Warum Politiker das Internet nicht mögen

Die einfache Antwort wäre, dass sie es nicht verstehen und was der Bauer nicht kennt, frisst er halt nicht. Es gibt sicherlich viele Bundestagsabgeordnete, für die das gilt, der Begriff „Internetausdrucker“ ist mittlerweile ein feststehender und die auf den verschiedenen Video-Plattformen vagabundierenden Aussagen „Browser, was sind jetzt noch mal Browser?“ kennt auch schon (fast) jeder.

Alle über einen Kamm zu scheren wäre aber meines Erachtens aber zu platt, denn auch die jüngere Generation scheint mit dem Internet nicht glücklich zu sein.

Es könnte damit zusammenhängen, dass man als Politiker sein Außenbild nicht mehr kontrollieren kann (man könnte schon, müsste sich dann allerdings auch so verhalten, aber das nur nebenbei).

Der politische investigative Journalismus in Deutschland riecht nicht nur so, er ist wirklich tot. Die übriggebliebenen 30-Minüter in den öffentlich-rechtlichen fallen eher durch ein Nachplappern der Regierungsmeinung auf, als durch echte Arbeit (beispielhaft kann man sich ja mal die Reaktionen auf den Bericht von Report München bezüglich der Vorratsdatenspeicherung anschauen).

Endlich hat man es geschafft und könnte ein bisschen freier atmen, da kommen plötzlich irgendwelche pickligen Internetfreaks unter ihren Steinen hervorgekrochen und prüfen nach, was man denn so alles angestellt geleistet hat.

Anders als früher muss man keinen Urlaub nehmen um in irgendwelchen Parlamentsarchiven in Akten zu wühlen, man bekommt die Daten dank Internet frei Haus geliefert. Man erfährt, wer wie oft im Parlament war, wer bei namentlichen Abstimmungen wie abgestimmt hat, wer welche Anfragen gestartet hat, in manchen Parlamenten erfährt man auch die Höhe der Nebeneinkünfte und die Höhe der geltend gemachten Reisekosten.

Das trifft manchen Politiker bis ins Mark, denn Präsenzquoten von 40% bis 50% passen irgendwie in der Vorstellung des Wählers nur ganz schlecht zu jährlichen Nebeneinkünften im mittleren 5-stelligen Bereich.

Äusserungen, die man macht bleiben verfügbar, auch wenn die Printausgabe längst zum einwickeln von Obst und Gemüse benutzt wurde. Radikale Meinungsumschwünge, wie beispielsweise der vom Vorkämpfer für die grüne Gentechnik zu deren Verhinderer bleiben für alle sicht- und nachprüfbar. Das macht angreifbar und schafft ein Glaubwürdigkeitsproblem, denn so oft kann man den Wähler dann nicht davon überzeugen, dass man einsichtsfähig sei.

Zum Abschluß ein paar meiner Lieblingszitate:

Die ganze pseudo-bürgerrechtsengagierte Hysterie von Pseudo-Computerexperten, man müsse um jeden Preis ein „unzensiertes Internet“ verteidigen etc. – vgl. www.ccc.de -, fällt für mich in die Kategorie: juristisch ohne Sinn und Verstand und moralisch verkommen.

Dr. Hans-Peter Uhl, CSU, MdB

Auf den Tisch kam zudem wieder der langjährige Streit um die Softwarepatent-Richtlinie der EU. [..] Joachim Wuermeling, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, monierte, dass eine “geistige Bewegung”, die “dem Freakbereich verbunden” sei und sich mit dem “Antifaschismus im Internet” vereint habe, “den Mittelstand irregeführt” habe.

Wir wissen, dass bei den vielen Kunden, die es gibt, rund 80 Prozent die ganz normalen User des Internets sind. Und jeder, der jetzt zuhört, kann eigentlich sich selber fragen, wen kenne ich, der Sperren im Internet aktiv umgehen kann. Die müssen schon deutlich versierter sein. Das sind die 20 Prozent. Die sind zum Teil schwer Pädokriminelle. Die bewegen sich in ganz anderen Foren. Die sind versierte Internetnutzer, natürlich auch geschult im Laufe der Jahre in diesem widerwärtigen Geschäft.

Ursula von der Leyen, CDU, Bundesfamilienministerin

(Einschub: jeder der mich kennt kann die Frage von Frau von der Leyen übrigens mit ja beantworten. Ich verwahre mich allerdings entschieden gegen den Verdacht, in irgendeiner Weise pädokriminell oder Jahre in einem widerwärtigen Geschäft geschult worden zu sein)

Das macht mich schon sehr betroffen, wenn pauschal der Eindruck entstehen sollte, dass es Menschen gibt, die sich gegen die Sperrung von kinderpornographischen Inhalten sträuben.

Karl-Theodor zu Guttenberg, CSU, Bundeswirtschaftsminister

Killerspiele widersprechen dem Wertekonsens unserer auf einem friedlichen Miteinander beruhenden Gesellschaft und gehören geächtet. In ihren schädlichen Auswirkungen stehen sie auf einer Stufe mit Drogen und Kinderpornografie, deren Verbot zurecht niemand in Frage stellt.

Joachim Hermann, CSU, bayrischer Innenminister

Und zum Abschluß noch eines, das nicht ganz so richtig reinpasst, es aber trotzdem in meine ewige TopTen geschafft hat

Köhler hätte ohne weiteres unterschreiben können. Wo kommen wir denn hin, wenn wir einführen, dass der Präsident vor jedem Querulanten einknickt?

Axel Schäfer, SPD, MdB

Die Querulanten waren übrigens die Richter des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts

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