FDP und meiner selbst 🙂

Gereicht hat es für mich nicht, aber ich werde versuchen, die Kreispolitik in den nächsten 5 Jahren ein wenig öffentlicher zu machen.

Ob die FDP in Fraktionsstärke in den neuen Kreistag einziehen wird, kann man aufgrund des doch eher komplizierten Sitzverteilungsverfahrens erst ganz am Schluß sagen, es wird spannend.