kleiner Assoziationstest

ein kleiner Assoziationstest.

Ehegattensplitting

Szene 1

langsame Fahrt durch eine Hamburger Elbchaussee. Die Kamera fährt auf ein hellerleuchtetes, herrschaftliches Anwesen zu und schaut durch ein Fenster. Dort liegt ein 5-fach geliftetes, fettabgesaugtes 53-jähriges Millionärsweibchen auf dem Sofa und lässt sich für den Abend, den sie champagnersaufend und kaviarfutternd auf einer Charity-Gala verbringen wird, die Nägel machen. Links hinter ihr erkennt man irgendeinen Fummel, den sie für einen 5-stelligen Preis aus irgendeiner Prachtboutique mitgebracht hat. Finanziert wird dieses Leben von ihrem Fabrikanten-Gatten, der das Geld dafür seinen unterprivilegierten, ausgebeuteten Angestellten abgepresst hat. Und vom Steuerzahler, der diese Lebensplanung dank Ehegattensplitting mit einem fast 5-stelligen Steuervorteil pro Jahr subventioniert.

Szene 2

Montag Morgen 9.45 Uhr in einem Supermarkt in Duisburg-Marxloh. Der 52-jährige, nach einem Arbeitsunfall erwerbsunfähige Frührentner Martin B. macht für sich und seine Frau, die als Kassiererin bei Aldi arbeitet, den Einkauf.

Szene 3

Überfüllter Hörsaal in einer deutschen Universität. Der 28-jährige Torben F. sitzt gerade in einer Vorlesung und möchte seinen Master of Science nachholen, nachdem er nach dem Abitur seinen Bachelor gemacht hat und 4 Jahre in einem grossen deutschen Maschinenbaukonzern gearbeitet hat. Seine 31-jährige Frau Bettina arbeitet als Controllerin bei einer Bank.

Szene 4

Nachdem sich beim Ehepaar V. das dritte Kind eingestellt hat, geht der 34-jährige Vater Dieter für insgesamt 2 Jahre in Elternzeit, während seine Frau Tanja für den Familienunterhalt sorgt.

 

Die SPD plant mal wieder, das Ehegattensplitting abzuschaffen, bzw. weiterzuentwickeln, was von Teilen der Basis begrüsst wird.

Die Frage, ob eine 4-köpfige Familie, bei der ein Partner 40’000 und der andere 20’000 EUR Bruttojahreseinkommen hat leistungsfähiger ist als eine 4-köpfige Familie, bei der beide 30’000 EUR Bruttojahreseinkommen haben, wird mir leider immer noch nicht beantwortet, stattdessen wird auf den Wikipedia-Eintrag zu den Argumenten gegen das Ehegattensplitting verwiesen.

Dann halt Wikipedia.

Vom Splitting profitiere in erster Linie die kinderlose Ehe, nicht aber Familien aus verheirateten Eheleuten mit Kindern. Im Gegenteil: Der Splittingvorteil fällt umso weniger ins Gewicht, je mehr Kinder in einer Familie versorgt werden müssen.

Vom Ehegattensplitting profitieren alle Paare und Familien, bei denen die Partner unterschiedlich hohe Einkommen haben. Dabei ist es völlig egal, ob da kein Kind, oder eine Volleyball-Mannschaft an Kindern zuhause ist. Das Ehegattensplitting ist aber auch nicht dafür gedacht. Es geht darum, dass der Gesetzgeber irgendwann mal davon ausgegangen ist, dass in einer Partnerschaft das Geld relativ gleichmäßig für beide Partner ausgegeben wird. Die Ehen, in denen die Gutverdienerin auf Male Urlaub macht und der schlechter Verdienende auf Malle sind vermutlich eben so selten wie die Paare, bei denen der Gutverdiener abends Lachshäppchen isst und die schlechter Verdienende altes Brot vom Vorvortag. Aber es ist halt

nur in Ansätzen wissenschaftlich untersucht worden;

Da hilft gesunder Menschenverstand wenig, wir wollen Jobs für Soziologen, Sozialpädagogen und Wirtschaftswissenschaftler, die das genau untersuchen und 70-seitige Studien anfertigen, möglichst noch gefördert mit EU-Mitteln.

Der Splittingvorteil ist im Vergleich mit einem unverheirateten Paar umso größer, je weiter die beiden Ehegatten-Einkommen auseinander liegen. Dies ergibt sich aus der Steuerprogression. Er ist am größten, wenn einer der Eheleute überhaupt kein Einkommen bezieht.

Stimmt. Die Frage ist allerdings, ob der Vergleich „verheiratet -unverheiratet“ besser ist als der Vergleich „verheiratet mit jeweils unterschiedlich hohen Einkommen – verheiratet mit jeweils gleich hohen Einkommen“. Der Gesetzgeber geht momentan zum Beispiel davon aus, dass Altersversorgungsansprüche in einer Ehe gemeinsam erwirtschaftet werden, was man daran sieht, dass bei einer Scheidung ein Versorgungsausgleich durchgeführt wird, bei dem die in der Ehe erwirtschafteten Ansprüche unabhängig davon, wer sie erwirtschaftet hat, hälftig auf die Geschiedenen aufgeteilt wird. Aber auch Dinge wie die Hinterbliebenenrente bauen ja irgendwie darauf auf, dass der überlebende Partner irgendwas für den Anspruch des gestorbenen Partners getan hat.

Würde man das Ehegattensplitting streichen und den Versorgungsausgleich belassen, würde sich ein Ehepaar, dass sich kurz vor Erreichen des Renteneintritts scheiden lässt, steuerlich besser stellen als ein Ehepaar, das verheiratet bleibt.

Das Splitting bewirke, dass sich wegen der Steuerprogression eine über eine geringfügige Beschäftigung hinausgehende Arbeitsaufnahme für einen Ehepartner kaum lohne, wenn der andere Ehepartner gut verdient.

Wenn das stimmt, dann lohnen sich Gehaltserhöhungen auch nicht, weil aufgrund der Steuerprogression und der relativ hohen Beitragsbemessungsgrenzen von 1 EUR Gehaltserhöhung gerade mal die Hälfte beim Arbeitnehmer ankommt. Ebensowenig lohnen sich Weiterbildungen, die eine höhere Tarifeingruppierung bieten, weil da das gleiche gilt. Überhaupt lohnt sich höheres Einkommen nicht, weil der Staat und die Sozialversicherungen in gewissen Regionen 53% einer Gehaltssteigerung einbehalten.

Das Ehegattensplitting bewirke in Kombination mit bestimmten Regelungen der Sozialversicherung (der beitragsfreien Familienmitversicherung, der auf das Individuum bezogenen Beitragsbemessungsgrenze und der Begünstigung von Minijobs) dass bezogen auf gleich hohe Bruttofamilieneinkommen diejenigen Ehepaare, die sich Erwerbs- und Familienaufgaben ungefähr gleich teilen, durch der Summe der Steuern und Abgaben höher belastet würden als Einverdiener- oder Zuverdienerehen.

Das stimmt teilweise, ist aber primär kein Steuerproblem sondern ein Problem der Sozialversicherungssysteme im allgemeinen und der Beitragsbemessungsgrenze im Besonderen. Dafür erwirtschaftet ein Ehepaar mit der Verteilung 40’000/40’000 EUR auch höhere Rentenanwartschaften und 2x Anspruch auf Arbeitslosengeld, was bei einem Ehepaar mit 80’000/0 EUR nicht der Fall ist. Ein Wegfall des Ehegattensplittings würde nichts an der Situation der Bevorzugung der Einverdienerfamilie ändern.

Aber es geht ja auf die Reichen (siehe Szene 1). Da kann man vermutlich Stimmung machen.

Da das Wissen, wie das Ehegattensplitting überhaupt funktioniert anscheinend relativ dünn gesät ist, werden vermutlich viele Beifall klatschen, bis sie dann bei der Abschaffung feststellen, dass der Weniger Verdienende zwar netto 190 EUR pro Monat mehr hat, der Mehr Verdienende dafür aber 280 EUR weniger.

Eines der Grundprinzipien des deutschen Steuerrechts (ich weiss, ich wiederhole mich, aber das machen die anderen ja auch) ist, dass man nach seiner steuerlichen Leistungsfähigkeit besteuert wird. Da Ehepaare momentan noch ein Steuersubjekt sind (gemeinsame Veranlagung), ist es egal, welcher Teil des Paares welchen Teil zum gemeinsamen Einkommen beigesteuert hat. Es ist egal, ob die Verteilung bewusst gewählt wurde, oder aufgrund von Bildungsunterschieden entstanden ist, oder wegen der Widrigkeiten des Arbeitsmarkts aufgezwungen wurde.

Da es in Deutschland eine Steuerprogression gibt, wirkt sich das Ganze bei niedrigen Einkommen nur wenig aus und bei hohen Einkommen stärker. Das ist aber überall so.

Die Verkäuferin bei KiK zahlt wegen der Werbungskostenpauschale gerade mal 120 EUR Steuern pro Jahr weniger, dem Gutverdienenden Banker bringt sie 450 EUR Steuerersparnis. Die Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit von Sonntagszuschlägen bringt dem Meister bei Porsche 140 EUR netto mehr pro Sonntagnachtschicht, der Werkschützer profitiert für den gleichen Zeitraum gerade mal mit 48 EUR.

Familienpolitik, Steuern und der Zusammenhang

Wenn mein Lieblings-SPD-Blog etwas über mein Lieblingsthema Steuern schreibt, komme ich nicht umhin, das ganze zu kommentieren.

Es geht wie so oft um das leidige Thema Gerechtigkeit, dieses Mal um die Kinder von armen und reichen Eltern.

Ich habe oft den Verdacht, dass die Jusos das derzeitige Steuersystem nicht ablehnen, sondern dass sie es einfach nicht verstanden haben und stattdessen lieber mit gesundem Halbwissen1 einen Strohmann aufgebaut haben und auf dem rumdreschen.

Das heißt: weg mit den unterschiedlichen Steuervorteilen für Kinder je nach Steueraufkommen. Warum sollte eine Gutverdiener-Familie mehr Geld pro Kind bekommen bzw. weniger Steuern bezahlen müssen? Das ergibt keinen Sinn.

Die unterschiedliche Behandlung ergibt dann Sinn, wenn man den Gesamtzusammenhang betrachtet. Die Prämisse in unserem Steuersystem ist, dass jeder nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuert wird. Daher haben wir so etwas wie ein steuerfreies Existenzminimum, auch für Kinder. Da viele Eltern, so wenig Geld verdienen, dass sich das an ihrer Steuerlast nur marginal auswirkt, hat man das Kindergeld eingeführt2.

Wenn man möchte, dass alle Kinder gleichviel bekommen, muss man das steuerfreie Existenzminimum für Kinder abschaffen und durch eine direkte Förderung ersetzen. Primär sind dann nicht mehr die Eltern für das steuerfreie Existenzminimum der Kinder zuständig, sondern der Staat. Das kann man gerne wollen, entspricht aber weder meiner Vorstellung von Elternschaft, noch meiner Vorstellung vom Staat.

Weg mit den unterschiedlichen Steuervorteilen für Kinder je nach Steueraufkommen.

Überall im Steuerrecht findet sich diese vermeintliche Ungleichbehandlung. Der leitende Angestellte einer Firma bekommt für seine Fahrkarte 42% über die Steuer zurück, der Pförtner, der den gleichen Arbeitsweg hat nur 17%. Die Kosten für Kinderbetreuung „bringen“ einem gutverdienenden Menschen erheblich mehr als jemandem, der knapp über dem Existenzminimum verdient.

Das ist Ergebnis des Grundsatzes, dass ich von meinen Einnahmen all das abziehen darf, was ich als Ausgaben hatte, um diese Einnahmen überhaupt erzielen zu können.

Deshalb für alle noch mal:

Werbungskosten und Steuerfreibeträge (z.B. für die Kinder) vermindern das zu versteuernde Einkommen und werden deshalb mit dem Grenzsteuersatz wirksam. Wer einen höheren Steuersatz hat, hat auch einen grössere Steuererstattung.

Man kann natürlich auch das Kindergeld soweit erhöhen, dass die Steuerminderung bei 45% genau der Höhe des Kindergeldes entspricht. Dann wären wir bei einem monatlichen Kindergeldbetrag von 262,80 EUR3 . Das kann man auch gerne machen, allerdings wird es jemanden geben müssen, der das ganze bezahlt.

Da ist den Jusos mal wieder das Ehegattensplitting vor die Füsse gefallen und sie haben es dankbar aufgegriffen.

Die Förderung der Alleinverdiener-Familie via Ehegattensplitting ist ein Anachronismus und führt zur Abhängigkeit der Frau vom Mann. Weg damit.

Ich mache mir bald eine Gebetsmühle mit dem Text, dann muss ich nur noch drehen, statt schreiben.

Das Ehegattensplitting fördert nicht die Alleinverdiener-Familie. Beim Ehegattensplitting wird ganz allgemein davon ausgegangen, dass es sich bei einem Ehepaar (nicht nur, aber auch) um eine Wirtschaftsgemeinschaft handelt. Man geht davon aus, dass es innerhalb der Partnerschaft egal ist, wer wieviel des verdienten Geldes als Einkommen bezieht, es fliesst in eine gemeinsame Kasse.

Das Ehepaar wird als ein Steuersubjekt angesehen. Die 48-jährige Verkäuferin, deren Mann erwerbsunfähig ist, profitiert genauso vom Ehegattensplitting wie die 32-jährige Industriemechanikerin, deren Mann gerade in Elternzeit ist.

Man prügelt natürlich lieber auf die faul daheimsitzende Millionärsgattin ein, weil man da mehr Zuspruch erwartet. Treffen wird es die aber nur ganz am Rande, falls sie es überhaupt bemerkt. Bei der Verkäuferin und der Industriemechanikerin wäre ich mir nicht so sicher, dass sie den Wegfall des Ehegattensplittings problemlos verdauen.

Ausflüsse dieses Gedankens, dass Ehepaare ein Steuersubjekt sind, findet man beispielsweise bei der Anrechnung des Verdienstes des Ehepartners wenn man ALG-II bzw. Grundsicherung beziehen möchte oder im Versorgungsausgleich nach der Ehe. Auch wenn der nacheheliche Unterhalt immer mehr auf dem Rückzug ist, ist er eigentlich ebenfalls nur dann möglich, wenn man schon für die Zeit der Ehe ein gemeinsames wirtschaftliches Handeln unterstellt.

Ich hätte von den Befürwortern der Abschaffung des Ehegattensplittings gerne 2 Fragen beantwortet:

  • Ist eine 4-köpfige Familie, in der eine Person 50’000 EUR und die andere Person 30’000 EUR pro Jahr verdient, finanziell leistungsfähiger als eine 4-köpfige Familie, in der beide jeweils 40’000 EUR verdienen?
  • Ist eine 4-köpfige Famile, in der nur eine Person erwerbstätig ist und 70’000 EUR pro Jahr verdient genauso leistungsfähig wie eine alleinstehende Person, die 70’000 EUR pro Jahr verdient?
  1. ich weiss auch nicht viel mehr []
  2. Kindergeld ist sowas wie der Zivildienst der Familienförderung bzw. ein Beispiel für eine der wenigen negativen Steuern, die es in Deutschland gibt []
  3. wer bei wikipedia nach Kinderfreibetrag sucht, findet einen niedrigeren Satz, allerdings hat man dort die „Reichensteuer“ nicht berücksichtigt []

Ehegattensplitting

während Spiegel-Online mal wieder sein profundes Halbwissen über das Ehegatten-Splitting zur Schau stellt und man bei den Jusos schon die Sektkorken knallen hört, „Verfassungsgericht folgt Juso-Forderung„, möchte ich an dieser Stelle ein paar Dinge aufgreifen, die man dann richtigerweise ebenfalls streichen sollte:

  1. den Versorgungsausgleich bei einer Scheidung. Das während der Ehe erwirtschaftete Altersguthaben wurde (wenn man der Logik beim Ehegattensplitting folgt) nur von dem erwirtschaftet, der es selbst verdient hat. Warum sollte jemandem nach der Ehe mehr zustehen als während der Ehe. Behielte man den Versorgungsausgleich bei, würde zudem der seltsame Effekt entstehen, dass geschiedene Ehepaare weniger Steuern zahlen müssen als Verheiratete.
  2. Den Zugewinnausgleich und den nachehelichen Unterhalt aus den gleichen Gründen wie bei Nummer 1. Das Geld wurde nicht gemeinsam erwirtschaftet, sondern von jedem Ehepartner alleine.
  3. Witwe(n/r)-Renten sind ebenfalls keine Leistung, die sich der überlebende Ehepartner verdient hat.
  4. Die kostenlose Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung für nicht arbeitende Ehepartner fällt in genau den gleichen Bereich, weg damit.
  5. Die Anrechnung des Einkommens des Ehepartners für den Fall, dass der andere Teilnehmer der Ehe ALG-II beantragen muss, fällt dann allerdings ebenfalls weg.

So und für all diejenigen, die wie der SpOn-Praktikant nicht so richtig verstanden haben, wie das Splitting funktioniert

Das Ehegattensplitting ist vielen schon lange ein anachronistisches Ärgernis. Es entmutigt junge Mütter zu arbeiten, weil ihr (Teilzeit-)Einkommen besonders hoch besteuert wird. Denn die steuerliche Entlastung für den (Vollzeit-)arbeitenden Ehemann fällt umso höher aus, je weniger seine Frau verdient.

Es geht beim Ehegattensplitting nicht um steuerliche Anreize.

Es geht darum, dass der Staat mal der Meinung war, eine Ehegemeinschaft sei ein Steuersubjekt und soll auch als ein solches behandelt werden.

Der Staat hatte die Auffassung, dass es sich bei der Ehe um eine allumfassende Einstehensgemeinschaft handelt, in der es keine klare Trennung zwischen Dein und Mein gibt. Eheleute erwirtschaften gemeinsam. Das kann auch bedeuten, dass er Teilzeit arbeitet und sich um die Kindererziehung kümmert, während sie Karriere macht. Dieses Prinzip soll aufgehoben werden. Durch eine Aufhebung des Ehegattensplittings wird eine Ehe, in der die Partner 50’000 und 10’000 EUR verdienen als leistungsfähiger angesehen (und dadurch höher besteuert) als eine Ehe, in der beide Partner jeweils 30’000 EUR verdienen.

Man kann durchaus der Meinung sein, dass ein Ehepaar mit 80’000 EUR Jahreseinkommen wirtschaftlich leistungsfähiger ist als ein Alleinstehender mit 61’800 EUR(beide zahlen jeweils ca. 16’000 EUR Einkommensteuer). Dass allerdings ein Ehepaar mit 40’000 EUR Jahreseinkommen genauso leistungsfähig ist wie ein Single mit 40’000 EUR, wage ich zu bezweifeln.

Die Ist-Situation im Steuerrecht bei Ehepaaren

Ausgelöst durch einen kurzen Twitter-Schlagabtausch (140 Buchstaben können so wenig sein), folgt an dieser Stelle eine kurze Darstellung der Ist-Situation bei Ehepaaren und Familien im Steuer- und Abgabenrecht.

Folgende Ausführungen beziehen sich ausschliesslich auf Einkommen aus unselbständiger Arbeit. Für die ganzen anderen Einkommensarten stimmt untenstehendes teilweise nicht ganz, teilweise gar nicht. Manche Sachen habe ich vereinfacht, da finden sich dann in eckingen Klammern [] ein wenig Erläuterungen.

Fangen wir mit dem einfachen an, den Steuern.

In Deutschland gibt es ungeachtet der diversen Lohnsteuerklassen nur zwei Steuertarife:

  • Die Grundtabelle, nach der alle Alleinstehenden und nicht zusammen veranlagten Ehepaare versteuert werden
  • die Splittingtabelle nach der alle zusammen veranlagten Ehepaare versteuert werden.

Zwischen diesen Tabellen gibt es einen einfachen Zusammenhang: Wenn man das zu versteuernde Einkommen aus der Splittingtabelle halbiert und diesen Wert in der Grundtabelle heraussucht, kommt man genau auf den halben Einkommensteuerbetrag der Splittingtabelle.

Als Beispiel: Das zu versteuernde Einkommen der Familie Müller (welches sich aus dem Einkommen von Herrn und Frau Müller zusammensetzt, minus diverser Abzüge) betrug im Jahr 2009 90’000 EUR. Dafür musste die Familie Müller 21’932 EUR Einkommensteuer bezahlen.

Wenn man die Steuerlast für 45’000 EUR (die Hälfte des Familieneinkommens) in der Grundtabelle anschaut, findet man dort eine Steuerlast von 10’966 EUR. Verdoppelt man diesen Betrag, kommt man genau auf die 21’932 EUR, die die Familie Müller zahlen muss.

Zwei Singles, Herr Meier und die mit ihm zusammenlebende Frau Schulz, die jeweils 45’000 EUR verdienen, zahlen zusammen genau soviel Steuern wie das Ehepaar Müller, welches über das gleiche Einkommen verfügt.

Was jetzt den Kritikern des Ehegattensplittings nicht gefällt ist die Tatsache, dass es anders als bei den Singles Meier und Schulz bei den Müllers völlig egal ist, wie sich das Einkommen auf die beiden verteilt. Ob jetzt beide jeweils 45’000 EUR zu versteuerndes Einkommen haben, oder Frau Müller 60’000 EUR und Herr Müller 30’000 EUR, oder Herr Müller 90’000 EUR und Frau Müller nichts, ändert an der Steuerlast für das Ehepaar gar nichts [Ich weiss, dass Frau Müller ohne Einkommen keine Werbungskostenpauschale hat und verschiedene Vorsorgepauschalen gedeckelt sind].

Das ist so, weil man das Ehepaar Müller im Vergleich zu den Lebensabschnittsgefährten Meier und Schulz als ein Steuersubjekt ansieht und davon ausgeht, dass es eine Kasse gibt, und sich die Eheleute gegenüber voll unterhaltspflichtig sind. Dass man das bei Meier und Schulz über sogenannte Bedarfs-, Verantwortungs- oder Einstehensgemeinschaften ebenfalls finigeren will und zwar dann, wenn einer der beiden staatliche Leistungen erhalten würde, empfinde ich im übrigen als einen Mißstand. Aber die Tatsache, dass sich der Staat da aus der Verantwortung ziehen will (solange es gut läuft zahlt ihr viele Steuern, wenn es schlecht läuft müsst ihr füreinander einstehen ohne dafür entsprechend entlastet zu werden), sollte man nicht dem Ehegattensplitting als Nachteil anrechnen.

Ein weiterer Punkt, der den Kritikern des Ehegattensplittings mißfällt, ist die Tatsache, dass es die Lohnsteuerklassen III und V gibt. Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer, die der Arbeitgeber monatlich vom Lohn einbehält und an das Finanzamt überweist. Erst nachdem das Jahr beendet ist, findet die echte Berechnung der Steuerlast statt, alles vorher waren prinzipiell sowas wie Abschlagszahlungen.

Für Singles gilt: Wer das ganze Jahr über hindurch gleichmäßig verdient hat, wird am Ende weder nachzahlen noch etwas herausbekommen. Wer aber z.B. sein Studium beendet hat und erst im September eine Stelle angetreten hat, oder wer im August arbeitslos wurde und erst im neuen Jahr die nächste Stelle angetreten hat, bekommt in aller Regel eine Steuererstattung [da kommt es dann noch darauf an, ob die Firma einen internen Lohnsteuerjahresausgleich gemacht hat oder nicht. In ersterem Fall gibt’s schon im Dezember ein höheres Nettogehalt, im zweiten Fall muss man selbst einen machen].

Für Verheiratete gilt: Was bei Singles relativ einfach machbar ist, funktioniert bei Verheirateten in der jetzigen Situation nur begrenzt. Zwei Menschen verdienen vermutlich unterschiedlich viel und der Arbeitgeber dieser beiden Menschen, der die Lohnsteuer an das Finanzamt abführen muss, weiss nicht, wie viel oder wie wenig oder ob überhaupt der Partner des Angestellten verdient. Die einfache Variante ist, einfach beide während des Jahres wie Singles zu versteuern und dann am Ende zu schauen, wieviel Steuern bezahlt werden müssen. Das gibt es bereits in Form der Lohnsteuerklasse IV. Beide Ehepartner sind in dieser Lohnsteuerklasse und der Arbeitgeber führt genau den gleichen Steuerbetrag ab, wie bei einem Ledigen in der Lohnsteuerklasse I.

Für manche Familien führte das am Ende des Jahres zu einer sehr grossen Steuerrückzahlung. Wenn man unser Ehepaar Müller nimmt, in dem Frau Müller die Geschäftsführerin des elterlichen mittelständischen Betriebs ist und sich Herr Müller mehr für die schönen Künste interessiert und schon seit 7 Jahren an seinem Erstlingswerk herumschnitzt, dann würde Frau Müller während des Jahres in Lohnsteuerklasse IV insgesamt 29’736 EUR Lohnsteuer zahlen, um dann bei der Einkommensteuererklärung 7’782 EUR Steuer zurückerstattet zu bekommen. Die Familie hat also jeweils pro Monat fast 650 EUR Steuern zuviel bezahlt.

Um die Rückerstattungen auf ein erträgliches Maß zu senken, ist der Gesetzgeber auf die Idee gekommen, die Kombination III/V einzuführen. Bei dieser Kombination wird derjenige in Lohnsteuerklasse III so behandelt, als gäbe es kein zweites Einkommen. Man nimmt also (gedanklich) sein Einkommen, halbiert es, schaut nach dem Steuertarif, verdoppelt diesen und zieht das Ergebnis von seinem Lohn ab. Ein Einverdiener-Ehepaar, bei dem der Verdiener in Lohnsteuerklasse III ist (was die Regel sein dürfte), bekommt am Ende des Jahres weder eine Rückzahlung, noch müssen sie etwas nachzahlen.

Was bei einem Verdiener recht gut funktioniert, geht dann beim zweiten Einkommen schief. Der Splittingtarif ist schon komplett beim Vielverdiener gebündelt, was soll man also dem geringer Verdienenden an Steuer abziehen, wenn man doch gar nicht weiss, was der Vielverdiener hat?

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WICHTIG WICHTIG WICHTIG

Ab hier findet ein Schwenk von zu versteuerndem Einkommen hin zum Einkommen statt, weil man sich nicht mehr in den 2 Grundtarifen bewegt.

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Wenn man sich die Lohnsteuertabelle für die Klasse V anschaut, dann stellt man fest, dass es da kein Existenzminimum gibt. Schon bei 5’000 EUR Jahreseinkommen werden 571 EUR Einkommensteuer fällig. Die Steuern sind nicht völlig aus der Luft gegriffen, aber auch nicht einfach in Worte zu fassen. Ich möchte an dieser Stelle das Gesetz zitieren:

§ 39b II S. 6 EStG

In den Steuerklassen V und VI ist die Jahreslohnsteuer zu berechnen, die sich aus dem Zweifachen des Unterschiedsbetrags zwischen dem Steuerbetrag für das Eineinviertelfache und dem Steuerbetrag für das Dreiviertelfache des zu versteuernden Jahresbetrags nach § 32a Abs. 1 ergibt; die Jahreslohnsteuer beträgt jedoch mindestens 14 Prozent des Jahresbetrags, für den 9 225 Euro übersteigenden Teil des Jahresbetrags höchstens 42 Prozent und für den 26 276 Euro übersteigenden Teil des zu versteuernden Jahresbetrags jeweils 42 Prozent sowie für den 200 320 Euro übersteigenden Teil des zu versteuernden Jahresbetrags jeweils 45 Prozent.

Das verstehen nur wenige und die dahinter stehenden Überlegungen versteht vermutlich keiner mehr. Vielleicht hat man irgendwelche Statistiken ausgewertet und ist zum Schluß gekommen, dass das am wenigsten Nachzahlungen und Rückerstattungen bewirkt.

So. Und jetzt wenden die Kritiker des Ehegattensplittings ein, dass man damit die Leistung des geringer Verdienenden marginalisiert, weil von seinem Brutto-Monatsverdienst in Höhe von 1’500 EUR gerade mal 801,54 EUR übrigbleiben. Der Meinung kann man durchaus sein und interessanterweise schafft die Lohnsteuerklasse V auch Allianzen, die für gewöhnlich nicht oder als Letzte genannt werden, wenn man frei 2 Parteien des Bundestags zusammenführen soll.

Sowohl die Linke als auch die FDP haben jeweils einen Antrag in den Bundestag eingebracht, der die Abschaffung der Lohnsteuerklassenkombination III/V zum Inhalt hatte. (Es geht, ich kann wirklich Linke und FDP in einem Satz schreiben, ohne dass die Tastatur implodiert).

In der Tat birgt die Lohnsteuerklassenwahl III/V einige Ungerechtigkeiten (die aber grundsätzlich nichts mit dem Ehegattensplitting zu tun haben).

Die Höhe von Lohnersatzleistungen hängt maßgeblich vom Bruttogehalt und der gewählten Lohnsteuerklasse ab. Lohnersatzleistungen sind so Dinge wie

  • Arbeitslosengeld I
  • Mutterschaftsgeld
  • Elterngeld
  • Krankengeld

Ausserdem wirkt sich die Lohnsteuerklasse auf das Gehalt in der Altersteilzeit aus. Aber das führt hier jetzt wirklich zu weit 🙂

Während man zuviel bezahlte Steuern am Ende des Jahres wieder bekommt, werden die geringeren Auszahlungen bei den Lohnersatzleistungen nicht kompensiert [ein wenig schon, da es sich um steuerfreie Leistungen handelt, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen].

Diese Ungerechtigkeit könnte man abschaffen, in dem man beispielsweise für das Arbeitslosengeld einfach § 133 I Nr. 2 SGB III ändert und als Bemessungsgrundlage die Lohnsteuerklasse I nimmt. Oder man lässt das pauschalieren ganz sein und zieht die Steuer wirklich ab, so dass sie am Ende des Jahres ganz normal in die Einkommensteuererklärung einfliesst (so machen das zum Beispiel die Schweizer). Das würde natürlich einen Geldfluß von der Bundesagentur für Arbeit zum Finanzminister bedeuten, aber da fliesst eh schon viel Geld in unterschiedliche Richtungen.

Diese Ungerechtigkeiten haben allerdings grundsätzlich nichts mit dem Ehegattensplitting zu tun, sondern mit der Steuerklassenwahl.

Liest bis hier noch jemand mit? Falls ja, mach ich morgen weiter, wenn ich einen Kommentar unter dem Beitrag finde 🙂

Ehegattensplitting, Jusos, Malle und Male

Da den Jusos der Wegfall des Ehegattensplittings so am Herzen liegt, mir aber leider keiner auf (am Anfang noch durchaus höfliche) Fragen geantwortet hat, versuche ich es einfach mal hier und hoffe, dass ich mit den richtigen Keywords, also Ehegattensplitting, Wegfall und Jusos bei google ein wenig nach oben rutsche und sich ein antwortwilliger Juso hier in den Kommentaren verewigt.

Also:

Könnte mir irgendein Juso mal bezüglich des Ehegattensplittings die Frage beantworten, inwieweit eine Familie, in der die Einkommensverteilung 35’000 – 15’000 EUR beträgt, finanziell leistungsfähiger ist als eine Familie, in der die Einkommensverteilung 25’000 – 25’000 EUR beträgt?

Ich weiss nämlich momentan nicht, ob ihr das Ehegattensplitting einfach nicht verstanden habt, oder ob ihr der Meinung seid, der besserverdienende Ehepartner würde sein Einkommen horten, während der schlechter verdienende Teil darben muss. Die reiche leitende Angestellte fliegt alleine nach Male, für ihren Mann und die Kinder reichts nur für Malle?

Wenn Ihr schon beim antworten seid, könntet Ihr mir dann auch noch mitteilen, wie Ihr zum Versorgungsausgleich steht (zur Not mal schnell goggeln, was das eigentlich ist). Dadurch würde (bei langer Ehedauer und unterschiedlichem Einkommen) bei Wegfall des Ehegattensplittings ein geschiedenes Ehepaar besser gestellt als ein verheiratetes.

Und am Schluß noch eine kleine Frage, was Ihr mit den Mehreinnahmen machen wollt?

  • Allgemein die Steuerlast senken, was dann hauptsächlich den Alleinstehenden zu Gute kommt?
  • Lustige Programme für Familien auflegen, die von genau diesen bezahlt wurden?
  • Endlich jemanden bezahlen, der Euch deutsches Steuer- und Sozialabgabenrecht beibringt? (gut, da bräuchte man die Mehrerlöse aus 2 oder 3 Jahren, aber es wäre gut angelegt).