Milchvieh-Haltung unter dem Aspekt der Gendergerechtigkeit

kuhIm nächsten Jahr stehen insgesamt Wahlen zu 7 Landesparlamenten an.

Weil die Grünen fast nirgends mehr in der Regierung sind, weil die SPD einfach nicht auf die Füße kommt und weil die Menschen (teilweise zurecht) von der Regierungsarbeit der jetzigen Koalition im Bund ein wenig enttäuscht sind, läuft momentan alles zu den Grünen.

In Berlin und Baden-Württemberg liegen sie in Umfragen konstant vor der SPD, im Bund werden sie relativ stabil auf über 20% geschätzt.

Ich möchte jetzt mal aussen vor lassen, dass Grüne in Regierungsverantwortung oft so gar nichts mit Grünen in der Opposition gemein haben, beginnend beim Kosovo-Krieg, dem ersten Kampfeinsatz deutscher Truppen nach dem II. Weltkrieg (der dazu auch noch ohne UN-Mandat geführt wurde), über ihre völlig nebulöse Haltung bei der Endlagersuche (dass radioaktiver Abfall endgelagert werden muss, wissen auch die Grünen, ein blosser Erkundungsstopp ändert daran nichts) bis hin zur aktuellen Entscheidung der grünen MdL im nordrhein-westfälischen Landtag, dem Jugendschutz-Medienstaatsvertrag aus Parlamentsräson zuzustimmen, obwohl die beiden Parteien die jetzt dort die Regierung stellen, diesen JMStV im Wahlkampf abgelehnt haben.

Um das geht es mir eigentlich gar nicht.

Richtig spannend finde ich z.B. ihr Parteistatut und da ganz besonders das Frauenstatut, in dem man unter anderem lesen kann:

Redelisten werden getrennt geführt, Frauen und Männer reden abwechselnd. Ist die Redeliste der Frauen erschöpft, ist die Versammlung zu befragen, ob die Debatte fortgesetzt werden soll.

[..]

Die Mehrheit der Frauen einer Bundesversammlung, eines Länderrates und anderer Gremien hat ein Vetorecht mit aufschiebender Wirkung. Eine von den Frauen abgelehnte Vorlage kann erst auf der nächsten Bundesversammlung erneut eingebracht bzw. von der Versammlung mehrheitlich an den Länderrat überwiesen werden.

Jetzt ersetzt man Männer/Frauen einfach durch andere „Gegenteile“ und schaut, ob man das ganze immer noch gut und richtig findet.

Ganz harmlos und unverfänglich könnte man einfach tauschen, aus Frauen werden Männer und umgekehrt. Andere Beispiele lasse ich weg, ich will ja nicht schon im ersten Beitrag Godwin’s law erfüllen.

  • Ja, ich weiss, dass in den Vorständen deutscher DAX-Unternehmen fast nur Männer zu finden sind, aber was bringt das dem Werkschutzmann, der monatlich 986 EUR brutto verdient?
  • Ja, ich weiss, dass in den Führungsgremien deutscher Parteien und in den Parlamenten überwiegend Männer zu finden sind, aber was bringt das den über 400’000 männlichen Parteimitgliedern in Deutschland, die nie über den Status eines einfachen Mitglieds hinauskommen?

Ich habe generell ein Problem damit, wenn einer Einzelperson aus der Zugehörigkeit zu einer Gruppe Nachteile erwachsen, ohne dass die Person die Möglichkeit hat, daran etwas zu ändern. Das regt mich schon bei privaten Institutionen auf, wenn beispielsweise Frauen in der PKV grundsätzlich einen höheren Beitrag zahlen müssen als Männer1, oder wenn Nichtmitglieder der öffentlichen Dienstes bei ihrer Kfz-Versicherung einen Aufschlag von 20% bezahlen müssen2.

Wenn das ganze dann aber via Regierungspartei auch noch in Gesetze einfliesst, hört mein Verständnis völlig auf.

  • Du gehörst zu Gruppe X, von Gruppe X tun viele Y, also tust Du das auch, zumindest behandeln wir Dich so, als würdest Du es tun.
  • Du gehörst zu Gruppe A, Gruppe A ist im Bereich B überrepräsentiert, also fördern wir Dich nicht, sondern nur Mitglieder der Gruppe der Anti-A, weil die Gruppe Anti-A nur so aufholen kann.

Man wählt man 27. März 2011 in Baden-Württemberg nur zu einem ganz kleinen Teil „Stuttgart 21“3, man wählt auch eine Politikrichtung, wie sie im Titel dieses Beitrags anklingt. Man wählt eine Partei, die keine Probleme damit hat, dass der Arbeiter aus Mannheim dem Photovoltaikanlage-betreibendem Zahnarzt aus Heidelberg seine 12%-Rendite zahlt, eine Partei, die bisher in keinem Bundesland in dem sie an der Regierung war ein besseres Bildungskonzept hatte, als das derzeitige baden-württembergische.

  1. gibt es eigentlich Studien zu den Krankheitskosten, wenn man die Geburten etc. bei Frauen rausrechnet? []
  2. dass das ganze als Rabatt für Mitglieder des ÖD bezeichnet wird, ändert ja im Grundsatz nichts []
  3. wobei man aufgrund des bisherigen Verhaltens der Grünen in Regierungen auch nicht sicher sein kann, was dann passiert []

Landtagswahl in Baden-Württemberg: Wahlprognose November 2010

Es gibt von der Forschungsgruppe Wahlen eine neue Umfrage zur Landtagswahl in Baden-Württemberg.

Prinzipiell halte ich die Wahlprognosen aufgrund der Schwankungsbreiten ein wenig für Kaffesatzleserei (zum Beispiel, weil niemand ausweist was mit Menschen gemacht wird, die sagen, dass sie nicht wählen), aber es scheinen sich gewisse Tendenzen zu zeigen.

prognose-landtagswahl-2011-bawü-november

Noch 121 Tage bis zur Landtagswahl.

Wahlprognosen zur Landtagswahl in Baden-Württemberg

Wenn man sich die Wahlprognosen, die im Oktober zur Landtagswahl in Baden-Württemberg gemacht wurden, anschaut, kann man sich schon fragen, ob das ganze nur Kaffeesatzleserei ist.

Die Institute

  • abs marktforschung
  • TNS Forschung
  • Allensbach

haben Anfang Oktober eine repräsentative Stichprobe gemacht1 und zusammengefasst folgende Ergebnisse:

Partei Prognose Schwankung
CDU 28% – 38% 35%
SPD 17% – 22% 29%
Grüne 26% – 36% 38%
FDP 5% – 8% 60%
Linke 5% – 7% 40%
Schwarz/Gelb 36% – 43% 20%
Grün/Rot 48% – 53% 10%

Bei zwei Instituten2 reicht es ganz deutlich für eine Grün/Rote-Mehrheit, bei Allensbach kommt eine Sitzverteilung raus, die wie der nordrhein-westfälische Landtag aussieht.

Irgendwie so könnte der nächste baden-württembergische Landtag aussehen:

prognose-landtagswahl-2011-bawü-oktober


Ich geh‘ mir eben mal einen Kaffee machen.

  1. das sind jeweils um die 1’000 Befragte []
  2. TNS Forschung, abs Marktforschung []

Sehr geehrter Herr Schmid

mit einigem Erstaunen habe ich Ihre Pressemitteilung zum Gutachten der Grünen-Landtagsfraktion bezüglich der Mitfinanzierung des Landes bei der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm und Stuttgart21 gelesen.

Wer sich angesichts der Verlängerung der AKW-Laufzeiten ohne Beteiligung1 des Bundesrates zum Gralshüter der Verfassung aufschwingt, sollte nicht bei der ersten sich bietenden Gelegenheit, in der diese Verfassung ein anderes Vorgehen vorschreibt als man das selbst für genehm hält, alles über Bord schmeissen und mit den Wölfen heulen.

Ich weiss natürlich, dass alle politischen Parteien nur die Rosinen aus dem Grundgesetz picken und den verbleibenden Rest nach Gutdünken zerkrümeln. Auch der grünen Landtagsfraktion wäre die Beauftragung eines solchen Gutachtens inklusive Pressekonferenz nie eingefallen, wenn es gegen ein Projekt ginge, dem sie positiv gegenüber eingestellt sind.

Man sollte meines Erachtens aber trotzdem auf den Inhalt eingehen. Davon habe ich in Ihrer Pressemitteilung nichts gefunden.

Stattdessen lese ich folgende Sätze:

Gerade im Rheintal zeigt sich, dass das Land nur dann eine bessere und menschenwürdigere Planung der Schienenwege erreichen kann, wenn es sich an den Kosten der Bahn beteiligt.

[..]

Das Land kann ja wohl nicht auf diese Vorteile verzichten, nur weil die Grünen Stuttgart 21 und die Neubaustrecke verhindern wollen.

Mit ihrem letzten Satz haben sie recht. Es geht aber auch gar nicht darum, was die Grünen wollen. Es geht darum, was im Grundgesetz steht.

Art 104a I GG

Der Bund und die Länder tragen gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt.

Es gibt momentan 2 Gutachten (wovon leider nur eines öffentlich verfügbar ist), die die Frage der Verfassungskonformität der Mitfinanzierung unterschiedlich beurteilen. Das altbekannte: „2 Juristen, 3 Meinungen“ trifft auch auf diese Frage zu. Wenn ich ihre Charta zur Landtagswahl 2011 ernst nehmen soll

Wir führen einen Wahlkampf frei von Phrasen, künstlichen Bildwelten, Inszenierungen und sonstigen Reklametricks. Wer auf solche Mittel zurückgreift, betrachtet die Menschen als manipulierbare Masse – und damit als Stimmvieh

dann sollten Sie daran arbeiten, das Gutachten zu widerlegen und nicht mit blossen Phrasen darauf einzudreschen.

Wenn das Grundgesetz eine Mischfinanzierung verbietet und man evidente Vorteile in einer Mitfinanzierung von Bundesaufgaben sieht, sollte man versuchen das Grundgesetz zu ändern. Um mal ein wenig Horst Köhler zu zitieren:

Dem Gesetzgeber ist es unbenommen, die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für sein Vorhaben zu schaffen.

Der Artikel 104a GG steht ja erst seit 1969 im Grundgesetz. Man kann ihn auch wieder daraus entfernen.

Es gilt 2/3 des Bundestages und 2/3 des Bundesrates davon zu überzeugen, dass dieses Verbot2 im Grundgesetz überflüssig ist. Während das beim Bundestag vermutlich leichter gelingen wird, werden wohl im Bundesrat bei all den Ländern Schwierigkeiten bestehen, die die reale Befürchtung haben, von den reichen Ländern abgehängt zu werden, weil sie Bundesaufgaben nicht mitfinanzieren können, sondern auf die alleinige Finanzierung durch den Bund angewiesen sind.

  1. genauer: ohne Zustimmungspflicht. Beteiligt ist der bundesrat immer []
  2. an seiner generellen Existenz hat wohl auch der Pro-Gutachter keinen Zweifel []

Wie es diese Landesregierung schafft, mich zum #S21 Gegner zu machen

Wie bereits des öfteren bemerkt, bin ich kein Eisenbahn-Experte, kein Städteplaner und kein Mineralquellen-Sachverständiger. Der längste Tunnel, den ich je geplant und gebaut habe, war ca. 1,2 Meter lang, hatte einen Durchmesser von 20 Zentimeter und ist bereits am ersten Tag eingestürzt.

Meine Beurteilung von Stuttgart21 ist also getrübt durch keinerlei Sachkenntnis.

In letzter Zeit schaffen es die Projektbefürworter aber immer wieder, dass ich mich beim Lesen ihrer Aussagen angewidert abwende.

Das neueste Beispiel liefert Frau Gönner.

Ein Gutachten, in Auftrag gegeben von den Grünen, kommt zu dem Schluss, dass die Teilfinanzierung – sowohl der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm als auch des unterirdischen Bahnhofs – durch das Land Baden-Württemberg verfassungswidrig, zumindest aber verfassungsrechtlich bedenklich sei.

Nachvollziehbar wird das, wenn man sich Artikel 104a I GG anschaut:

Der Bund und die Länder tragen gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt.

Mein Grundgesetzkommentar meint hierzu folgendes:

Art. 104a Abs. 1 enthält für Bund und Länder nicht nur die Verpflichtung, im Verhältnis zueinander die Lasten für die Erfüllung ihrer Aufgaben zu übernehmen. Die Bestimmung bedeutet auch ein Verbot für beide Seiten, Aufgaben des anderen zu finanzieren. Dieses Verbot ergibt sich als Umkehrschluß aus Abs. 4 des Art. 104a, der einen der Ausnahmefälle regelt, in denen der Bund Aufgaben der Länder einschließlich der Gemeinden finanzieren darf.1

Sieht auf den ersten Blick richtig aus. Ich war also ein wenig auf die Antwort der Landesregierung gespannt. Die sah dann so aus:

Dagegen erläuterte Gönner, eine Anwaltskanzlei habe bereits 2007 der Landesregierung bestätigt, dass der Landeszuschuss rechtlich zulässig sei.2

Der Bundestag hat einen wissenschaftlichen Dienst, der Landtag Baden-Württemberg hat einen juristischen Dienst, in den einzelnen Ministerien türmen sich die Juristen teilweise bis in den 3. Stock. Aber die Prüfung einer verfassungskonformen Mitfinanzierung von Bundesangelegenheiten lagert man an eine Anwaltskanzlei aus3. Bleibt zu hoffen, dass deren Anwaltshaftpflichtversicherung im Falle einer Falschberatung zahlungskräftig genug ist.

  1. Maunz/Dürig, GG, 58. Ergänzungslieferung Art. 104a RN 25 []
  2. Welt online []
  3. spannend wäre für mich die Antwort auf die Frage, was sowas den Steuerzahler kostet und warum die Landesregierung der Meinung ist, in der eigenen Verwaltung zu wenig Expertise zu besitzen []