Nachtrag zum Adventskalender

Ich springe mittlerweile wirklich nicht mehr über jedes Stöckchen, das man mir hinhält. Die Jahre haben ihre Wirkung gezeigt und ab und an blitzt deshalb vermutlich ein wenig Altersmilde auf.

Es gibt allerdings Stöckchen, über die ich vermutlich noch springen will, wenn sie mich dafür aus dem Rollstuhl heben müssten und drüberschmeissen.

Auf den letzten Beitrag im Adventskalender habe ich eine Email bekommen.

Der Tenor war ganz grob, ob das denn wirklich sein müsse und so.

Ganz ehrlich, was habe ich denn gemacht? Ich habe eine Studie, die im New Scientist und im BJU veröffentlicht wurde, verlinkt.

Nur verlinkt, ich habe sie nicht mal zitiert. Wer nicht auf den link geklickt hat, oder auf den link geklickt hat aber kein englisch kann, weiß also überhaupt nicht, dass

The team concludes that the more men ejaculate between the ages of 20 and 50, the less likely they are to develop prostate cancer. The protective effect is greatest while men are in their twenties: those who had ejaculated more than five times per week in their twenties, for instance, were one-third less likely to develop aggressive prostate cancer later in life

Es handelt sich um den New Scientist und das BJU, wobei entgegen anderslautender Gerüchte die Abkürzung BJU British Journal of Urology bedeutet und nicht für die Blow Job University steht.

Das sind zwei über jeden vernünftigen Zweifel erhabene wissenschaftliche Magazine, nicht die britischen Entsprechungen von Bild oder Super-Illu.

Man findet die Studie komplett hier und wer ein wenig Statistik kann, darf sogar selbst nachrechnen.

Ich muss zugeben, dass ich anfänglich ein wenig über die Tabellen erstaunt war.

bju

Zuerst dachte ich „Wow, nur 20 Sekunden“, aber dann habe ich begriffen, dass damit das Alter der Männer gemeint war und das die Daten aus ihren „Zwanzigern“ sind.

Aber genug zur Studie. Zurück zur Mail.

Es scheint sich beim Schreiber um einen scheinbar religiös motivierten Menschen zu handeln.

Nach einer kurzen Einleitung, dass er meinen blog ja sehr schätzen würde und im Allgemeinen gerne liest, kam das unvermeidliche1 „Aber“:

So ein unappetitliches Thema ist an diesem Feiertag wirklich unangebracht

An dieser Stelle habe ich kurz innegehalten und mir überlegt, welches der drei angeschnittenen Themen er wohl gemeint haben könnte: Inkontinenz, Prostatakrebs oder Onanieren. Ich persönlich hätte ja Onanieren auf die letzte Stelle gesetzt, wenn es um Unangenehmes geht. Er aber wohl auf die erste, denn im weiteren Verlauf musste ich dann auch noch irgendwas von Sünde lesen.

Ich bin weit davon entfernt, alle Religionen zu kennen, aber in keiner der mir bekannten ist Inkontinenz oder Prostatakrebs eine Sünde.

Es kann natürlich sein, dass durch irgendein katastrophales Ereignis in irgendeinem abgelegenen und von der Welt vergessenen Tal eine Sekte entstanden ist, die Männer, die aus dem Penis tröpfeln zu Boten Satans erklärt, teert, federt und anschließend aus dem Dorf jagt. Aber da es dort dann vermutlich kein Internet gibt, hätte ein Anhänger dieses Glaubens die Seite wahrscheinlich nicht lesen können.

Ganz ehrlich. Das war nur ein link.

Was hätte man aus diesem Thema nicht alles machen können, inklusive der Frage, ob privat Krankenversicherten eine andere Form der Prostatakrebs-Prophylaxe zusteht als gesetzlich Versicherten und falls ja, wie die dann aussieht, oder woher um alles in der Welt die Forscher die Kontrollgruppe bekommen haben. Habe ich aber alles nicht gemacht.

Enden möchte ich mit dem Schluß der Email

Ich hoffe dass sie sich meine Worte zu Herzen nehmen und darüber nachdenken

Mmmh, dann mach‘ ich das Mal.

Also, männlicher Teil meiner Leserschaft (ja, ich mein Euch zwei):

Häufiges Ejakulieren macht nicht nur Spaß sondern verringert auch das Risiko, an der dritthäufigsten tödlichen Krebserkrankung zu sterben oder im Alter auf Windeln angewiesen zu sein. Man bekommt dadurch weder krumme Finger noch erblindet man und das letzte Mal, dass ein Gott eingegriffen hat, ist auch schon ein wenig länger her.

Da gefiel dem Herrn übel, was er tat, und er tötete ihn auch.

(Genesis 38,10)

Vielleicht trotzdem nicht unbedingt bei Gewitter und Regen auf einem freien Feld ausprobieren. Man muss es ja nicht herausfordern.

Und für den weiblichen Teil meiner Leserschaft:
Mir ist jetzt keine medizinische Indikation für Masturbieren bekannt, aber manchmal reicht es ja auch, dass es einfach Spass macht.

  1. In Wahrheit schätzen solche Leute meinen Blog nämlich nie []

Adventskalender 25/24

Liebes Facebook-Team,
ich kann ja verstehen, dass ich nicht immer passgenaue Werbung bekomme, auch wenn Ihr Euren Kunden etwas anderes versprecht.

Ich hab‘ mich an Empfehlungen für Helene-Fischer-Konzerte gewöhnt, an Cremes auf Hyaluronsäure-Basis und ja, auch an Werbung für Testosteron-Präparate1.

Ich werde halt älter und vermutlich sitzt irgendjemand in Menlo Park der denkt, dass alte deutsche Männer langsam schwachsinnig werden2, faltig wie ein chinesischer Nackthund und Probleme mit ihrem Hormonhaushalt bekommen. Stimmt zwar nicht, beziehungsweise es ist mir egal, aber ich kann damit leben, solche Werbung zu bekommen. Man kann sie ja problemlos ignorieren.

Aber das:

Screenshot_2015-12-25-07-38-23-01

ernsthaft?

Ihr solltet dringend an Eurer Bilderkennungssoftware arbeiten. Das auf dem Foto war eine Damenbinde und ich hatte sie im Gesicht.

Ja, ich sehe vielleicht ein bisschen so aus, als hätte ich Pipi in den Augen, aber das entscheidende Wort im ersten Halbsatz ist nicht Pipi sondern Augen.

Und wenn es um Prostata-Prophylaxe geht, glaube ich lieber seriösen Wissenschaftlern, die im new scientist ein peer-review überstehen und publizieren dürfen, als Menschen, die sich Werbeplatz auf einem sozialen Netzwerk kaufen.

Und das hat gar nichts, aber so überhaupt gar nichts damit zu tun, dass die Empfehlungen der Wissenschaftler um einiges angenehmer sind, als die, sich Binden in die Unterhose zu kleben.

  1. auch wenn da ein Tippfehler in der Werbung war, der mein ohnehin nicht vorhandenes Vertrauen in das „Tetsosteron-Präparat“ völlig zerstört hätte []
  2. Helene-Fischer []

Adventskalender 23/24

Da viele Menschen der Meinung sind, „face tamen“ wäre englisch, dann feststellen müssen, dass das Wörterbuch „tamen“ nicht kennt, zumindest nicht das englische, oder um ganz genau zu sein, dass englisch-deutsche, fragt der ein oder andere nach.

Die schnelle Antwort:

„face tamen“ ist nichts anderes als das „yolo“ des versnobten, humanistisch gebildeten Bürgertums.

Man könnte auch auf das „just do it“ von nike zurückgreifen, welches von eben jenen Menschen übrigens so gesprochen wird, wie man es schreibt (mit der Betonung auf der erstens Silbe), weil sie erstens nicht wissen, wie man das auf englisch ausspricht (stummes e am Ende oder nicht) und zweitens wieder mal den Klugscheisser raushängen lassen können. Ich meinte übrigens „nike“, nicht „just do it“, falls sich jemand fragt, an welchem Wort da ein stummes e am Ende sein könnte.

Während 2012 gefühlt jedes 5. T-Shirt mit #yolo bedruckt war, nachdem es zum Jugendwort des Jahres gewählt wurde, danach abrupt von keinem unter 30 mehr benutzt wurde und die T-Shirts in die Krabbelkiste bei Charmant&Attraktiv wanderten, findet man „face tamen“ eher selten auf T-Shirts. Ich hab’s bisher nur auf zweien gesehen und dann auch nur in spiegelverkehrt.

Aber das sagt ja alles nichts darüber aus, warum ich das zu einer meiner Lebens-Maximen (ich bin mir unschlüssig ob es jetzt Mottos, Motti, oder Motten heißt und Maxime klingt genau so gut) gemacht habe.

Zum ersten Mal gesehen habe ich den Spruch 1993 an einer Bremer Autobahnbrücke als Vierzeiler:

carpe diem
delecta noctem
respice finem
face tamen

was so viel bedeutet wie

Nutze den Tag
Geniesse die Nacht
Bedenke das Ende
Tu es dennoch

Damals war ich noch jung, und das finem ziemlich weit weg.

Mittlerweile ist es näher gerückt. Wenn ich den Mathematikern des statistischen Bundesamts und ihren Sterbetafeln trauen darf, dann hab‘ ich schon mehr Sonnenaufgänge hinter, als Sonnenuntergänge vor mir.

Da gewinnt das mit dem face plötzlich eine ganz andere Bedeutung.

Was mich zu einem kurzen Einschub für Leute bringt, die ab und zu mal laut in der Öffentlichkeit fluchen müssen. Tourette light, also zwar so vorhanden, dass man manchmal einfach raus damit muss, aber nicht so schlimm, dass man es als Entschuldigung benutzen kann.

Einfach ganz laut „fuck“ sagen. Läßt sich von „fac“ nicht unterscheiden und falls irgendjemand kritisch schaut – wobei solche Menschen eher indigniert als kritisch schauen – einfach antworten mit:
„Imperativ I, Singular, aktiv von facere. Ich versuche nur, mir ein bisschen Mut zuzusprechen“.

Die meisten sind dann stumm, die anderen langweilen mit Geschichten über ihren Lateinunterricht, der noch von Cicero persönlich geleitet wurde.

Eigentlich sollte es heute um was ganz anderes gehen, aber irgendwie schaffe ich es nicht, mich um meine Ziele zu kümmern.

Weil es irgendwie passt, kommt jetzt noch das bisherige Resümee dieses Adventskalenders:

Adventskalender 11/12

Man merkt, dass Weihnachten wird. 15°C und Sonnenschein.

Ich könnte das mit den Weihnachtsbäumen noch auflösen. Interessiert nicht wirklich, ich weiß, aber falls irgendjemand in 500 Jahren mal diesen Blog ausgräbt und sich fragt, wie das denn damals war, mit den Mehrwertsteuersätzen, dann soll er auch eine Antwort finden.

Ich mach’s auch kurz, versprochen.

Je nachdem, ob der Baum echt oder künstlich ist, von einem Gewerbetreibenden, einem pauschalierenden oder einem nicht pauschalierenden Landwirt verkauft wird und ob er einfach so im Wald gewachsen ist, oder in einer Sonderkultur, werden 5,5% oder 7% oder 10,5% oder 19% Umsatzsteuer fällig.

Nicht, dass das wichtig wäre, Hauptsache er nadelt nicht.

Wobei die bei mir immer genadelt haben, völlig egal, ob ich was teures oder was günstiges gekauft habe, ihn erst kurz vor Weihnachten oder schon Anfang Dezember aufgestellt habe, ob ich so einen teuren Ständer mit Wasserreservoir oder was billiges mit Blechschrauben hatte.

Spätestens, wenn ich den Baum an Dreikönig in der Hand hatte und versucht habe, möglichst kollisionsfrei auf den Balkon zu kommen, hat es zapp gemacht und das Ding war nackt1. Vermutlich sind Nadelbäume mit Eidechsen verwandt. Bei Gefahr wird einfach ein ein Körperteil abgeworfen.

  1. Der Kalauer wäre jetzt selbst mir zu billig []