Wer mal fernab des politischen Tagesgeschehens nachlesen will, um was es eigentlich genau geht bei der Stimmverteilung im europäischen Rat, dem kann ich diese Seiten der Ruhr-Uni Bochum ans Herz legen.
Da kommt man zu dem Schluss, dass die Polen nicht einfach irgendwas erfunden haben um den Deutschen den Erfolg zu verwehren, dass die lineare Abbildung von Bevölkerungsanteilen in Stimmen nicht zum gewünschten Resultat führt und schliesslich auch noch dazu, dass es vermutlich keine Möglichkeit gibt, das ganze Bildzeitungs-kompatibel aufzubereiten.
Letzteres führt dann dazu, dass man in der gegenwärtigen Presse fast vergeblich nach einer Darstellung der Streitpunkte sowie einem für und wider der Argumente sucht. Fast überall verengt es sich auf: Die Polen gönnen’s uns nicht, weil die 2 Brüder eine zu verengte Weltsicht haben.
Das ist schon richtig.
Das Problem entsteht überhaupt nur, weil der EU die falschen Kompetenzen bei der Durchsetzung von Interessen zugewiesen werden. Wenn vesucht wird, nationale Interssen im Rahmen der EU gegenüber anderen Staaten durchzusetzen, kann es bei der Stimmverteilung nur zu Problemen kommen. Die EU wäre aber eigentlich dafür gut, gemeinsame Interessen ihrer Mitglieder zur Durchsetzung zu bringen.
Das spielt aber in der gegenwärtigen Praxis kaum eine Rolle. Gerade die neuen Mitglieder sehen die europäischen Institutionen nicht als Verkörperung einer europäischen Idee, sondern als Schauplatz eines Kampfes, auf dem nationale Interessen gegeneinander ausgespielt werden.
Das kann nichts werden. So muss die Europäische Idee scheitern.
Auch bei den alten Europäern habe ich das Gefühl, dass man die Institution EU vorrangig dazu missbraucht, unpopuläre Entscheidungen abzuschieben. Man war es ja nicht selbst, es war das böse Brüssel.
Dass man selbst als Minister im europäischen Rat sitzt und Teil des „bösen“ Brüssels ist, wird völlig ausgeblendet.
Momentan gibt es mindestens 3 grosse Strömungen in der europäischen Union, die von Zurückfahren der Einigung bis zu den vereinigten Staaten von Europa reichen.
Alle 2 Monate wechselt in einem Mitgliedsstaat die Regierung, fast jedes Jahr ist ein grosses Land dran (F,GB,I,PL,D,SP). Nicht immer gewinnen diejenigen, die schon vorher an der Macht waren (in den grossen Ländern hat es glaube ich einzig die Labour Party geschafft, sich seit Nizza im Sattel zu halten).
Eine übereilte Osterweiterung hat ihr übriges beigetragen, die ganzen Prozesse immer zäher werden zu lassen, weil mittlerweile 483 Millionen Europäer regiert und verwaltet werden müssen.
Es gibt kein „das wollen wir“, und es wird vermutlich auch nie eines geben.