Bundestag lehnt Wahlrechtsreform ab

leider auch mit den Stimmen meiner Partei.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht 2008 festgestellt hat, dass das bisherige Bundeswahlgesetz verfassungswidrig ist, weil es

darauf ausgelegt ist oder doch jedenfalls in typischen Konstellationen zulässt, dass ein Zuwachs an Stimmen zu Mandatsverlusten führt oder dass für den Wahlvorschlag einer Partei insgesamt mehr Mandate erzielt werden, wenn auf ihn selbst weniger oder auf einen konkurrierenden Vorschlag mehr Stimmen entfallen,

und dies

zu willkürlichen Ergebnissen [führt] und [..] den demokratischen Wettbewerb um Zustimmung bei den Wahlberechtigten widersinnig erscheinen [lässt].

war die grosse Koalition der Meinung, dass das Gericht ja bis 2011 Zeit gegeben hätte und es auf einen verfassungswidrig zustandegekommenen Bundestag mehr oder weniger auch nicht ankäme.

Allzu durchsichtig ist bei der CDU der Grund für die Ablehnung, werden doch für die Wahl im September die meisten Überhangmandate für die CDU erwartet.

Warum das so ist, kann man sich vor Augen führen, wenn man sich die direkt gewählten Kandidaten (das sind die mit der Erststimme) pro Bundesland mal anschaut, zum Beispiel hier. Unten stehen Anmerkungen in [eckigen Klammern], die kann man überspringen, wenn’s zu kompliziert wird.

Baden-Württemberg war ein verlässlicher Überhangsmandatbringer, weil fast alle Wahlkreise von CDU-Kandidaten gewonnen wurden.

33 CDU-Abgeordnete standen bei der letzten Wahl 4 SPD-Abgeordneten gegenüber.

[Sollten Sie sich die Seite anschauen, lassen Sie sich nicht verwirren, dass da jetzt nur noch 31 CDU-Abgeordnete stehen, 1 Abgeordneter der CDU ist verstorben und 1 Abgeordneter ist ausgeschieden. Da in Überhangmandate nicht nachgerückt wird, schrumpft die Zahl. Das müssen Sie sich nicht merken, das kommt später noch mal ausführlich].

Die CDU hatte bei der Bundestagswahl 2005 ein Ergebnis von 39,2% der Zweitstimmen [bzw. 40,96% der Zweitstimmen, die an Parteien gegangen waren, die die 5%-Hürde übersprungen hatten]. Eigentlich hätte sie mit diesem Ergebnis nur 30 Abgeordnete nach Berlin entsenden dürfen. Da man aber die Wahlkreisgewinner (Erststimme) nicht einfach nach Hause schicken konnte (bzw. nicht nicht nach Berlin schicken), ergaben sich Überhangmandate für die CDU.

Die Sitze wurden ganz normal auf die Parteien verteilt (30 CDU, 23 SPD, 8 Grüne, 9 FDP, 3 Linke) und die zusätzlichen Wahlkreisgewinner der CDU als Überhangmandate nach Berlin geschickt (dabei gibt es nicht einen speziellen Abgeordneten, der überhängt, es gibt nur die Anzahl 3). Da es keine Ausgleichsmandate gibt, konnte die CDU mit einem Stimmenanteil (Zweitstimme) von 39,2% einen Sitzanteil von 43,4% erringen.

Wenn man jetzt mal davon ausgeht, dass es der SPD bei der nächsten Bundestagswahl vermutlich nicht gelingen wird, mehr als die 4 Direktmandate zu erringen (bzw. wenn man davon ausgeht, dass der Anteil sogar sinkt, weil der Lörracher und der Stuttgarter Wahlkreis eher wackelig sind) und wenn man weiterhin davon ausgeht, dass die CDU ihr Ergebnis von 2005 vermutlich nicht ganz halten wird, dann erhöht sich die Zahl der Überhangmandate für die CDU weiter.

Aus diesem Grund ist für einen Baden-Württemberger, der gerne eine schwarz-gelbe Koalition am 27. September gewinnen sähe, jede Zweitstimme für die CDU eine verschenkte Stimme und er müsste FDP wählen. Der CDU reichen prinzipiell ihre Direktkandidaten.