Was vom Lohne übrig blieb

Im Moment wird in diversen blogs kontrovers über Steuersenkungen, Erhöhungen, (gebrochene) Wahlversprechen, das politische  Mittel von null und zwei (es scheint drei zu sein) und die Staatsverschuldung diskutiert.

Dort wird wie üblich viel Wahres aber auch viel Schrott geschrieben. Da ich im Gegensatz zu Frau Kraft von der SPD in NRW über genügend Webspace verfüge, möchte ich diesen nutzen, die Steuer- und Abgabenthematik aus der Perspektive eines Lohnempfängers und dessen Arbeitgebers zu betrachten.

Nehmen wir mal an, es gibt da einen kleinen chemischen Betrieb, der sich auf Feinchemikalien spezialisiert hat. Dieser Betrieb hat im Jahr 2008 einen guten Umsatz und Gewinn gemacht, weshalb der Chef am Ende des Jahres den Mitarbeitern eine zusätzliche Gratifikation auszahlen will. Da sich alle für den Erfolg der Firma eingesetzt haben, möchte er jedem Mitarbeiter die gleiche Summe bezahlen und kommt auf einen Betrag von 2’000 EUR, der pro Person zur Verfügung steht.

Da Gratifikationen Lohnbestandteil sind und deshalb sozialversicherungspflichtig, muss von diesen 2’000 EUR auch der Arbeitgeberanteil an gesetzlicher Renten-, Arbeitslosen,- Kranken- und Pflegeversicherung sowie der Beitrag an die Berufsgenossenschaft entrichtet werden.

Wenn man das alles abzieht, kommt man auf eine Bruttogratifikation von 1’650 EUR, die auf dem Lohnzettel ausgewiesen wird.

Der Chemiker, der ein Jahres-Einkommen von 40’000 EUR hatte, muss nun 41’650 EUR versteuern.

Von den insgesamt 2’010 EUR Gratifikation (die die Firma zahlen muss) gehen:

  • 328,34 EUR an die Deutsche Rentenversicherung
  • 54,44 EUR an die Bundesagentur für Arbeit
  • 36,29 EUR an die Pflegeversicherung
  • 270,59 EUR an die AOK Saarland
  • 19,80 EUR an die Berufsgenossenschaft Chemie
  • 591,84 EUR an das Finanzministerium
  • 708,84 EUR an den Angestellten

und das ganze in grafischer Form

nettoquote

Natürlich bekommt er für die vielen Sozialabgaben auch eine Gegenleistung.

  • In der gesetzlichen Rentenversicherung erhält er 0,055 Beitragspunkte, was momentan einer zusätzlichen Brutto-Rente von 1,47 EUR entspricht. Gut, da geht dann noch die halbe Krankenversicherung ab und die komplette Pflegeversicherung, steuerpflichtig wird die Rente auch voll sein, wenn er sie mal bekommt und wenn er schon mit 62 geht, werden auch noch 18% abgezogen. Aber selbst dann wird seine Einzahlung (einen Grenzsteuersatz von 25% unterstellt) für eine Nettorentenerhöhung von 78 Cent sorgen. Schon nach 34 Jahren, wird sich die Einzahlung amortisiert haben. Dafür muss er gerade mal 96 Jahre alt werden.
  • In der Arbeitslosenversicherung erhöht sich sein monatliches Arbeitslosengeld um 34,11 EUR. Allerdings nur, wenn er innerhalb des Jahres 2009 arbeitslos wird. Sollte es der Firma zuerst ein wenig schlechter gehen, bevor sie insolvent wird oder betriebsbedingt kündigen muss, ist das Geld weg (also nicht wirklich weg, aber es entsteht dann keine Gegenleistung).
  • Die Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherung sind nicht vom Beitrag abhängig. Da die maximale Höhe der Zuzahlungen an seinen Bruttolohn gekoppelt ist, wird er allerdings – wenn er Pech hat – 33 EUR mehr an Praxisgebühr, Medikamentenzuzahlungen und Krankenhausbezahlung leisten müssen.

Man soll nicht immer fragen, was der Staat für einen tun kann, aber ich finde, bei einer Nettoquote von 35,3% wird man es zumindest einmal tun dürfen.

Und jetzt noch ein kleiner Exkurs für die Jusos, die das mit der Steuer und den Abgaben nicht so recht trennen können.

Beim Hausmeister, der vorher ein Jahresbrutto von 16’000 EUR hatte sieht das ganze so aus:

nettoquote2

Und bei der Laborleiterin, die vorher 70’000 EUR Jahresgehalt hatte, ergibt sich folgendes Bild:

nettoquote3

So, vor dem kommentieren kurz nachdenken 🙂

Als kleine Anregung: die Schaubilder beziehen sich jeweils auf die zusätzlichen Lohnkosten.

4 Gedanken zu „Was vom Lohne übrig blieb“

  1. Ich erkenne Vorteile in Deinem neuen Blog Layout (die Grafiken sind breiter) und Nachteile im Deutschen Steuer- und Sozialsystem (die Beiträge sind zu hoch).

    Ich bin momentan auch hin und hergerissen zwischen den Ankündigungen von CDU und FDP die Steuern bestensfalls zu senken und den Nachfragen der anderen Parteien, wie dies finanziert werden soll. Bei der hohen Neuverschuldung in den kommenden Jahren lässt sich hier leider wenig ausrichten, es sei denn, dass man statt die immer die Verschuldung mit den Ausgaben zu erhöhen auch mal die Ausgaben senkt.

    Wenn ich mir die Ausgaben des Bundes insbesondere auch im Konjukturpaket so anschaue, komme ich zu dem Schluss, dass das einzige, was schlimmer ist als eine Wirtschaftskrise, eine Wirtschaftskrise in einem Wahljahr ist. Da werden ein paar Milliönchen für Quelle und Co. locker gemacht, Kommunen bauen auf Grund von zu grossen Einschränkungen bei der Projektvergabe mit den Geldern die tollsten Handballhallen, Fussballstadien oder versetzen auch mal eine Insel für die Ruder WM – anstatt beispielsweise marode Schulen zu sanieren.

    Ich könnte jetzt ewig so weitermachen, aber die Zigarettenpausenzeit für Nichtraucher ist vorbei.

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