Abgeordneter der Woche: Thomas Strobl, CDU

Thomas Strobl wird 2 Stunden nachdem im Bundestag die 3. Lesung und Verabschiedung des

Gesetz[es] zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in Kommunikationsnetzen

war, im Kölner Stadtanzeiger mit folgenden Worten zitiert:

Wir gehen nach Winnenden nicht zur Tagesordnung über. Wenn es einen Nachweis gibt, dass sich Killerspiele negativ auf das Verhalten Jugendlicher auswirken, dann kann das Internet kein rechtsfreier Raum sein.


Sehr geehrter Herr Strobl,

das Internet war kein rechtsfreier Raum. Wer in Deutschland illegal Musik zum Download bereithält, wird verfolgt, wer kinderpornographisches Material auf seinem Server bereithält wird verfolgt, wer kinderpornographisches Material aus dem Internet konsumiert wird verfolgt (siehe z.B. die durchgeführten Aktionen „Himmel“ und „Mikado“ mit teilweise katastrophalen Kollateralschäden), wer im Ausland volksverhetzendes Material veröffentlicht, wird verfolgt.

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Menschen wie Sie machen es zu einem. Durch eine Stopp-Seite verschwindet kein einziges Angebot aus dem Internet, durch eine Stopp-Seite wird keine einzige Straftat verfolgt, durch eine Stopp-Seite wird kein einziger Missbrauch an einem Kind verhindert. Aber wir müssen uns das in Deutschland dann wenigstens nicht mehr anschauen, das genügt ihnen. Ich habe von ihnen in den letzten 4 Jahren sehr wenig zum Thema internationale Zusammenarbeit im Bereich Kinderpornographie gelesen (genauer gesagt, habe ich gar nichts gelesen), wenn man sich anschaut, wie gern (bzw. wie wenig) die Bundesregierung UN-Konventionen und fakultative Zusatzprotokolle unterzeichnet, in denen es um den Schutz von Kindern geht, wundert mich das allerdings auch nicht. Selbst die von Ihrer Kollegin Krogmann diffamierten Kasachen sind schneller.

Jetzt also Killerspiele.

Durch den Einfluß von Alkohol im Strassenverkehr sind in den letzten 10 Jahren in Deutschland annähernd 10’000 Menschen getötet worden, 1/3 aller Straftaten wird unter Alkoholeinfluß begangen. Ich denke der Nachweis, dass sich Alkohol negativ auf das Verhalten von Erwachsenen auswirkt, ist erbracht. Wann darf ich mit einem entsprechenden Gesetzesentwurf rechnen?

Zum Schluß ein Zitat aus der gestrigen Bundestagssitzung:

Das einzig Gute, was man über Ihr Gesetz sagen kann, ist, dass es offensichtlich gut gemeint sein könnte;

Max Stadler, FDP

Parteienverdrossenheit?

Prof. Dr. Niedermayer von der FU Berlin gibt jedes Jahr eine Dokumentation über die Parteimitglieder in Deutschland heraus, die durchaus lesens- und anschauenswert ist.

2007 waren 2,01% der beitrittsberechtigten Bevölkerung Parteimitglieder, das ist verglichen mit den 3,32% im Jahr 1991 ein Rückgang um über 1/3. Im Vergleich zum Jahr 1980 hat sich der Anteil der Parteimitglieder halbiert.

Das lässt sich mit einem Blick in die Altersstruktur der beiden grossen Parteien recht gut erklären. Ohne jetzt völlig pietätlos wirken zu wollen, sterben CDU und SPD die Mitglieder weg, während von unten nichts nachrückt.

1990 lag der Anteil der Generation 60+ bei den Volksparteien noch unter 30% (CDU: 29,2%, SPD: 24,6%), im Jahr 2007 lag er nahe bei 50% (CDU: 48,0%, SPD: 46,7%). Der Anteil der U30-Generation ist im gleichen Zeitraum von ohnehin niedrigen Werten (CDU: 6,6%, SPD: 10,2%) nochmals abgesunken (CDU: 5,1%, SPD: 5,8%). Im Vergleich zu den 70er-Jahren hat sich der Anteil der U30-Mitglieder bei der CDU halbiert und ist bei der SPD gar auf 1/4 gefallen. Die sind vermutlich alle in der Partei geblieben und erhöhen jetzt so langsam den Ü60-Anteil. Der Anstieg in der SPD seit dem Jahr 2000 (von 4,4% auf 5,8%) ist vermutlich nicht einer vermehrten Attraktivität der SPD für junge Menschen zu verdanken sondern der allgemein sinkenden Anzahl an Parteimitgliedern (seit dem Jahr 2000 haben im Saldo annähernd 200’000 Menschen der SPD den Rücken gekehrt).

Einzig die beiden kleinen Parteien FDP und Grüne erfreuen sich eines Anteils der U30-Generation, der im zweistelligen Bereich liegt (FDP: 10,7%, Grüne: 13,3%).

Das ist vermutlich ein selbstverstärkender Effekt. Ortsvereine, in denen hauptsächlich alte Menschen (mit 40 Jahren Parteizugehörigkeit) sitzen, die das Sagen und mit der Lebenswirklichkeit von jungen Menschen oft nur wenig gemein haben, wirken vermutlich nicht sehr anziehend. Wenn dann noch bei der SPD dazukommt, dass sich die Parteispitze in den Zielen immer weiter von der Basis entfernt und man bei der CDU nur durch jahrelange Kärrnerarbeit in Orts-, Kreis-, Bezirks- und Landesverbänden nach oben kommt, braucht man vermutlich eine ganze Menge mehr Durchhaltevermögen, als es der jetzigen jungen Generation zu Eigen ist.

Vermutlich gibt es auch aktive Ortsverbände, die jungen Mitgliedern eine Chance zur Mitarbeit geben, die erkannt haben, dass das Schmoren im eigenen Saft zu nichts führt, aber ob das für den Grossteil gilt?

Und zum Abschluß noch eine persönliche Bemerkung:

Liebe CDU- und SPD-Führungsgremien,

es ist schön, wenn Ihr Euch jetzt der Dinge annehmt, die für jüngere Zielgruppen relevant sind (Paintball, „Killer“-Spiele, Internet). Ihr solltet nur noch ein wenig daran arbeiten, wie Eure Entscheidungen diesbezüglich ausfallen.

unwählbar

ja, ich weiß dass nur knapp 30% aller Wähler am 30. September unter 40 Jahre alt sind und ja, ich weiß auch, dass diese Bevölkerungsgruppe nur unterdurchschnittlich ihr Wahlrecht wahrnimmt.

Dass die CDU durch solche Aussagen

In jedem Fall sollte aber meines Erachtens in der Debatte, welche Maßnahmen zur Gewaltprävention ergriffen werden, die von den Bundesministern von der Leyen und Schäuble vorgeschlagene Sperrung von kinderpornographischen Seiten im Internet mit Blick auf Killerspiele neu diskutiert werden.

Thomas Strobl, CDU, MdB

vermutlich auch noch die letzten der U40-Generation verliert, wird ihr deshalb vermutlich egal sein.

Mir aber nicht. Eine Partei, die mir vorschreiben möchte, was ich in meiner Freizeit mache (ohne dabei andere auch nur im geringsten zu beeinträchtigen), ist für mich unwählbar.

Ich darf mich jeden Tag mit Alkohol zuschütten, ich darf Britt, Oliver Geissen und andere Trash-Talk-Sendungen in den privaten schauen, Ultimate Fighting Kämpfe, in denen sich echte Männer in echte Bewusstlosigkeit prügeln, finden in Deutschland statt, aber einen ego-shooter auf dem Computer zu spielen, muss verboten werden.