Wenn man wissen will, was Sozialdemokraten vom Steuersystem verstehen,

muss man einfach nur das Wahlprogramm lesen.

Heute bekommt ein Spitzenverdiener mehr Entlastung für seine Kinder als ein Normalverdiener, dies ist ungerecht.

Für Sozialdemokrat*innen, die Kindererziehung auch gern mal als Reproduktionsarbeit bezeichnen, Kleinkinder nach Vollendung des ersten Lebensjahres am besten in die Ganztagesbetreuung schicken, um sie dem fürsorglichen, bemutternden Staat bis zum bestandenen Abitur zu überlassen, ist es natürlich ein Unding, dass sich Eltern persönlich um die Entwicklung und das Auskommen ihrer Kinder kümmern. Es ist, wie Sigmar Gabriel vor kurzem festgestellt hat ja schon ungerecht, wenn Eltern ihren Kindern bei den Hausaufgaben helfen und dabei die Eltern mit Hochschulreife ihren Kindern besser helfen können, als Eltern mit Volkschulreife1.

Aber zurück zum Steuerrecht, sonst rege ich mich nur auf.

Das Grundmissverständnis von Sozialdemokrat*innen liegt schon darin, dass die Eltern das Geld nicht vom Staat bekommen, sondern es selbst verdient haben und der Staat es ihnen gnädigerweise lässt.
Das kann man natürlich absurd finden, aber nur dann, wenn man die dem Steuerrecht zugrundeliegende Systematik entweder nicht verstanden hat, oder das Ganze völlig umbauen will zu einem System, in dem der Staat erst mal möglichst viel abschöpft, um es dann nach eigenem Gutdünken wieder zu verteilen (minus 30% Verwaltungs- und Bürokratiekosten).

Irgendwann hatte mal jemand die grandiose Idee, dass der Staat2 seine Pfoten nicht gleich auf den ersten verdienten Euro legt, sondern dass ein Mensch das Recht hat, sich erst sein lebensnotwendiges Existenzminimum zu verdienen, bevor das Finanzamt kommt.
Das gilt – Wunder über Wunder – auch für Kinder, denn auch sie haben ein Anrecht auf ein Existenzminimum. Der Kinderfreibetrag ist genau dieses. Denn auch ein Kind isst, trinkt, wohnt, möchte bekleidet sein, am Anfang scheisst es ziemlich viele Windeln voll3, es fährt mit einem Schulbus, braucht Bücher, Hefte, Stifte …

Nachdem ich mein Existenzminimum von 8’130€ verdient habe, darf ich für meine beiden Kinder noch mal jeweils 7’008€ verdienen, bevor der Fiskus kommt.
Sollte die Steuererleichterung durch die 7’008€ Freibetrag niedriger sein als das Kindergeld, bekomme ich Kindergeld, falls er höher ist bekomme ich kein Kindergeld.

Es liegt in der Natur des Steuerrechts, dass eine Verringerung des zu versteuernden Einkommens immer mit dem Grenzsteuersatz wirksam wird. Das sollte mittlerweile auch bei Sozialdemokrat*innen angekommen sein. Wer viel verdient, für den ergibt sich durch bspw. die Pendlerpauschale eine höhere Entlastung als für einen Geringverdiener, einfach weil der Gutverdiener einen höheren Steuersatz hat und damit viel mehr Steuern bezahlt als ein Geringverdiener. Das wird seltsamerweise oft vergessen, wenn man sich über diese „Ungerechtigkeit“ beklagt.

Im deutschen Steuerrecht gilt noch der Grundsatz, dass jeder nach seiner steuerlichen Leistungsfähigkeit besteuert wird. Da Leistungsfähigkeit ein ziemlich wolkiger und dehnbarer Begriff ist, versucht man, gleiches gleich und ungleiches ungleich zu behandeln. Wenn es zum Beispiel um Kinder geht, dann ist der ledige Teamleiter mit 60’000 € Jahresbrutto eben steuerlich leistungsfähiger als ein alleinerziehender Teamleiter mit 9-jähriger Tochter und ebenfalls 60’000 € Jahresbrutto.

Was in dieser Geschichte (die bekannten 10 Biertrinker in der Eckkneipe) für Steuererleichterungen gilt, gilt natürlich auch für steuerlich wirksame Aufwendungen.

 

  1. Meine Eltern haben übrigens beide nur Volkschulreife und haben ihren Kindern trotzdem ein Hochschulstudium ermöglicht []
  2. anders als die Sozialversicherungen []
  3. ich darf das schreiben, ich habe genug von diesen Dingern gewechselt []

SPD-Ideen. Heute: Kürzung des Kinderfreibetrags für Gutverdiener

„Es ist doch absurd, dass wohlhabende Bürger über den Kinderfreibetrag am Ende mehr Geld vom Staat für ihre Kinder bekommen als ärmere Familien, die auf das Kindergeld angewiesen sind.“

Sigmar Gabriel, SPD-Bundesvorsitzender

Das Grundmissverständnis von Herrn Gabriel liegt schon darin, dass die Eltern das Geld nicht vom Staat bekommen, sondern es selbst verdient haben und der Staat es ihnen gnädigerweise lässt.
Das kann man natürlich absurd finden, aber nur dann, wenn man die dem Steuerrecht zugrundeliegende Systematik entweder nicht verstanden hat, oder das Ganze völlig umbauen will zu einem System, in dem der Staat erst mal möglichst viel abschöpft, um es dann nach eigenem Gutdünken wieder zu verteilen (minus die 30% Verwaltungs- und Bürokratiekosten).

Im Falle eines Wahlsiegs plant die SPD, den Kinderfreibetrag für Gutverdiener deutlich abzuschmelzen.

Sehr geehrte Damen und Herren Sozialdemokrat*innen,
irgendwann hatte mal jemand die grandiose Idee, dass der Staat1 seine Pfoten nicht gleich auf den ersten verdienten Euro legt, sondern dass ein Mensch das Recht hat, sich erst sein lebensnotwendiges Existenzminimum selbst zu verdienen, bevor das Finanzamt kommt.
Das gilt – Wunder über Wunder – auch für Kinder, denn auch sie haben ein Anrecht auf ein Existenzminimum. Der Kinderfreibetrag ist genau dieses. Denn auch ein Kind isst, trinkt, wohnt, möchte bekleidet sein, am Anfang scheisst es ziemlich viele Windeln voll2, es fährt mit einem Schulbus, braucht Bücher, Hefte, Stifte …

Nachdem ich mein Existenzminimum von 8’130€ verdient habe, darf ich für meine beiden Kinder noch mal jeweils 7’008€ verdienen, bevor der Fiskus kommt.
Sollte die Steuererleichterung durch die 7’008€ Freibetrag niedriger sein als das Kindergeld, bekomme ich Kindergeld, falls er höher ist bekomme ich kein Kindergeld.

Es liegt in der Natur des Steuerrechts, dass eine Verringerung des zu versteuernden Einkommens immer mit dem Grenzsteuersatz wirksam wird. Das sollte mittlerweile auch bei Sozialdemokrat*innen angekommen sein. Wer viel verdient, für den ergibt sich durch bspw. die Pendlerpauschale eine höhere Entlastung als für einen Geringverdiener, einfach weil der Gutverdiener einen höheren Steuersatz hat und damit viel mehr Steuern bezahlt als ein Geringverdiener. Das wird seltsamerweise oft vergessen, wenn man sich über diese „Ungerechtigkeit“ beklagt.

Natürlich kann man der Meinung sein, dass der allumsorgende Staat statt der Eltern für die Kinder zuständig ist und natürlich gibt es Lebenssituationen, in denen Eltern auf den Staat angewiesen sind, allerdings möchte ich nicht in einem Land leben, in dem die Elternschaft als Reproduktionsarbeit bezeichnet wird.

Ich möchte auf keinen Fall einen Godwin riskieren, aber es ist nicht meine Vorstellung, dass ich dem Staat Kinder schenke, auf das sie fleissige Steuerzahler und gute Mülltrenner werden.

  1. anders als die Sozialversicherungen []
  2. ich darf das schreiben, ich habe genug von diesen Dingern gewechselt []

kleiner Assoziationstest

ein kleiner Assoziationstest.

Ehegattensplitting

Szene 1

langsame Fahrt durch eine Hamburger Elbchaussee. Die Kamera fährt auf ein hellerleuchtetes, herrschaftliches Anwesen zu und schaut durch ein Fenster. Dort liegt ein 5-fach geliftetes, fettabgesaugtes 53-jähriges Millionärsweibchen auf dem Sofa und lässt sich für den Abend, den sie champagnersaufend und kaviarfutternd auf einer Charity-Gala verbringen wird, die Nägel machen. Links hinter ihr erkennt man irgendeinen Fummel, den sie für einen 5-stelligen Preis aus irgendeiner Prachtboutique mitgebracht hat. Finanziert wird dieses Leben von ihrem Fabrikanten-Gatten, der das Geld dafür seinen unterprivilegierten, ausgebeuteten Angestellten abgepresst hat. Und vom Steuerzahler, der diese Lebensplanung dank Ehegattensplitting mit einem fast 5-stelligen Steuervorteil pro Jahr subventioniert.

Szene 2

Montag Morgen 9.45 Uhr in einem Supermarkt in Duisburg-Marxloh. Der 52-jährige, nach einem Arbeitsunfall erwerbsunfähige Frührentner Martin B. macht für sich und seine Frau, die als Kassiererin bei Aldi arbeitet, den Einkauf.

Szene 3

Überfüllter Hörsaal in einer deutschen Universität. Der 28-jährige Torben F. sitzt gerade in einer Vorlesung und möchte seinen Master of Science nachholen, nachdem er nach dem Abitur seinen Bachelor gemacht hat und 4 Jahre in einem grossen deutschen Maschinenbaukonzern gearbeitet hat. Seine 31-jährige Frau Bettina arbeitet als Controllerin bei einer Bank.

Szene 4

Nachdem sich beim Ehepaar V. das dritte Kind eingestellt hat, geht der 34-jährige Vater Dieter für insgesamt 2 Jahre in Elternzeit, während seine Frau Tanja für den Familienunterhalt sorgt.

 

Die SPD plant mal wieder, das Ehegattensplitting abzuschaffen, bzw. weiterzuentwickeln, was von Teilen der Basis begrüsst wird.

Die Frage, ob eine 4-köpfige Familie, bei der ein Partner 40’000 und der andere 20’000 EUR Bruttojahreseinkommen hat leistungsfähiger ist als eine 4-köpfige Familie, bei der beide 30’000 EUR Bruttojahreseinkommen haben, wird mir leider immer noch nicht beantwortet, stattdessen wird auf den Wikipedia-Eintrag zu den Argumenten gegen das Ehegattensplitting verwiesen.

Dann halt Wikipedia.

Vom Splitting profitiere in erster Linie die kinderlose Ehe, nicht aber Familien aus verheirateten Eheleuten mit Kindern. Im Gegenteil: Der Splittingvorteil fällt umso weniger ins Gewicht, je mehr Kinder in einer Familie versorgt werden müssen.

Vom Ehegattensplitting profitieren alle Paare und Familien, bei denen die Partner unterschiedlich hohe Einkommen haben. Dabei ist es völlig egal, ob da kein Kind, oder eine Volleyball-Mannschaft an Kindern zuhause ist. Das Ehegattensplitting ist aber auch nicht dafür gedacht. Es geht darum, dass der Gesetzgeber irgendwann mal davon ausgegangen ist, dass in einer Partnerschaft das Geld relativ gleichmäßig für beide Partner ausgegeben wird. Die Ehen, in denen die Gutverdienerin auf Male Urlaub macht und der schlechter Verdienende auf Malle sind vermutlich eben so selten wie die Paare, bei denen der Gutverdiener abends Lachshäppchen isst und die schlechter Verdienende altes Brot vom Vorvortag. Aber es ist halt

nur in Ansätzen wissenschaftlich untersucht worden;

Da hilft gesunder Menschenverstand wenig, wir wollen Jobs für Soziologen, Sozialpädagogen und Wirtschaftswissenschaftler, die das genau untersuchen und 70-seitige Studien anfertigen, möglichst noch gefördert mit EU-Mitteln.

Der Splittingvorteil ist im Vergleich mit einem unverheirateten Paar umso größer, je weiter die beiden Ehegatten-Einkommen auseinander liegen. Dies ergibt sich aus der Steuerprogression. Er ist am größten, wenn einer der Eheleute überhaupt kein Einkommen bezieht.

Stimmt. Die Frage ist allerdings, ob der Vergleich „verheiratet -unverheiratet“ besser ist als der Vergleich „verheiratet mit jeweils unterschiedlich hohen Einkommen – verheiratet mit jeweils gleich hohen Einkommen“. Der Gesetzgeber geht momentan zum Beispiel davon aus, dass Altersversorgungsansprüche in einer Ehe gemeinsam erwirtschaftet werden, was man daran sieht, dass bei einer Scheidung ein Versorgungsausgleich durchgeführt wird, bei dem die in der Ehe erwirtschafteten Ansprüche unabhängig davon, wer sie erwirtschaftet hat, hälftig auf die Geschiedenen aufgeteilt wird. Aber auch Dinge wie die Hinterbliebenenrente bauen ja irgendwie darauf auf, dass der überlebende Partner irgendwas für den Anspruch des gestorbenen Partners getan hat.

Würde man das Ehegattensplitting streichen und den Versorgungsausgleich belassen, würde sich ein Ehepaar, dass sich kurz vor Erreichen des Renteneintritts scheiden lässt, steuerlich besser stellen als ein Ehepaar, das verheiratet bleibt.

Das Splitting bewirke, dass sich wegen der Steuerprogression eine über eine geringfügige Beschäftigung hinausgehende Arbeitsaufnahme für einen Ehepartner kaum lohne, wenn der andere Ehepartner gut verdient.

Wenn das stimmt, dann lohnen sich Gehaltserhöhungen auch nicht, weil aufgrund der Steuerprogression und der relativ hohen Beitragsbemessungsgrenzen von 1 EUR Gehaltserhöhung gerade mal die Hälfte beim Arbeitnehmer ankommt. Ebensowenig lohnen sich Weiterbildungen, die eine höhere Tarifeingruppierung bieten, weil da das gleiche gilt. Überhaupt lohnt sich höheres Einkommen nicht, weil der Staat und die Sozialversicherungen in gewissen Regionen 53% einer Gehaltssteigerung einbehalten.

Das Ehegattensplitting bewirke in Kombination mit bestimmten Regelungen der Sozialversicherung (der beitragsfreien Familienmitversicherung, der auf das Individuum bezogenen Beitragsbemessungsgrenze und der Begünstigung von Minijobs) dass bezogen auf gleich hohe Bruttofamilieneinkommen diejenigen Ehepaare, die sich Erwerbs- und Familienaufgaben ungefähr gleich teilen, durch der Summe der Steuern und Abgaben höher belastet würden als Einverdiener- oder Zuverdienerehen.

Das stimmt teilweise, ist aber primär kein Steuerproblem sondern ein Problem der Sozialversicherungssysteme im allgemeinen und der Beitragsbemessungsgrenze im Besonderen. Dafür erwirtschaftet ein Ehepaar mit der Verteilung 40’000/40’000 EUR auch höhere Rentenanwartschaften und 2x Anspruch auf Arbeitslosengeld, was bei einem Ehepaar mit 80’000/0 EUR nicht der Fall ist. Ein Wegfall des Ehegattensplittings würde nichts an der Situation der Bevorzugung der Einverdienerfamilie ändern.

Aber es geht ja auf die Reichen (siehe Szene 1). Da kann man vermutlich Stimmung machen.

Da das Wissen, wie das Ehegattensplitting überhaupt funktioniert anscheinend relativ dünn gesät ist, werden vermutlich viele Beifall klatschen, bis sie dann bei der Abschaffung feststellen, dass der Weniger Verdienende zwar netto 190 EUR pro Monat mehr hat, der Mehr Verdienende dafür aber 280 EUR weniger.

Eines der Grundprinzipien des deutschen Steuerrechts (ich weiss, ich wiederhole mich, aber das machen die anderen ja auch) ist, dass man nach seiner steuerlichen Leistungsfähigkeit besteuert wird. Da Ehepaare momentan noch ein Steuersubjekt sind (gemeinsame Veranlagung), ist es egal, welcher Teil des Paares welchen Teil zum gemeinsamen Einkommen beigesteuert hat. Es ist egal, ob die Verteilung bewusst gewählt wurde, oder aufgrund von Bildungsunterschieden entstanden ist, oder wegen der Widrigkeiten des Arbeitsmarkts aufgezwungen wurde.

Da es in Deutschland eine Steuerprogression gibt, wirkt sich das Ganze bei niedrigen Einkommen nur wenig aus und bei hohen Einkommen stärker. Das ist aber überall so.

Die Verkäuferin bei KiK zahlt wegen der Werbungskostenpauschale gerade mal 120 EUR Steuern pro Jahr weniger, dem Gutverdienenden Banker bringt sie 450 EUR Steuerersparnis. Die Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit von Sonntagszuschlägen bringt dem Meister bei Porsche 140 EUR netto mehr pro Sonntagnachtschicht, der Werkschützer profitiert für den gleichen Zeitraum gerade mal mit 48 EUR.