Obst, Autos und Banken

ich hatte hier ja schon mal über das Schulobstgesetz berichtet. Deshalb nur in Kürze:

Die EU hat ein Programm aufgelegt, welches Schulkinder in der EU mit kostenlosem Obst versorgen soll. Das Programm ist kofinanziert, für jeden EUR aus Brüssel muss das teilnehmende Land ebenfalls einen EUR beisteuern. Deutschland wäre nicht Deutschland, wenn es keinen Streit darum gäbe, wer denn die maximal 20 Millionen EUR für das Schuljahr 2009/10 beisteuern muss. Der Bund meint, die Länder müssten (weil das ja irgendwas mit Schule zu tun hat und Kultur ist Ländersache), die Länder meinen, der Bund müsste (weil das sowas wie Absatzförderung ist und Absatzförderung ist Bundessache), die Konservativen meinen, man könnte die Schüler bzw. deren Eltern mit zur Kasse bitten, die Linken meinen, damit konterkarierte man das ganze Programm.

Ich möchte jetzt ja gar nicht damit anfangen, es in abgewrackte alte Autos umzurechnen (8’000) oder mir zu überlegen, wie lange man die HRE damit stützen könnte (ungefähr anderthalb Minuten), ich kann auch den Streit nicht schlichten, in welche Zuständigkeit dieses Schulobstprogramm fällt. Eines weiss ich allerdings:

ich find’s peinlich

Perlen deutscher und europäischer Gesetzgebung

Gestern wurde im Bundestag ein sehr weitreichendes Gesetz beschlossen, über das an anderer Stelle schon viel geschrieben wurde und wird, ich muß da nicht unbedingt noch mitmachen gemäß dem Motto, dass zwar schon alles gesagt wurde, aber noch nicht von Allen.

Mein Blick fiel auf einen ganz anderen Tagesordnungspunkt (der Hobbypsychologe in mir würde vermutlich auf Ersatzhandlung tippen):

Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über das Schulobstprogramm (Schulobstgesetz – SchulObG)

Alleine schon der Anwendungsbereich:

Dieses Gesetz dient der Durchführung der Vorschriften über die Gewährung einer Beihilfe für die Abgabe von Obst und Gemüse, verarbeitetem Obst und Gemüse sowie Bananenerzeugnissen an Kinder [..]

Sollte ich bisher noch nicht den Eindruck gehabt haben, wie würden in einem an den völlig falschen Stellen (über-)regulierten Staat leben, habe ich ihn jetzt.

Eingebracht wurde dieses Gesetz in den Bundesrat und zwar durch Niedersachsen.

Und warum das alles? Damit die armen Kinder aus Prekariatsfamilien ein bisschen mehr Vitamine zu sich nehmen?

Nein, es geht wie so oft um Geld, in diesem Fall um Geld aus Brüssel.

Das am 18.12.2008 vom Rat beschlossene europäische Schulobstprogramm (Verordnung (EG) Nr. 13/2009) sieht im Wesentlichen die Möglichkeit vor, ab dem Schuljahr 2009/2010 pro Jahr 90 Mio. Euro als Gemeinschaftsbeihilfe für neue Schulobstprogramme in den Mitgliedstaaten zur Verfügung zu stellen.

Insgesamt 12,5 Millionen EUR davon wollen in Deutschland verbraten ausgegeben werden. Dafür müssen die Länder dann

„flankierende Maßnahmen“ vorsehen, damit die Effizienz des Programms gewährleistet wird. Diese (z. B. Informationsmaterialien, Internetauftritt, Veranstaltungen, Besuche auf dem Bauernhof u. ä.) sind allein durch die Mitgliedstaaten zu finanzieren.

Fernab jeden Inhalts findet sich mein persönliches Highlight auf Seite 13

VII. Gleichstellungspolitische Bedeutung
Das Schulobstprogramm hat keine gleichstellungspolitische Bedeutung. Der Obst- und Gemüseverzehr soll bei Jungen und Mädchen gleichermaßen gefördert werden.

VIII. Gesetzesfolgen
Es ist davon auszugehen, dass durch das EU-Schulobstprogramm eine positive Wirkung auf das Ernährungsverhalten von Kindern und Jugendlichen hinsichtlich des Obst – und Gemüseverzehrs bewirkt wird.

Die glauben das vermutlich wirklich.

Nachlesen kann man das ganze übrigens inklusive Begründung hier.