Artikel 70 III Thüringer Landesverfassung

Nur für all diejenigen, die sich gefragt haben, wer denn Ministerpräsident in Thüringen werden könnte, wenn die SPD weder mit der CDU (wegen Althaus) noch mit der Linken (weil man bei denen nicht Juniorpartner sein will) koaliert.

Artikel 70 III Thüringer Landesverfassung

Der Ministerpräsident wird vom Landtag mit der Mehrheit seiner Mitglieder ohne Aussprache in geheimer Abstimmung gewählt. Erhält im ersten Wahlgang niemand diese Mehrheit, so findet ein neuer Wahlgang statt. Kommt die Wahl auch im zweiten Wahlgang nicht zustande, so ist gewählt, wer in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen erhält.

Und jetzt noch schnell die Sitzverteilung nach der vorgestrigen Wahl:

CDU        30
Die Linke  27
SPD        18
FDP         7
Grüne       6

Wenn man davon ausgeht, dass Herr Althaus wohl nicht alle Stimmen von CDU und FDP erhält, wenn er sich ohne Koalitionspartner zur Wahl stellt, reichen Herrn Ramelow für das Amt des Ministerpräsidenten ein Drittel der Stimmen von SPD und Grünen, um Ministerpräsident zu werden.

Wer jetzt einwendet, dass die CDU in der Not wohl geschlossen hinter Dieter Althaus stehen wird sollte erstens einen Blick nach Schleswig-Holstein und Hessen werfen (auch wenn’s da eher Abgeordnete der politischen Konkurrenz waren) und sich zweitens überlegen, ob denn wirklich alle CDU-Abgeordneten im thüringischen Landtag ein Interesse daran haben, dass Althaus weitermacht (was, wenn man diversen Berichten glauben darf durchaus zweifelhaft ist).

[Gewagte Theorie]

Zuerst wird Althaus abgeschossen, indem er nicht alle CDU-Stimmen bekommt und dadurch Ramelow zum Ministerpräsidenten gewählt wird. Althaus tritt zurück, Schwarz und Rot haben sich wieder lieb und wählen über einen konstruktives Misstrauensvotum (gemäß Artikel 73 der thüringischen Verfassung) Frau Lieberknecht zur neuen Ministerpräsidentin.

[/gewagte Theorie]

Doch Herr Bartsch

Das ist völlig absurd. Seit 60 Jahren Bundesrepublik hat es keinen einzigen Fall gegeben, wo die schwächere Partei den Ministerpräsidenten gestellt hat.

Wenn ich Ihren Blick auf Reinhold Maier, den ersten Ministerpräsidenten Baden-Württembergs richten darf.

Damals hatte die SPD auch 10% mehr als die FDP/DVP und trotzdem wurde Herr Maier als FDP/DVP-Mitglied Ministerpräsident.

Davon abgesehen stimme ich in Bezug auf das eher peinliche Spektakel der SPD um einen Ministerpräsidenten der Linken mit Ihnen überein.

Dialektik für Fortgeschrittene

egal was ich heute zum Thema SPD und Linke in Thüringen gehört und gelesen habe, immer wenn sich ein SPD-Mitglied geäussert hat, war plötzlich davon die Rede, dass nicht unbedingt der stärkste Koalitionspartner den Ministerpräsidenten stellen muss, so etwas habe schliesslich „keinen Verfassungsrang“, es sei „nicht in Stein gemeisselt“.

Das mag stimmen und ich vergesse jetzt auch mal das Jahr 2005, als sich die SPD kurzfristig darauf verstiegen hatte, dass die CDU (ohne CSU) ja weniger Abgeordnete hatte als die SPD und der Kanzlersessel deshalb ‚uns Gerd‘ gebührt.

Geht es rein um das Symbol, dass kein Linker in Deutschland Ministerpräsident werden soll, oder was haben sich die SPD-Mitglieder in Thüringen von ihrem Beschluß versprochen? Wie um alles in der Welt stellt sich die SPD zukünftig denn die Arbeit im thüringischen Landtag vor?

  • Herr Matschie macht von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch und boxt munter SPD-Themen gegen die eineinhalbfach stärkere Linke durch, die mitmacht, weil sonst der Herr Matschie mit dem Herrn Althaus (oder dessen Nachfolger) eine eigene Bande aufmacht?
  • Dass die Linke sich wie ein Ochse durch den Ring ziehen lässt, weil man als SPD ja mehrere Optionen offen hat? Das hätte vielleicht bei einem Sitz mehr funktioniert, aber bei 9?
  • Dass der Wähler aus Angst vor einer grossen Koalition statt der Linken die SPD wählt?

Letzteres zumindest ist schiefgegangen.

Ich bin weit davon entfernt Sympathie für die Linke (als Partei) zu empfinden (für einzelne Mitglieder gilt das nicht, sie haben zwar eine komische politische Weltanschauung, aber das denken sie auch von mir:-) ), aber einen Sozialdemokraten nur deshalb zum Ministerpräsidenten zu wählen, weil dessen Partei sonst nicht mitspielt, wäre zuviel des Guten.