Si tacuisses Herr Krings

Das Gesetz zum Leistungsschutzrecht wurde mit einem neuen Referentenentwurf überarbeitet und findet nicht das Gefallen des CDU-Fraktionsvizes Günter Krings.

Der CDU-Rechtspolitiker [Günter Krings] wundert sich, dass das Bundesjustizministerium trotz drei Jahren Vorarbeit den erst vor der Sommerpause vorgelegten ersten Anlauf „jetzt schon wieder überarbeitet“. Das sehe „mehr nach Getrieben-Sein als nach Gestalten-Wollen“ aus.1

Oh Herr Krings, vielleicht möchten ja nicht alle erst vom Bundesverfassungsgericht darauf hingewiesen werden, dass ihre Gesetze für die Tonne sind. Ihre Bilanz sieht da schon auf den ersten Blick recht „ernüchternd“ aus.

  • Bundestags-Wahlrecht: 3 Jahre Zeit, Änderungen komplett verfassungswidrig
  • Europa-Wahlrecht: verfassungswidrig
  • Begleitgesetz zum Vertrag von Lissabon: teilweise verfassungswidrig
  • Vorratsdatenspeicherung: verfassungswidrig

Der Bundestag hat eine schöne Statistik der für nichtig oder verfassungswidrig erklärten Bundesgesetze und zwar hier:

http://www.bundestag.de/dokumente/datenhandbuch/10/10_06/index.html

Haben Sie mal nachgezählt, an wie vielen verfassungswidrigen oder für nichtig erklärten Bundesgesetze Sie seit 2005 mitgewirkt haben?

Ich wäre in Anbetracht der vielen Verstöße für die Einführung einer three strikes Regel, die Sie ja in anderen Rechtsfeldern durchaus ebenfalls befürworten.

Wer an mindestens 3 als verfassungswidrig erklärten Gesetzen mitgewirkt hat, verliert für 4 Jahre das passive Wahlrecht.

  1. http://www.heise.de/newsticker/meldung/Leistungsschutzrecht-bleibt-Zankapfel-1655659.html []

Und dafür wollt ihr ein Leistungsschutzrecht – Teil 2

Es geht um diesen Artikel in der Süddeutschen Zeitung: Eine höhere Pendlerpauschale ist sozial ungerecht.

Angesichts der hohen Kraftstoffpreise setzt sich die FDP für eine erhöhte Pendlerpauschale ein. Wem würde eine Erhöhung nützen? Steuerprofessor Frank Hechtner hat im Auftrag der „Süddeutschen Zeitung“ errechnet: Vor allem Gutverdiener und Alleinstehende würden von der Anhebung um zehn Cent profitieren – geringere Einkommen könnten leer ausgehen.

Mir wären ja 4 Dinge peinlich, wenn ich Redakteur der Süddeutschen Zeitung wäre:

  1. Dass jemand in der Redaktion auf die Idee kommt, dass man für die Beantwortung einer solchen Frage einen Steuerrechtsprofessor braucht
  2. Dass es in der Redaktion niemanden zu geben scheint, der auch nur im Ansatz minimales Basiswissen des deutschen Steuerrechts zu haben scheint und das Ganze schnell selbst ausgerechnet hat
  3. Dass irgendwer auf die Idee kommt, es könne sich dabei überhaupt um eine Nachricht handeln (gut, das sagt auch einiges darüber aus, wie die Süddeutsche Zeitung ihre Leser einschätzt)
  4. Dass so ein Artikel ein Leistungsschutzrecht zugestanden bekommt. Wobei, vielleicht geht es ja den Verlagen gar nicht darum, Gelder einzunehmen sondern nur darum, dass niemand mehr ihren teilweise hanebüchenen Unsinn zerpflückt.

Liebe Redakteure der Süddeutschen Zeitung, ich habe da eine vielleicht unangenehme Überraschung für Euch:

Von höheren Werbungskosten profitiert ein Mensch mit höherem Grenzsteuersatz immer mehr, als ein Mensch mit niedrigerem Grenzsteuersatz. Jemand der gar keine Steuern zahlt, profitiert von Werbungskosten gar nicht. Behaltet das im Gedächtnis, wenn demnächst ein Redakteur auf die Idee kommt, dass ja reiche Menschen viel mehr als arme davon profitieren, dass sie ein Buch, welches sie für berufliche Zwecke gekauft haben, von der Steuer absetzen können.

Werbungskosten wirken immer mit dem Grenzsteuersatz. Das kann man gerecht finden oder nicht, aber es ist so. Dafür zahlt der mit dem höheren Gehalt auch viel mehr Steuern als einer mit niedrigem Gehalt.

Und dafür wollt ihr ein Leistungsschutzrecht?

Die Süddeutsche Zeitung hat vermutlich jemanden beschäftigt, der sich durch die Bundestagsdrucksachen liest und ist dabei auf BT-Drs 17/8928 gestossen, in der die Linke unter anderem wissen will:

Welcher Rentenanspruch ergäbe sich rechnerisch aus einer geringfügigen Beschäftigung in Höhe von 400 Euro innerhalb eines Jahres jeweils bei Wahrnehmung und Nichtwahrnehmung der Möglichkeit der freiwilligen Aufstockung der Rentenbeiträge, wenn dieser über 45 Jahre ausgeübt wer den würde?

Davon abgesehen, dass das jeder selbst ausrechnen kann, denn die Zahlen stehen bei der Deutschen Rentenversicherung, plustert die Süddeutsche Zeitung das Ergebnis auf, als wäre man einem riesigen, bisher vertuschten Skandal auf die Schliche gekommen:

Millionen Frauen müssen befürchten, im Alter arm zu werden – obwohl sie arbeiten. Betroffen sind vor allem Minijobberinnen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervor, die der „Süddeutschen Zeitung“ vorliegt.

Das wusste wirklich niemand. Wie konnten sie nur.

Davon abgesehen, liegt die Antwort der Bundesregierung ziemlich bald jedem mit Internet-Anschluß vor, die BT-Drs  17/9117, aus der die Süddeutsche vermeintlich konspirativ zitiert, wird vermutlich bald online gestellt1 .

Aber zurück zum Thema. Wer bei google nach „45 Jahre gearbeitet – 140 Euro Rente“ sucht, findet über 200 Treffer. Fast alle zitieren die Süddeutsche Zeitung, nur ganz wenige sind auf die Idee gekommen, selbst in die Drucksache zu schauen, oder nachzudenken, bevor sie etwas schreiben. Dann wäre nämlich aufgefallen, dass die vermeintliche Schlagzeile eine Binsenwahrheit ist.

Aber für die versammelte Presse zum nachlesen und etwas vereinfacht:

Deutsche Renten werden nach sogenannten Entgeltpunkten berechnet. Für jeden Beitrag erwirbt man Anteile an Entgeltpunkten. Im Jahr 2012 bekommt man bei einem Bruttogehalt von 2’625 €/Monat einen Entgeltpunkt fürs ganze Jahr. Für ein Bruttogehalt von 400 € bekommt man einen entsprechenden Bruchteil, nämlich 0,1523 Entgeltpunkte (400/2625). Bei Minijobbern kommt als Ausnahme dazu, dass der Arbeitnehmer nichts abführen muss, der Arbeitgeber aber 15,1% des Bruttolohns. Der Arbeitnehmer kann zwar auf die aktuell 19,6% aufstocken, er muss aber nicht. Wenn nur der Arbeitgeber bezahlt, dann gibt es noch weniger, nämlich 0,1174 Entgeltpunkte (400/2625*15,1/19,6).

Nach 45 Beitragsjahren hat die Minijobberin, die den Anteil des Arbeitgebers aufgestockt hat dann 6,85 Entgeltpunkte (45*0,1523), diejenige, die nicht aufgestockt hat 5,28 (0,1174*45).

So ziemlich jedes Jahr wird der sogenannte Rentenwert angepasst, der multipliziert mit den persönlichen Entgeltpunkten die Rentenhöhe ergibt. Momentan liegt dieser Wert bei 27,47 €.

Jetzt noch eine einfache Multiplikation und man kommt auf 145,04 € bzw. 188,17 €.

Aus 400 € Monatsverdienst werden also 188,17 € Rente. Man bekommt also 47,25% des letzten Bruttogehalts als Rente ausgezahlt.

<Trommelwirbel>

dieses Verhältnis gilt für alle Arbeitnehmer unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze

</Trommelwirbel>

Wer 45 Jahre durchschnittlich verdient (momentan 2’625 €/Monat) bekommt am Ende 1236,15 € Rente (45 * 27,47 €).

Wo ist da jetzt die Meldung?In insgesamt über 200 Zeitungen?

Ich meine, was hatte die Süddeutsche Zeitung denn erwartet? Dass da plötzlich 600 € Rente für einen Minijobber draus werden?

Die gesetzliche Rentenversicherung basiert auf einem Umlagesystem. Jeder eingenommene Euro geht spätestens 2 Monate später als Rentenzahlung wieder raus. Es bleiben nur die Entgeltpunkte. Aber selbst wenn es ein kapitalgedecktes System wäre. Der Minijobber (bzw. sein Chef) zahlt in seinen 45 Beitrags-Jahren insgesamt 42’336 € (45 * 12 * 400 * 0,196) ein.

Sollte er den Rentenbeginn um 15 Jahre überleben, bekommt er insgesamt 33’780,60 € als Rente und weitere 2’472 € zahlt die Rentenversicherung an die Krankenversicherung.

Wie ich gerade sehe, bin ich nicht der erste, dem das auffällt.

[Update]

Die oben erwähnte Bundestagsdrucksache ist online und zwar hier:

http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/091/1709117.pdf

[/Update]

  1. sie ist es jetzt, der Link funktioniert []