spiegel online hat die „Krise der Sozialversicherung“ entdeckt und lässt den Praktikanten zum Thema „Rente verkommt zum Hungerlohn“ schreiben.
Prinzipiell greift der Artikel einige wichtige Punkte auf (allerdings Jahre zu spät), allerdings sind die Schlüsse, die dann am Ende des Artikels gezogen werden doch relativ einseitig. Dass ich noch mal zum Verteidiger des Generationenvertrags werden würde, hätte ich auch nicht gedacht aber bei Aussagen wie diesen:
Im Hinblick auf die Altersversorgung haben sich mehr als vier Jahrzehnte Arbeit nicht gelohnt – denn Hartz IV gibt es ohnehin.
Erstens heisst es Grundsicherung (dass mag für einen Praktikanten nicht ganz so wichtig sein, aber inhaltlich sollte es trotzdem stimmen) und zweitens gilt das auch für private Rentenversicherungen oder Mieteinnahmen, die an der Grundsicherung angerechnet werden.
Wie ungerecht das ist, zeigt folgende Rechnung: Wer heute Anfang 20 ist und es trotz aller Widrigkeiten noch irgendwie schafft, ein Eckrentnerleben zu führen, der kann um das Jahr 2050 auf eine Rente von 2700 Euro hoffen. Könnte dieser vorbildliche Arbeitnehmer seinen Rentenbeitrag und den des Arbeitgebers allerdings für sich zur Seite legen, und würde das Geld mit 3,5 Prozent pro Jahr verzinst (was auf lange Sicht alles andere als unrealistisch ist), bekäme er in 45 Jahren die stattliche Summe von einer Million Euro ausgezahlt.
Denn das Geld lässt sich auch ganz trivial zur Seite legen oder in ein Haus oder eine Wohnung investieren, die dann im Alter die Lebenshaltungskosten senkt. Sicherer als die staatliche Rente ist das allemal.
Vergessen wird dabei komplett die Inflation. Es geht gar nicht so sehr um eine Hyperinflation (wobei die in der jetzigen Zeit nicht unwahrscheinlicher geworden ist), es geht um längere Zeiträume mit mittlerer Inflation. Aus 1’000 D-Mark im Jahr 1970 wurden inflationsbereinigt 526 D-Mark im Jahr 1982. Demgegenüber betrug die Eckrente im Jahr 1970 3’376 DM und im Jahr 1982 8’317 DM. Die Inflation ist an der gesetzlichen Rentenversicherung spurlos vorüber gegangen.
Und wieviel ein renovierungsbedürftiges Häusschen mit dem Standard der 60er-Jahre im Jahr 1986 noch gebracht hat, musste ich miterleben, als meine Großeltern ihr Haus verkauft haben. Ich weiss nicht, wieviel ein Fertighaus aus den frühen 90er-Jahren (womöglich in der tiefsten Provinz) im Jahr 2025 noch bringt, wenn es den Besitzern zu groß und teuer geworden ist. Man kann ja mal einige südwestdeutsche Zahnärzte fragen, wie sicher ihre Immobilien in Dessau, Tschorna, Frankfurt/Oder sind.
Natürlich hat die gesetzliche Rentenversicherung grosse Probleme, weil die Leute immer länger Rente bekommen, immer weniger einbezahlen und immer weniger einbezahlt wird. Aber man sollte beim in den Himmel loben der privaten Vorsorge nicht vergessen, dass auch sie einige Schattenseiten hat.