Das Bewusstsein bestimmt das zu Sein habende

Am 27. März 2011 sind Landtagswahlen in Baden-Württemberg.

Die Jusos laufen sich schon mal warm, allerdings habe ich bei manchen Aussagen meine Probleme, sie mit der Realität in Einklang zu bringen.

Zum Beispiel hier:

Die Bildungspolitik ist die Kernkompetenz der Landespolitik. Auf diesem Feld hat die schwarz-gelbe Landesregierung in Baden-Württemberg seit Jahrzehnten den Stillstand organisiert. [..]

Die LehrerInnen und SchülerInnen, die Studierenden und ProfesorInnen, die BetreuerInnen und jungen Eltern wünschen sich einen Aufbruch und einen Wandel in der Bildungspolitik im Land.

Aufbruch wovon?

Zum Beispiel von der eklatant hohen Quote von Schulabbrechern in Baden-Württemberg?

schulabgaenger-ohne-hauptschulabschluss

(Quelle: Statistisches Landesamt)

Oder vielleicht von der exorbitant hohen Quote von jugendlichen Arbeitslosen?

jugendarbeitslosigkeit-baden-wuerttemberg

(Quelle: s.o.)

Vielleicht liegt es aber auch am skandalös niedrigen Anteil von MINT-Absolventen an baden-württembergischen Hochschulen?

mint-absolventen-baden-wuerttemberg

(Quelle: s. o.)

Es läuft im baden-württembergischen Bildungs-System sicherlich nicht alles rund.

Wie man aber auf „jahrzehntelangen Stillstand“ kommt, erschliesst sich wohl nur, wenn das Bewusstsein, dass CDU und FDP nie im Leben ein gutes Bildungssystem auf die Beine stellen können, dafür sorgt, dass man die Realität durch eine dunkelgraue Brille sieht. Oder um Pippi Langstrumpf zu zitieren: „ich mach mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt“

Jusos, Logik und Statistik

Eine immer wieder lesenswerte Seite ist das Blog der Landes-SPD Baden-Württemberg.

Heute findet sich dort unter dem Titel „Stromlücke ist an Überproduktion verstorben“ ein Beitrag der stellvertrenden Juso-Vorsitzenden Baden-Württembergs.

Nun belegen Zahlen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen, dass Deutschland mit 9 Millionen Kilowattstunden den höchsten Produktionsüberschuss in seiner Geschichte an Strom erzielt hat. Kurz: Es wurden 6,7 Prozent mehr Strom erzeugt als verbraucht. [..] Würde man eine ausgeglichene Bilanz erreichen wollen, könnte man sechs weitere Atommeiler sofort vom Netz nehmen, ohne, dass eine einzige Kilowattstunde fehlen würde.

Ja, genau. Und wenn ich meinen linken Fuss in kochendes Wasser stelle und den rechten Fuss in Trockeneis, habe ich die gemütliche Durchschnittstemperatur von 22° C. Warum jammern.

Viel interessanter als die Menge der Überproduktion wäre die Dauer der Überproduktion. Es gibt im Sommer durchaus windstille Nächte, im Winter Zeiten fast leerer Flußläufe, …

Es kann ja durchaus sein, dass wir in Deutschland generell eine Überproduktion an Strom haben, aber mit den obigen Zahlen kann man das nicht belegen.

Man könnte sich beispielsweise die Strombörse in Leipzig als Ausgangspunkt nehmen und sich die Strompreise grafisch anzeigen lassen. Da findet man dann grosse Preisunterschiede. Zum Beispiel im 2-Tageschart vom 20.07.2010. Gestern Nachmittag kostete die MWh durchschnittlich 35 €, Heute Nacht waren es 55 €. Es gibt auch grössere Schwankungen. Letztes Jahr im Dezember musste man pro MWh fast 25 € bezahlen, damit man seinen Strom jemandem überlassen durfte, im Oktober gab es Zeiten, in denen man pro MWh über 75 € bekommen hat.

Damit hätte man zwar auch keinen lupenreinen Nachweis, aber man hätte zumindest mal ein Indiz mit dem man weiterarbeiten kann.

 

np: Santana – put your lights on

Kompetenz bei den Jusos

Über die Fähigkeiten von Juso-Vorstandsmitgliedern, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge auseinanderzuhalten, hatte ich bereits hier und dort ein wenig geschrieben.

Dass eine Promotionsstudentin und Inhaberin des 2. Staatsexamens im Fachgebiet Jura (Frau Drohsel) und ein Diplom-Politologe (Herr Böhning) es nicht schaffen, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bezüglich der Vorratsdatenspeicherung sinnentnehmend zu lesen, macht mich dann aber schon ein wenig betroffen. Bei den Jusos ist zu lesen:

Der Sprecher des Gesprächskreises Netzpolitik beim SPD-Parteivorstand Björn Böhning und die Juso-Bundesvorsitzende Franziska Drohsel begrüßen das heute ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Speicherung von Telekommunikationsdaten:

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts stellt eindeutig fest: Daten dürfen nicht auf Vorrat gespeichert werden.

Vielleicht findet sich ja jemand, der den beiden mal erklärt, was das BVerfG in1 BvR 256/08 gemeint hat, als es ziemlich weit oben geschrieben hat

Eine sechsmonatige, vorsorglich anlasslose Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten durch private Diensteanbieter[..] ist mit Art. 10 GG nicht schlechthin unvereinbar;

Was vom Lohne übrig blieb

Im Moment wird in diversen blogs kontrovers über Steuersenkungen, Erhöhungen, (gebrochene) Wahlversprechen, das politische  Mittel von null und zwei (es scheint drei zu sein) und die Staatsverschuldung diskutiert.

Dort wird wie üblich viel Wahres aber auch viel Schrott geschrieben. Da ich im Gegensatz zu Frau Kraft von der SPD in NRW über genügend Webspace verfüge, möchte ich diesen nutzen, die Steuer- und Abgabenthematik aus der Perspektive eines Lohnempfängers und dessen Arbeitgebers zu betrachten.

Nehmen wir mal an, es gibt da einen kleinen chemischen Betrieb, der sich auf Feinchemikalien spezialisiert hat. Dieser Betrieb hat im Jahr 2008 einen guten Umsatz und Gewinn gemacht, weshalb der Chef am Ende des Jahres den Mitarbeitern eine zusätzliche Gratifikation auszahlen will. Da sich alle für den Erfolg der Firma eingesetzt haben, möchte er jedem Mitarbeiter die gleiche Summe bezahlen und kommt auf einen Betrag von 2’000 EUR, der pro Person zur Verfügung steht.

Da Gratifikationen Lohnbestandteil sind und deshalb sozialversicherungspflichtig, muss von diesen 2’000 EUR auch der Arbeitgeberanteil an gesetzlicher Renten-, Arbeitslosen,- Kranken- und Pflegeversicherung sowie der Beitrag an die Berufsgenossenschaft entrichtet werden.

Wenn man das alles abzieht, kommt man auf eine Bruttogratifikation von 1’650 EUR, die auf dem Lohnzettel ausgewiesen wird.

Der Chemiker, der ein Jahres-Einkommen von 40’000 EUR hatte, muss nun 41’650 EUR versteuern.

Von den insgesamt 2’010 EUR Gratifikation (die die Firma zahlen muss) gehen:

  • 328,34 EUR an die Deutsche Rentenversicherung
  • 54,44 EUR an die Bundesagentur für Arbeit
  • 36,29 EUR an die Pflegeversicherung
  • 270,59 EUR an die AOK Saarland
  • 19,80 EUR an die Berufsgenossenschaft Chemie
  • 591,84 EUR an das Finanzministerium
  • 708,84 EUR an den Angestellten

und das ganze in grafischer Form

nettoquote

Natürlich bekommt er für die vielen Sozialabgaben auch eine Gegenleistung.

  • In der gesetzlichen Rentenversicherung erhält er 0,055 Beitragspunkte, was momentan einer zusätzlichen Brutto-Rente von 1,47 EUR entspricht. Gut, da geht dann noch die halbe Krankenversicherung ab und die komplette Pflegeversicherung, steuerpflichtig wird die Rente auch voll sein, wenn er sie mal bekommt und wenn er schon mit 62 geht, werden auch noch 18% abgezogen. Aber selbst dann wird seine Einzahlung (einen Grenzsteuersatz von 25% unterstellt) für eine Nettorentenerhöhung von 78 Cent sorgen. Schon nach 34 Jahren, wird sich die Einzahlung amortisiert haben. Dafür muss er gerade mal 96 Jahre alt werden.
  • In der Arbeitslosenversicherung erhöht sich sein monatliches Arbeitslosengeld um 34,11 EUR. Allerdings nur, wenn er innerhalb des Jahres 2009 arbeitslos wird. Sollte es der Firma zuerst ein wenig schlechter gehen, bevor sie insolvent wird oder betriebsbedingt kündigen muss, ist das Geld weg (also nicht wirklich weg, aber es entsteht dann keine Gegenleistung).
  • Die Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherung sind nicht vom Beitrag abhängig. Da die maximale Höhe der Zuzahlungen an seinen Bruttolohn gekoppelt ist, wird er allerdings – wenn er Pech hat – 33 EUR mehr an Praxisgebühr, Medikamentenzuzahlungen und Krankenhausbezahlung leisten müssen.

Man soll nicht immer fragen, was der Staat für einen tun kann, aber ich finde, bei einer Nettoquote von 35,3% wird man es zumindest einmal tun dürfen.

Und jetzt noch ein kleiner Exkurs für die Jusos, die das mit der Steuer und den Abgaben nicht so recht trennen können.

Beim Hausmeister, der vorher ein Jahresbrutto von 16’000 EUR hatte sieht das ganze so aus:

nettoquote2

Und bei der Laborleiterin, die vorher 70’000 EUR Jahresgehalt hatte, ergibt sich folgendes Bild:

nettoquote3

So, vor dem kommentieren kurz nachdenken 🙂

Als kleine Anregung: die Schaubilder beziehen sich jeweils auf die zusätzlichen Lohnkosten.

Die Ist-Situation im Steuerrecht bei Ehepaaren

Ausgelöst durch einen kurzen Twitter-Schlagabtausch (140 Buchstaben können so wenig sein), folgt an dieser Stelle eine kurze Darstellung der Ist-Situation bei Ehepaaren und Familien im Steuer- und Abgabenrecht.

Folgende Ausführungen beziehen sich ausschliesslich auf Einkommen aus unselbständiger Arbeit. Für die ganzen anderen Einkommensarten stimmt untenstehendes teilweise nicht ganz, teilweise gar nicht. Manche Sachen habe ich vereinfacht, da finden sich dann in eckingen Klammern [] ein wenig Erläuterungen.

Fangen wir mit dem einfachen an, den Steuern.

In Deutschland gibt es ungeachtet der diversen Lohnsteuerklassen nur zwei Steuertarife:

  • Die Grundtabelle, nach der alle Alleinstehenden und nicht zusammen veranlagten Ehepaare versteuert werden
  • die Splittingtabelle nach der alle zusammen veranlagten Ehepaare versteuert werden.

Zwischen diesen Tabellen gibt es einen einfachen Zusammenhang: Wenn man das zu versteuernde Einkommen aus der Splittingtabelle halbiert und diesen Wert in der Grundtabelle heraussucht, kommt man genau auf den halben Einkommensteuerbetrag der Splittingtabelle.

Als Beispiel: Das zu versteuernde Einkommen der Familie Müller (welches sich aus dem Einkommen von Herrn und Frau Müller zusammensetzt, minus diverser Abzüge) betrug im Jahr 2009 90’000 EUR. Dafür musste die Familie Müller 21’932 EUR Einkommensteuer bezahlen.

Wenn man die Steuerlast für 45’000 EUR (die Hälfte des Familieneinkommens) in der Grundtabelle anschaut, findet man dort eine Steuerlast von 10’966 EUR. Verdoppelt man diesen Betrag, kommt man genau auf die 21’932 EUR, die die Familie Müller zahlen muss.

Zwei Singles, Herr Meier und die mit ihm zusammenlebende Frau Schulz, die jeweils 45’000 EUR verdienen, zahlen zusammen genau soviel Steuern wie das Ehepaar Müller, welches über das gleiche Einkommen verfügt.

Was jetzt den Kritikern des Ehegattensplittings nicht gefällt ist die Tatsache, dass es anders als bei den Singles Meier und Schulz bei den Müllers völlig egal ist, wie sich das Einkommen auf die beiden verteilt. Ob jetzt beide jeweils 45’000 EUR zu versteuerndes Einkommen haben, oder Frau Müller 60’000 EUR und Herr Müller 30’000 EUR, oder Herr Müller 90’000 EUR und Frau Müller nichts, ändert an der Steuerlast für das Ehepaar gar nichts [Ich weiss, dass Frau Müller ohne Einkommen keine Werbungskostenpauschale hat und verschiedene Vorsorgepauschalen gedeckelt sind].

Das ist so, weil man das Ehepaar Müller im Vergleich zu den Lebensabschnittsgefährten Meier und Schulz als ein Steuersubjekt ansieht und davon ausgeht, dass es eine Kasse gibt, und sich die Eheleute gegenüber voll unterhaltspflichtig sind. Dass man das bei Meier und Schulz über sogenannte Bedarfs-, Verantwortungs- oder Einstehensgemeinschaften ebenfalls finigeren will und zwar dann, wenn einer der beiden staatliche Leistungen erhalten würde, empfinde ich im übrigen als einen Mißstand. Aber die Tatsache, dass sich der Staat da aus der Verantwortung ziehen will (solange es gut läuft zahlt ihr viele Steuern, wenn es schlecht läuft müsst ihr füreinander einstehen ohne dafür entsprechend entlastet zu werden), sollte man nicht dem Ehegattensplitting als Nachteil anrechnen.

Ein weiterer Punkt, der den Kritikern des Ehegattensplittings mißfällt, ist die Tatsache, dass es die Lohnsteuerklassen III und V gibt. Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer, die der Arbeitgeber monatlich vom Lohn einbehält und an das Finanzamt überweist. Erst nachdem das Jahr beendet ist, findet die echte Berechnung der Steuerlast statt, alles vorher waren prinzipiell sowas wie Abschlagszahlungen.

Für Singles gilt: Wer das ganze Jahr über hindurch gleichmäßig verdient hat, wird am Ende weder nachzahlen noch etwas herausbekommen. Wer aber z.B. sein Studium beendet hat und erst im September eine Stelle angetreten hat, oder wer im August arbeitslos wurde und erst im neuen Jahr die nächste Stelle angetreten hat, bekommt in aller Regel eine Steuererstattung [da kommt es dann noch darauf an, ob die Firma einen internen Lohnsteuerjahresausgleich gemacht hat oder nicht. In ersterem Fall gibt’s schon im Dezember ein höheres Nettogehalt, im zweiten Fall muss man selbst einen machen].

Für Verheiratete gilt: Was bei Singles relativ einfach machbar ist, funktioniert bei Verheirateten in der jetzigen Situation nur begrenzt. Zwei Menschen verdienen vermutlich unterschiedlich viel und der Arbeitgeber dieser beiden Menschen, der die Lohnsteuer an das Finanzamt abführen muss, weiss nicht, wie viel oder wie wenig oder ob überhaupt der Partner des Angestellten verdient. Die einfache Variante ist, einfach beide während des Jahres wie Singles zu versteuern und dann am Ende zu schauen, wieviel Steuern bezahlt werden müssen. Das gibt es bereits in Form der Lohnsteuerklasse IV. Beide Ehepartner sind in dieser Lohnsteuerklasse und der Arbeitgeber führt genau den gleichen Steuerbetrag ab, wie bei einem Ledigen in der Lohnsteuerklasse I.

Für manche Familien führte das am Ende des Jahres zu einer sehr grossen Steuerrückzahlung. Wenn man unser Ehepaar Müller nimmt, in dem Frau Müller die Geschäftsführerin des elterlichen mittelständischen Betriebs ist und sich Herr Müller mehr für die schönen Künste interessiert und schon seit 7 Jahren an seinem Erstlingswerk herumschnitzt, dann würde Frau Müller während des Jahres in Lohnsteuerklasse IV insgesamt 29’736 EUR Lohnsteuer zahlen, um dann bei der Einkommensteuererklärung 7’782 EUR Steuer zurückerstattet zu bekommen. Die Familie hat also jeweils pro Monat fast 650 EUR Steuern zuviel bezahlt.

Um die Rückerstattungen auf ein erträgliches Maß zu senken, ist der Gesetzgeber auf die Idee gekommen, die Kombination III/V einzuführen. Bei dieser Kombination wird derjenige in Lohnsteuerklasse III so behandelt, als gäbe es kein zweites Einkommen. Man nimmt also (gedanklich) sein Einkommen, halbiert es, schaut nach dem Steuertarif, verdoppelt diesen und zieht das Ergebnis von seinem Lohn ab. Ein Einverdiener-Ehepaar, bei dem der Verdiener in Lohnsteuerklasse III ist (was die Regel sein dürfte), bekommt am Ende des Jahres weder eine Rückzahlung, noch müssen sie etwas nachzahlen.

Was bei einem Verdiener recht gut funktioniert, geht dann beim zweiten Einkommen schief. Der Splittingtarif ist schon komplett beim Vielverdiener gebündelt, was soll man also dem geringer Verdienenden an Steuer abziehen, wenn man doch gar nicht weiss, was der Vielverdiener hat?

——————————-

WICHTIG WICHTIG WICHTIG

Ab hier findet ein Schwenk von zu versteuerndem Einkommen hin zum Einkommen statt, weil man sich nicht mehr in den 2 Grundtarifen bewegt.

——————————-

Wenn man sich die Lohnsteuertabelle für die Klasse V anschaut, dann stellt man fest, dass es da kein Existenzminimum gibt. Schon bei 5’000 EUR Jahreseinkommen werden 571 EUR Einkommensteuer fällig. Die Steuern sind nicht völlig aus der Luft gegriffen, aber auch nicht einfach in Worte zu fassen. Ich möchte an dieser Stelle das Gesetz zitieren:

§ 39b II S. 6 EStG

In den Steuerklassen V und VI ist die Jahreslohnsteuer zu berechnen, die sich aus dem Zweifachen des Unterschiedsbetrags zwischen dem Steuerbetrag für das Eineinviertelfache und dem Steuerbetrag für das Dreiviertelfache des zu versteuernden Jahresbetrags nach § 32a Abs. 1 ergibt; die Jahreslohnsteuer beträgt jedoch mindestens 14 Prozent des Jahresbetrags, für den 9 225 Euro übersteigenden Teil des Jahresbetrags höchstens 42 Prozent und für den 26 276 Euro übersteigenden Teil des zu versteuernden Jahresbetrags jeweils 42 Prozent sowie für den 200 320 Euro übersteigenden Teil des zu versteuernden Jahresbetrags jeweils 45 Prozent.

Das verstehen nur wenige und die dahinter stehenden Überlegungen versteht vermutlich keiner mehr. Vielleicht hat man irgendwelche Statistiken ausgewertet und ist zum Schluß gekommen, dass das am wenigsten Nachzahlungen und Rückerstattungen bewirkt.

So. Und jetzt wenden die Kritiker des Ehegattensplittings ein, dass man damit die Leistung des geringer Verdienenden marginalisiert, weil von seinem Brutto-Monatsverdienst in Höhe von 1’500 EUR gerade mal 801,54 EUR übrigbleiben. Der Meinung kann man durchaus sein und interessanterweise schafft die Lohnsteuerklasse V auch Allianzen, die für gewöhnlich nicht oder als Letzte genannt werden, wenn man frei 2 Parteien des Bundestags zusammenführen soll.

Sowohl die Linke als auch die FDP haben jeweils einen Antrag in den Bundestag eingebracht, der die Abschaffung der Lohnsteuerklassenkombination III/V zum Inhalt hatte. (Es geht, ich kann wirklich Linke und FDP in einem Satz schreiben, ohne dass die Tastatur implodiert).

In der Tat birgt die Lohnsteuerklassenwahl III/V einige Ungerechtigkeiten (die aber grundsätzlich nichts mit dem Ehegattensplitting zu tun haben).

Die Höhe von Lohnersatzleistungen hängt maßgeblich vom Bruttogehalt und der gewählten Lohnsteuerklasse ab. Lohnersatzleistungen sind so Dinge wie

  • Arbeitslosengeld I
  • Mutterschaftsgeld
  • Elterngeld
  • Krankengeld

Ausserdem wirkt sich die Lohnsteuerklasse auf das Gehalt in der Altersteilzeit aus. Aber das führt hier jetzt wirklich zu weit 🙂

Während man zuviel bezahlte Steuern am Ende des Jahres wieder bekommt, werden die geringeren Auszahlungen bei den Lohnersatzleistungen nicht kompensiert [ein wenig schon, da es sich um steuerfreie Leistungen handelt, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen].

Diese Ungerechtigkeit könnte man abschaffen, in dem man beispielsweise für das Arbeitslosengeld einfach § 133 I Nr. 2 SGB III ändert und als Bemessungsgrundlage die Lohnsteuerklasse I nimmt. Oder man lässt das pauschalieren ganz sein und zieht die Steuer wirklich ab, so dass sie am Ende des Jahres ganz normal in die Einkommensteuererklärung einfliesst (so machen das zum Beispiel die Schweizer). Das würde natürlich einen Geldfluß von der Bundesagentur für Arbeit zum Finanzminister bedeuten, aber da fliesst eh schon viel Geld in unterschiedliche Richtungen.

Diese Ungerechtigkeiten haben allerdings grundsätzlich nichts mit dem Ehegattensplitting zu tun, sondern mit der Steuerklassenwahl.

Liest bis hier noch jemand mit? Falls ja, mach ich morgen weiter, wenn ich einen Kommentar unter dem Beitrag finde 🙂