T minus 37

Eigentlich hasse ich ja Sätze, die mit „eigentlich“ anfangen, weil man sich den Text dann bis zum fast zwangsläufig folgenden „aber“ sparen kann.
Aber in dem Fall passt es.

Eigentlich hatte ich das Thema „ich laufe in meinem Leben einen Marathon“ im April von meiner bucket list gestrichen, weil ich einen gelaufen1 bin und weil sich 42,195 Kilometer auf der Strecke dann doch sehr viel weiter angefühlt haben, als auf dem Papier.

Aber ich hätte schon gern eine vier bei der Stundenzahl stehen und keine fünf.
Und weil ich andere immer wieder darauf hinweise, dass „mimimi“ prinzipiell nichts ändert, sondern man schon über seinen Schatten springen muss und am Ende dann „einfach mal machen“2, hatte ich geplant, vielleicht doch noch mal einen zu laufen3.

Die Monate zogen ins Land und die interne Akzeptanz der 5 wuchs und gedeihte. Immerhin war ich ihn ja gelaufen4 und es ist schon verdammt weit5.

Vermutlich wäre das Vorhaben sanft und selig entschlummert, wenn mein Arbeitgeber keine Startplätze für den Berlin-Marathon ausgeschrieben hätte, für die man sich bewerben konnte. Da ich sprachlichen Herausforderungen viel aufgeschlossener gegenüber stehe als körperlichen und ich das „short“ in

giving a short statement why you should be part of the team

irgendwie überlesen haben muss, habe ich in die Tasten gegriffen und mich beworben.

Je nachdem wen man fragt, haben sich entweder weniger Menschen beworben als Plätze zur Verfügung standen, oder meine schriftstellerischen Fähigkeiten liegen weit über meinen läuferischen6.
Auf jeden Fall hatte ich eine Woche später eine Email mit folgendem Inhalt in meinem Postfach:

Unter allen eingegangenen Bewerbungen für einen von fünf Startplätzen beim 43. BMW Berlin Marathon wurden Sie ausgewählt. Herzlichen Glückwunsch!

Mein allererster Gedanke war
„yeah, ich hab‘ vorher noch nie was gewonnen“,

kurz darauf kam dann
„fuck, jetzt muss ich da ja laufen7

gefolgt von einem
„wieviel Zeit habe ich denn noch?“

Hier liest vermutlich niemand, der mich nicht kennt und falls doch:
In der langen Reihe meiner Vorfahren – irgendwo zwischen Archaebakterium und mir – findet sich vermutlich ein Tiefseefisch.
Das würde zumindest erklären, warum ich nur unter Druck funktioniere und ansonsten eher so vor mich hin prokrastiniere.
Das klappt im normalen Leben auch ganz oft völlig problemlos, bei so Dingen wie Ausdauer-Sport geht das wegen des Worts „Ausdauer“ aber schief.

Um in den verbleibenden 37 Tagen zumindest das extrinsische Motivationslevel zu erhöhen8, gibt es diesen Beitrag.

Mit Bild.

Photoshop kann ich nämlich auch besser als Laufen.

berlin

  1. Ja, ich bin ihn viel mehr gegangen, als gelaufen, ich weiß []
  2. An dieser Stelle „Danke“, dass ihr trotzdem noch mit mir sprecht. Ich weiß, dass niemand Klugscheißer mag []
  3. Und sei es nur deshalb um zu zeigen, dass solche Sachen auch scheitern können []
  4. Ja, gegangen. Können wir das Thema jetzt mal sein lassen? []
  5. ziemlich genau von Ravensburg nach Biberach, von Achern nach Lahr, von Zürich nach Schaffhausen. Am Stück. Zu Fuß []
  6. Das ist ein Komparativ und sagt angesichts meiner läuferischen Qualitäten so gar nichts über meine sprachlichen aus []
  7. dieses Mal will ich wirklich laufen []
  8. Da reicht bei mir schon die implizite Erwartungshaltung anderer []

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