momentan plant Nordrhein-Westfalen wohl eine Bundesrats-Initiative gegen das „Bildungs-Chaos“. Aus diesem Anlass möchte ich auf einen drei Jahre alten Artikel in meinem Blog verweisen, in dem es um Föderalismus und Bildung geht.
Momentan scheint es wieder in Mode zu kommen, den Wettbewerb auf dem Bildungssektor auszurufen. Was ich bei Universitäten sehr begrüsse, ist bei den Schulen meines Erachtens völlig unangebracht.
Wenn beispielsweise Herr Althaus betont, dass es mehr Wettbewerb zwischen den Ländern geben muss, dann hat er meines Erachtens nicht darüber nachgedacht, wie der Schulort der Kinder ausgesucht wird.
In den wenigsten Fällen werden die Eltern die PISA oder Pinguin-Studie zur Hand nehmen, anhand dieser ein Bundesland aussuchen und sich dort um eine Stelle bemühen. Viel häufiger sind diejenigen Familien anzutreffen, nach denen sich das Bundesland nach der Arbeitsstelle des Haupternährers richtet.
- Was bringt es mir als arbeitsloser Betriebsschlosser in Sachsen-Anhalt, dass das dortige Bildungssystem auf Platz 1 in Deutschland steht, wenn mein nächster Arbeitsplatz in Bremen liegt?
- In welche Schulform wird mein Kind in der 5. Klasse in Baden-Württemberg geschickt, wenn es in Brandenburg noch die Grundschule besucht hat, die dort 6 Jahre dauert?
- Was nutzt mir das Wissen um den Wettbewerbsvorteil des bayrischen Bildungssystems, wenn BenQ pleite macht und ich bei Siemens in Hannover eine neue Anstellung finde?
Es gibt genug Gründe für Föderalismus. Es gibt auch genug Bereiche in denen Föderalismus vorteilhaft ist. Warum um alles in der Welt sucht sich die Politik immer genau diejenigen aus, die sich dafür nicht eignen?
Vermutlich wird es daran liegen, dass man als Ministerpräsident fast keine Kompetenzen mehr hat, weil alles nach Berlin und Brüssel diffundiert ist. Da bleibt halt nur der Kultusteil übrig, dessen Wurzeln allerdings nicht darin begründet liegen, dass die Väter und Mütter des Grundgesetzes Bildungswettbewerb wollten, sondern in der Angst vor einem totalitärem Regime, welches die Schulen als Indoktrinationsmedium missbraucht. Davon sind wir heute allerdings weit entfernt.
Wettbewerb funktioniert nur, wenn die Nachfrage-Seite frei wählen kann. Gerade im Bereich der Bildung funktioniert das frühestens bei der Wahl der Universität.
Bei allem anderen muss man als Eltern das nehmen, was vor Ort angeboten wird.
Im Jahr 2007 sind über 1 Million Menschen in ein anderes Bundesland gezogen, 2,5 Millionen Menschen haben zusätzlich innerhalb ihres Bundeslandes den Wohnort gewechselt. Da waren vermutlich auch einige Kinder im schulpflichtigen Alter drunter.
Es geht mir nicht darum, Kinder in Watte zu packen. Aber wenn es die Möglichkeit gibt, dass man deutschlandweit am Ende eines Schuljahres einen halbwegs identischen Lern- und Wissensstand hinbekommt, dann sollte man die Chance nutzen.
Dabei geht es nicht darum, den Schulen ihre Autonomie zu beschneiden, es geht darum, die Ziele eindeutig zu definieren und den Weg dorthin den Schulen zu überlassen. Eine Schule in einem sozialen Brennpunkt mit hohem Anteil an Kindern, deren Muttersprache nicht deutsch ist, wird andere Schwerpunkte setzen müssen als eine Schule in Warnitz und die wiederum andere als eine Grundschule in Alt-Bogenhausen.
Hoffnung habe ich allerdings keine, dafür ist das Thema Bildung viel zu ideologisch besetzt und eignet sich leider viel zu gut für Attacken auf den politischen Gegner. Das will man sich als Landespolitiker nicht nehmen lassen.
Die einen fürchten öffentlich, dass die Kinder dann gar nichts mehr lernen, die anderen fürchten öffentlich, dass man als Arbeiterkind nur noch auf die Hauptschule wechseln kann, damit die Kinder der Reichen und Gebildeten auf dem Gymnasium nicht gestört werden.