Qui nimium probat, nihil probat

Der Weihnachtsfrieden1  ist vorbei, das Finanzamt verschickt wieder Mahnbescheide und ich darf wieder schreiben.

In den letzten 3 Wochen durfte ich überall Stellungnahmen von Politikern lesen, die darum baten, dass man das Amt des Bundespräsidenten nicht dadurch schädigen solle, in dem man über den jetzigen Amtsinhaber berichtet.

Meines Erachtens kann man dadurch das Amt des Bundespräsidenten nicht schädigen. Das kann man viel eher, in dem man

  • einen Bundespräsidentenkandidaten in einer kleinen geheimen Runde auskungelt und dann die Abgeordneten der eigenen Fraktionen inklusive der Wahlmänner und -frauen der Bundesversammlung einnordet, diesen Kandidaten zu wählen und sonst keinen. Dadurch konterkariert man die Unabhängigkeit der Bundesversammlung und macht das Amt des Bundespräsidenten zu einer blossen Verfügungsmasse der Bundesregierung.
  • einen Menschen zum Bundespräsidenten vorschlägt und damit weglobt, der einem in der Zukunft noch als Kromprinz in der eigenen Partei gefährlich werden könnte.
  • die Prüfungspflicht des Bundespräsideten nach Artikel 82 Grundgesetz negiert und zu unterzeichnende Gesetzesvorlagen an den Flughafen bringt, damit der Bundespräsident sie nach einer Auslandsreise gleich unterzeichnen kann.

Aber ich bin ja nur ein kleiner Bürger, was weiss ich schon von der grossen Politik. Deswegen zurück zu Herrn Wulff, bzw. zu einer anderen Betrachtungsweise seiner Handlungen.

Man stelle sich vor, es wäre nicht der amtierende Ministerpräsident gewesen, der von einem „Freund“2 bzw. dessen Frau einen Bundesbankscheck über 500’000 € bekommen hätte, sondern der Regierungsdirektor, der die Reisen des Ministerpräsidenten plant. Hätte man da auch von keinem Zusammenhang gesprochen, wenn der Darlehengeber (bzw. ihr Ehemann)  bei drei Auslandsreisen des Ministerpräsidenten in den Wirtschaftsdelegationen gesessen hätte, zumal wenn dieser zu diesem Zeitpunkt bereits gar kein Unternehmer mehr war und seinen Lebenmittelpunkt in die Schweiz verlagert hatte?

Man stelle sich vor, es wäre nicht der VW-Aufsichtsrat Wulff gewesen, der von der BW-Bank ein sehr gutes Kreditangebot bekommen hätte, sondern zum Beispiel ein Aufsichtsrat der Arbeitnehmerseite. Hätte man da auch von keinem Zusammenhang gesprochen, wenn kurz vorher der VW-Aufsichtsrat Porsche und damit auch den Kreditgebern – unter anderem der BW-Bank – sprichwörtlich den Arsch gerettet hätte?

Man stelle sich vor, es wäre nicht das Bundesratsmitglied Wulff gewesen, das bei Profiteuren der Privatisierung der Altersvorsorge mehrfach kostenlos Urlaub gemacht hat, sondern irgendein Ministerialdirigent bei der BaFin. Würde man dann auch keinen Zusammenhang vermuten?

Wenn sich Herr Wulff nicht bei Affären und Affärchen seiner Amtsvorgänger (Schröder, Glogowski, Rau) nicht immer als moralischen Fels in der Brandung hingestellt hätte, der sogar physisch darunter litt, ob der Fehler von Herrn Rau, dann fände ich das Ganze vermutlich eher nicht berichtenswert. Aber die Inbrunst, mit der Herr Wulff bis November für die moralische Integrität der Politikerkaste gekämpft hat, wirkt im Nachhinein irgendwie ein bisschen verlogen.

  1. Wikipedia-Artikel []
  2. ich persönlich finde ja, dass die Herren Maschmeyer, Wulff, Schröder und wie sie alle heissen das Wort Freund in den Dreck ziehen und beschädigen, denn mit echter Freundschaft  hat das Handeln dieser Menschen in aller Regel sehr wenig zu tun []

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