#7tage7songs – Tag 3

Und heute ist Thomas Keller dran.

Alles begann vor über 20 Jahren1 in einem kleinen aber feinen Fotoladen in Oberachern.

Ich war Anfang 20, hatte seit 3 Jahren eine Spiegelreflexkamera, das photographische Selbstbewusstsein eines Anselm Adams und ehrlich gesagt produzierte ich nur eine ziemliche Verschwendung von Photopapier und Chemikalien.

Irgendwie hat der Besitzer des Ladens es geschafft, dass ich eine realistischere Einschätzung meiner Bilder vornehmen konnte und trotzdem noch gerne hingegangen bin2.

Kurze Teit später habe ich dann angefangen, dort zu arbeiten. Geplant war es als „so nebenher“ und um das Studium zu finanzieren. Zurückblickend betrachtet war ich öfter dort als im Hörsaal und finanziert habe ich nicht das Studium sondern einen recht umfangreichen Objektivzoo3.

Weil ein kleines Geschäft in einem kleinen Ort jetzt nicht unbedingt die Kundenfrequenz hat die ihm gebührt, war auch immer Zeit, sich Plastikbecher auf den Kopf zu setzen und die besten Sketche aus switch4 nachzuspielen. Unvergessen bleibt mir auch die Ringfoto-Messe über die, beziehungsweise deren After-Party, ich an dieser Stelle aber den Mantel des Schweigens decken möchte. Es war auf jeden Fall lustig.

Weil phocus eines der ersten Photogeschäfte mit digitaler Bildbearbeitung war5, durfte ich auch ganz viele Retuschen machen. Alte Fotos, verknickte Fotos, Leute auf Bilder montieren, Leute von Bildern wegretuschieren, gefakte Titelseiten von Spiegel, Gala, Neue Post, mal mehr, mal weniger lustig.

Wirklich und umfassend gescheitert bin ich nur bei einer Retusche.

Ein stolzer werdender Vater wollte das erste Ultraschallbild seines ersten werdenden Kindes laminieren, hat das auch gemacht und kam danach mit einem Fetzen eingeschweissten schwarzen Thermopapiers zu uns. Ja, danach wusste er auch, dass sich Thermopapier nicht wirklich gut mit den Heizplatten eines Laminiergeräts verträgt. Aber sag mal einem am Boden zerstörten Noch-Nicht-Vater „Tja, das war jetzt wirklich dumm. Aber sie sind ja noch jung, sie können noch so viele Kinder haben“.

Thomas, Du weißt das nicht bzw. erst jetzt, aber es war nicht so, dass man da mit irgendwelchen geheimen hochkomplexen Photoshop- oder Scan-Einstellungen noch etwas hätte retten können.

Das Ding war schwarz. Komplett schwarz. Durchgängig. Überall. Da hat im Tonwertdiagramm nicht mal im Ansatz was gezuckt, Flatline, tot. Jeder einzelne Pixel RGB(0,0,0).

Und ganz ehrlich, wenn man das Gesicht des Mannes gesehen hat, als wir ihm das Ergebnis präsentierten, ist es doch eigentlich auch nebensächlich, dass es nicht sein Kind war. Also auf dem Bild, das andere kann ich nicht einschätzen.

Obwohl ich jetzt schon fast 17 Jahre weg bin, kann ich eigentlich nicht nach Achern fahren, ohne mindestens einmal im Laden vorbeizuschauen.
Das lohnt sich übrigens auch, wenn man den Chef nicht kennt.

Ach, Musik, fast hätte ich die Musik vergessen.

Hier:

  1. warum ist irgendwie alles in meinem Leben schon ein halbes Leben her? []
  2. Landschaft kann ich immer noch nicht und für Portrait fehlen mir die Leute []
  3. den ich heute noch benutze. Das Diplom verstaubt irgendwo im Schrank []
  4. nix reloaded, wir haben noch das Original geschaut []
  5. wir reden immer noch von den 90ern des letzten Jahrhunderts []

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