Landtagswahl in Baden-Württemberg – Bildungspolitik mal wieder

Hatte ich schon erwähnt, dass ich den Blog der baden-württembergischen SPD toll finde, weil man da immer so viele Dinge findet, an denen man sich abarbeiten kann?

Gerade bin ich über einen – zugegebenermaßen älteren – Artikel gestolpert:

Landtagswahlen 2011 – den Blick nach vorn!

Besonders schlecht schneidet das baden-württembergische Schulsystem aber bei der Integration von ausländischen SchülerInnen ab, die die Schule dreimal so oft wie ihre deutschen Mitschüler ohne jeglichen Abschluss verlassen.

Prinzipiell stimmt diese Aussage. Allerdings kann man daraus keinerlei quantitativen Erkenntnisse ableiten.

Das grosse Missverhältnis zwischen ausländischen und inländischen Schulabbrechern liegt in der geringen Quote der deutschen Schulabbrecher begründet.

Nehmen wir zum Vergleich mal Rheinland-Pfalz.

  • In Baden-Württemberg schliessen 4,3% der deutschen Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss ab, in Rheinland-Pfalz sind es 6,3%.
  • In Baden-Württemberg schliessen 13,7% der ausländischen Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss ab, in Rheinland-Pfalz sind es 15,9%.
  • Das Verhältnis liegt in Baden-Württemberg bei 3,2 und in Rheinland-Pfalz bei 2,5.

Die Quote der ausländischen Schulabbrecher ist sicher zu hoch, allerdings bringt es nichts, wenn man das durch eine hohe Quote deutscher Schulabbrecher kompensiert.

Baden-Württemberg liegt bezogen auf die deutschen Schulabgänger mit Abschluss einsam an der Spitze und bei den ausländischen Schulabgängern mit Abschluss im vorderen Drittel.

Da die SPD ja gemäß ihrer Wahlkampf-Charta im nächsten Wahlkampf unter anderem folgendes für sich beansprucht:

Von uns wird es kein Werbemittel geben ohne Substanz. Kein Plakat, kein Spot ohne Botschaft und keine Botschaft ohne konkrete Erläuterung. Dafür erfinden wir die politischen drei Zeilen: verständlich und kompetent, aber wie gesagt phrasenfrei.

wird es obiges Zitat nicht mehr geben. Kompetenz und Phrasenfreiheit sieht zumindest für mich anders aus. Vielleicht habe ich das mit den politischen Zeilen (kann mir mal jemand erklären, was das überhaupt ist?) aber auch einfach nur falsch verstanden.

Das statistische Monatsheft

Manche Publikationen liegen ungerechter Weise im Schatten der großen Sau, die immer häufiger und immer schneller durch’s Dorf getrieben wird.

Eine davon (Publikation, nicht Sau) ist das statistische Monatsheft des statistischen Landesamts Baden-Württemberg, dessen April-Ausgabe gerade erschienen ist.

http://www.statistik-bw.de/Pressemitt/2010122.asp

Das Monatsheft ist elektronisch kostenlos verfügbar. In der aktuellen Ausgabe sind mir 3 Berichte aufgefallen, zu denen ich meinen Senf geben möchte:

Zum einen das Schaubild des Monats, auf dem man die Übergänge aus Grundschulen auf Gymnasien prozentual und nach Landkreisen getrennt aufgezeichnet hat.

2010041001

Quelle: http://www.statistik-bw.de/Veroeffentl/Monatshefte/PDF/Beitrag10_04_10.pdf

Ein paar Zitate aus dem zugehörigen Bericht:

So schwankten die Übergänge auf das Gymnasium zwischen 27,8 % im Hohenlohekreis und 58,2 % im Stadtkreis Heidelberg.

Ich bin mir sicher, dass man im Hohenlohekreis auf noch viel niedrigere Zahlen käme, wenn man die zwei Städte mit Gymnasium (Öhringen und Künzelsau) getrennt vom restlichen Landkreis betrachtete. Es scheint, als hätten wir in der Bildung ein Stadt/Land-Problem. Wenn man über obige Karte eine Karte mit den Bevölkerungsdichten legt, wird man keine grossen Unterschiede feststellen.

Diese großen Differenzen gehen aber nur zum Teil auf unterschiedliche Empfehlungen der Grundschulen zurück. Oft weichen auch die Elternwünsche von der Grundschulempfehlung ab.

Ich bin sicher nicht repräsentativ, aber aus meinem persönlichen Umfeld kenne ich 4 Beispiele, die genau zu obigem Zitat passen. Die Begründungen der Eltern reichten von „wenn das Kind auf die Werkrealschule geht, muss es nicht mitten in der Nacht schon zum Bus“ bis hin zu „er hatte in der 4. Klasse einen Durchhänger, der fängt sich wieder und ohne Abi ist in der heutigen Zeit Hartz IV doch schon vorprogrammiert“

Ich konnte die jeweiligen – teilweise viel ausführlicheren – Begründungen nachvollziehen und habe als Vater glücklicherweise noch fast 3 Jahre Zeit mir zu überlegen, was ich denn machen würde, wenn die Grundschulempfehlung meiner Kinder nicht dem entspricht, was ich mir vorstelle/wünsche/erhoffe