Jammerlappen

Momentan jammern wieder viele wegen einer möglichen Einführung einer Finanztransaktionssteuer (in Höhe von 0,1% auf Aktien und 0,01% auf Derivate), die vermutlich zum Untergang des Abendlandes führen wird. Stellvertretend für viele Hermann Otto Solms:

  • Ganz zu schweigen davon, dass die Finanztransaktionssteuer nicht von Banken, sondern von Privatpersonen, von Bürgerinnen und Bürgern bezahlt wird.
  • Dass die Finanztransaktionssteuer Finanzgeschäfte an weniger regulierte Börsenstandorte verlagern wird. Worunter auch der Standort Frankfurt am Main leiden wird.
  • Dass die Finanztransaktionssteuer zu weniger Investitionen von Unternehmen in Deutschland führen wird. Sondern diese ins Ausland verlagert werden.
  • Und dass den Banken das Geld für Kredite zur Finanzierung von Investitionen fehlen wird.

Mal ganz davon abgesehen, dass die obigen Argumente ziemlich inkosistent sind (wieso fehlt den Banken das Geld, wenn die Steuer von Privatpersonen bezahlt wird und wieso verlagern Unternehmen Investitionen ins Ausland, wenn Börsengeschäfte versteuert werden) und weiterhin davon abgesehen, dass ich neue Steuern auch nicht gut finde, bleibt mir nur, Ihnen und Euch ein

Jammerlappen

entgegen zu schleudern.

Es geht um 0,1%. Der Kurs der Deutschen Bank hat gestern um 0,4% geschwankt, der von Daimler um 1,8% und der von BASF um 1,4%. Da gehen – für den normalen Anleger – die zusätzlichen 0,1% im statistischen Rauschen unter.

Wenn ihr mal wirklich weinen wollt, dann schaut doch mal, was eine normale Familie an Steuern bezahlt, wenn sie ein Haus baut.

Nehmen wir eine Familie in Schleswig-Holstein, die für 100’000 € ein Grundstück erwirbt und darauf für 200’000 € ein Haus baut.

Für das Grundstück werden 6’500 € Grunderwerbsteuer fällig, und von den 200’000 € fürs Haus sieht das Hausbauunternehmen nur 168’000 €, weil sie 32’000 € gleich ans Finanzamt überweisen1.

Da Häuser in aller Regel nicht bar bezahlt werden, sondern über Kredite finanziert, ist es mit den 38’500 € aber nicht getan.

Wenn man annimmt, dass obiger Bauherr 200’000 € finanzieren muss, dann müsste er bei Steuerfreiheit nur 161’500 € finanzieren. Bei 3% Zinsen und 1’000 € Monatsrate ergibt sich dann folgendes Schaubild:

steuer

 

Zu dem Zeitpunkt, zu dem der steuerfrei gebliebene Hausherr seine letzte Rate bezahlt, hat der steuerzahlende Hausherr noch einen Betrag von 64’000 € offen und 71 weitere Monate Kredittilgung.

Der nicht steuerzahlende Bauherr zahlt 206’000 € für Tilgung und Zinsen, der steuerzahlende 277’000 €2.

Über 25% der Zeit, die er mit der Kredittilgung verbringt, zahlt er nur für die Grunderwerbs- und die Umsatzsteuer.

Über 25% der Zins- und Tilgungssumme gehen für die Grunderwerbs- und Umsatzsteuer drauf.

Und ihr jammert über 0,01%?

  1. lassen wir so Dinge wie Bauabzugsteuer mal aussen vor, die das Ganze nur unnötig verkomplizieren, weil nicht das Unternehmen sondern der Bauherr zum direkten Steuerschuldner wird []
  2. als ob er eine Wahl hätte []

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.