Das Pech, erfolgreich zu sein

In Baden-Württemberg stehen nächsten März Landtagswahlen an.

Aus diesem Grunde finden seit Anfang Februar in den einzelnen Wahlkreisen die Aufstellungsversammlungen der Parteien statt, in denen die Kandidaten nominiert werden.

Anders als in (vielen) anderen Bundesländern hat der baden-württembergische Wähler nur eine Stimme, mit der er seinen Wahlkreiskandidaten wählt. Eine Listenstimme (vergleichbar der Zweitstimme bei der Wahl zum Bundestag) gibt es nicht.

In Baden-Württemberg gewinnt die CDU fast alle Wahlkreise (das letzte Mal 69 von 70). Die Chancen für einen Nicht-CDU-Kandidaten, einen Wahlkreis zu gewinnen, stehen deshalb relativ schlecht. Aber zum Glück gibt es auf Landesebene einen Verhältnisausgleich. Wenn die FDP 11% der Stimmen bekommt, dann hat sie prinzipiell auch einen Anspruch auf 11% der Sitze.

In Baden-Württemberg gibt es keine Landeslisten der Parteien. Damit ist Baden-Württemberg ziemlich alleine in Deutschland. In Nordrhein-Westfalen hat der Wähler zwar auch nur eine Stimme, aber der Verhältnisausgleich findet über eine Landesliste statt.

In Baden-Württemberg werden die Kandidaten für den Verhältnisausgleich über ihr Wahlergebnis in ihren Wahlkreisen bestimmt. Das bedeutet, dass es keine sicheren Plätze für Spitzenkandidaten gibt, sondern nur mehr oder minder aussichtsreiche Wahlkreise, in denen sie antreten können.

Das hat jetzt den SPD-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2011 dazu gebracht, den Wahlkreis zu wechseln. Bisher trat Nils Schmid im Wahlkreis 09 – Nürtingen an. Der ist aber durch eine Änderung des Wahlgesetzes kein sicherer Wahlkreis für die SPD. Deshalb hat sich Herr Schmid in seiner Umgebung umgeschaut um einen Wahlkreis zu finden, der ihm höhere Chancen für den Einzug bietet. Und er ist fündig geworden. Der Wahlkreis 60 – Reutlingen ist aussichtsreicher.

Mit der Folge, dass der bisherige Abgeordnete, Rudolf Hausmann, der diesen Wahlkreis seit 1996 im Landtag vertritt, weichen muss.

Es geht mich natürlich überhaupt nichts an, wie andere Parteien ihre Kandidaten aufstellen, allerdings würde ich mir als Wähler in diesem Wahlkreis ein wenig verschaukelt vorkommen. Da macht ein Abgeordneter seinen Job (aus Sicht der Wähler) so gut, dass er zweimal wiedergewählt wird und als Dank bekommt man dann einen „Spitzen-„Kandidaten vor die Nase, bzw. auf den Stimmzettel gesetzt, der in der Landespolitik gross rauskommen will und vermutlich die Bedürfnisse und Wünsche des eigenen Wahlkreises eher als minderprioritär betrachtet.

Die SPD-Mitglieder des Wahlkreises Reutlingen (das sind die, die darüber bestimmen, wer in ihrem Wahlkreis für die SPD auf den Wahlzettel kommt) hat man vorher nicht gefragt, das läuft über die Kreisvorstände. Aber das wird sicher kein Problem. Als Vorstand macht man einfach ein bisschen Druck, dass es ja nicht sein kann, dass der Spitzenkandidat für den Landtagswahlkampf überhaupt nicht antritt und schon läuft das ganze.

Letzten Endes entscheiden die Wähler am 27. März 2011 im Wahlkreis Reutlingen, ob sie einen importierten SPD-Kandidaten unterstützen.

Ein wenig Lachen könnte ich mir vermutlich nicht verkneifen, wenn es der Nürtinger SPD-Kandidat dann schafft, der Reutlinger aber nicht.

Mal ganz davon abgesehen, dass ich einen Spitzenkandidaten, der sich selbst sowenig eigene Überzeugungskraft zugesteht, etwas seltsam finde. Es ist ja nicht so, dass Nürtingen eine SPD-Diaspora ist.

5 Gedanken zu „Das Pech, erfolgreich zu sein“

  1. Ich kann Herrn Schmid gut verstehen. Wenn er nicht in den Landtag kommt, muss er sich seinen ersten Job suchen. Das war in der durchgeplanten Karriere Schule-Hörsaal-Landtag-Pension nicht vorgesehen.

  2. „Da macht ein Abgeordneter seinen Job (aus Sicht der Wähler) so gut, dass er zweimal wiedergewählt wird und als Dank bekommt man dann einen “Spitzen-”Kandidaten vor die Nase,“ –Peter’s Law? 😉

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