II. Akt, 1. Szene

Wenn diese Szene eine Unterüberschrift hätte, dann würde sie vermutlich „Ovulationsrhythmussynchronisation, Spiegelneuronen und irgendwer blutet ja immer“ lauten.

Das folgende ist ein echtes Zitat:

ich glaube, wenn Du eine Frau wärst, hätten wir schon lange einen synchronen Zyklus

Das Problem mit solchen Komplimenten ist bei mir nicht, dass ich sie nicht einschätzen kann oder mich frage, ob das überhaupt ein Kompliment sein soll, sondern dass ich – weil mich ja alles interessiert – anfange zu lesen. Und weil wir seit Jahren aus der Werbung wissen, dass die Geschichte der Menstruation eine Geschichte voller Missverständnisse ist und Frauen im Monat an 3-6 Tagen blaue Ersatzflüssigkeit bluten, möchte ich mithelfen, das ein oder andere Missverständnis zu klären.
Nicht, dass ich den Anspruch hätte, mich in die Reihe der Pioniere der menstruellen Synchronie einzureihen, die sich teilweise 20 Jahre mit diesem Thema beschäftigten, aber für einen kurzen Überblick mit Überleitung zu persönlichen Konsequenzen reichts. Den letzten Satz habe ich nur hingeschrieben, weil ich den Ausdruck „Pionier der menstruellen Synchronie“ so klasse finde. Früher hat man fremde Kontinente entdecken müssen, oder eine Kutsche die von selber fährt, um ein Pionier zu werden. Mittlerweile reicht – und zwar ohne dass ich das kleinreden möchte – sowas. Die Forscher haben meine größtmögliche Hochachtung. Vermutlich war das Befahren des Kongo um einiges ungefährlicher als Interviews mit Frauen, die PMS haben.

Im Gegensatz zur modernen Forschung, die von einer pheromonalen Ursache ausgeht, die anders als von der ursprünglichen Theorie vermutet nicht die Menstruation synchronisiert sondern den Eisprung, gehe ich aufgrund eigener Anschauung davon aus, dass es etwas mit Spiegelneuronen zu tun hat.

Spiegelneuronen kann man relativ kurz mit einer urban legend erklären. Wenn man sich vor einen Trompeter stellt und in eine Zitrone beisst, hört der Trompeter auf zu spielen, weil sich seine Lippen verziehen und er den Ansatz verliert. Vereinfacht gesagt werden, wenn wir einen Menschen etwas machen sehen, die gleichen Hirnareale aktiviert, die aktiviert werden, wenn wir es selbst tun. Allerdings nur im Gehirn. Meine Trainerin anzustarren bringt also zumindest leistungsmäßig nichts, vielleicht kann ich es aber wenigstens als Entschuldigung anbringen, wenn das nächste „buh“ kommt.

Zurück zu den Spiegelneuronen. Die funktionieren nicht nur bei Bewegungen, sondern auch bei Gefühlen, die sich ja oft über die Mimik ausdrücken. Und in meinem speziellen Fall scheinen sie auch bei Hormonspiegeln zu funktionieren. Anders, und da kommt jetzt die Brücke zum ersten Akt, kann ich es mir nicht erklären, dass ich in den 3 Wochen Kur eigentlich durchgängig müde, abgespannt und schlecht gelaunt war. Irgendjemand hat in dieser Kureinrichtung garantiert immer menstruiert oder war kurz davor oder danach.

So und jetzt muss ich noch mal auf das Zitat vom Anfang zurück kommen und ein wenig weiter ausholen. Die deutsche Sprache, die ich sehr schätze, auch wenn manche mir nachsagen, ich würde sie mit diesem Blog nicht wertschätzen, die deutsche Sprache also hat für ganz unterschiedliche Gefühle das gleiche Verb bzw. Nomen. Ich liebe meine Eltern, ich liebe meine Frau und ich liebe meine Kinder. Manche lieben schnelle Autos oder mongolisches Essen, was ich zwar nicht nachvollziehen kann, aber Geschmack ist halt etwas sehr subjektives. Alles unter dem Wort „Liebe“.
Der Grieche, der auch länger dazu Zeit hatte, hat verschiedene Worte gefunden: Eros, Storge, Agape und Philia.

Das alles kommt aber in die 2. Szene, denn jetzt kommt der

– Vorhang –

2 Gedanken zu „II. Akt, 1. Szene“

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