Kompetenz auch in der Landesspitze

Ich muss mich bei den Jusos entschuldigen, weil ich ihnen in letzter Zeit so oft vorgeworfen habe, dass sie vom Steuer- und Abgabenrecht keine Ahnung haben.

Sie können nichts dafür, vermutlich darf man keine Ahnung davon haben, wenn man in der SPD nach vorne kommen will.

Hannelore Kraft, ihres Zeichens Landesvorsitzende der NRW-SPD hat in der Welt einen Beitrag geschrieben, in dem sie das eindrucksvoll bestätigt. Vielleicht kann sie sich aber auch einfach nicht so richtig ausdrücken. Ich hab’s jetzt mal fett markiert.

Wenige Maßnahmen sind ungerechter als der Kinderfreibetrag. Kinder von Spitzenverdienern sind mehr wert als Kinder aus der Mittelschicht, von Geringverdienern oder Alleinerziehenden. Denn wer wenig oder keine Steuern zahlt, kann auch nichts absetzen. Deshalb hat Rot-Grün auch bewusst das Kindergeld erhöht und nicht den Freibetrag. Die SPD fordert daher schon seit Jahren einen Kindergrundfreibetrag, der mehr Gerechtigkeit schafft.

Okay, wenn man da noch ein ‚grund‘ in die Mitte schiebt ist er gerechter? ODer ist es gar kein Grundfreibetrag und er heißt nur so?

Steuerklasse 5. In den meisten Ehen kommt die Frau als geringer Verdienende in die höhere Steuerklasse. Sie muss die größere Steuerlast tragen und hat weniger Netto vom Brutto. Häufig genug heißt es dann: Bleib doch zu Hause, das lohnt sich nicht mehr.

Wenn schon eine Landesvorsitzende anscheinend nicht richtig versteht, wie das denn so funktioniert mit der gemeinsamen Veranlagung, mit der finanziellen Leistungsfähigkeit, an der sich die Höhe der Besteuerung orientiert, was ein Freibetrag und was eine direkte Subvention ist, kann man das von den „einfachen“ Leuten vermutlich auch nicht verlangen.

Vermutlich werden in der Familie Kraft zwei getrennte Konten geführt, in vielen anderen Familien wird die Steuerlast gemeinsam getragen, genauso wie das verdiente Geld auch gemeinsam ausgegeben wird. Die Friseurin geht in aller Regel nicht allein nach Malle in Urlaub statt mit der Familie nach Male, weil das eigene Gehalt nur zu ersterem reicht, das Gehalt des Ehemanns aber zu zweiterem (das gilt selbstverständlich auch für den Mann im Sicherheitsgewerbe und seine Ehefrau, die Filialleiterin ist).

Ehegattensplitting

Weil die Juso-Vorsitzende das ganze so beharrlich zum Thema macht, muss ich auch 🙂

Es gibt kein Argument für das Ehegattensplitting, deshalb gehört es abgeschafft.

Es gibt vielleicht kein Argument, das die Jusos überzeugt, aber Argumente gibt es genug.

In Deutschland werden Menschen nach ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit besteuert. Wer wenig verdient zahlt wenig, wer viel verdient zahlt überproportional mehr. So weit so gut.

Ehepaare werden zusammen versteuert, da man davon ausgeht, dass sie in eine gemeinsame Kasse zahlen und auch aus dieser leben. Bei (fast) allen Ehepaaren, die mir bisher begegnet sind, wird das so gehandhabt. Für den Fall, dass Kinder das Leben bereichern, gilt es für alle Fälle: Es gibt einen grossen Topf.

Jusos scheinen das anders zu sehen. Für sie sind die Ehepartner irgendwie doch alleinstehend. Für Jusos ist eine Familie, bei der beide 30’000 EUR pro Jahr verdienen weniger leistungsfähig als eine Familie, in der ein Partner 45’000 und der andere Partner nur 15’000 EUR verdient.

In den Köpfen der Jusos scheint das Feindbild des reichen Heimchens am Herd vorzuherrschen, die ihrem Millionärs-Manager-Gatten hilft, 10’500 EUR pro Jahr an Steuern zu sparen. Das mag sein, allerdings merkt der vermutlich gar nichts von dem Geldsegen. Dass er den Vorteil trotzdem mitnimmt weiss ich auch, aber wirklich bemerken tut er ihn nicht.

Ganz im Gegensatz zu obenstehendem Vergleichsehepaar.

Bisher bezahlt dieses Paar (Gesamteinkommen 60’000) zusammen 9’722 EUR Steuer, bei Aufhebung des Ehegattensplittings sind es bei einer Verteilung 45k -15k bereits 10’601 EUR und wenn nur einer verdient, wären es 16’037 EUR Steuer + SolZ.

Warum all diese Paare unterschiedlich leistungsfähig sein sollen, weiss man vermutlich nur als Juso, der weder verheiratet ist, noch in dieser Gehaltsregion verdient.

Liebe Jusos, es ist (zumindest in meinem Umfeld) nicht so, dass

  • sich die Filialleiterin einen Extraurlaub gönnt, während der Gatte im Sicherheitsgewerbe zuhause bleiben muss, weil’s halt mit seinem Einkommen nirgendwohin geht,
  • der Kfz-Meister am Abend erlesenste Lachsköstlichkeiten zu sich nimmt, während die Ehefrau gekochten Vorderpressschinken auf dem Fertigbrötchen hat, weil sie sich als Friseurin nicht mehr leisten kann
  • die Ingenieurin bei Porsche ein neues Haus baut und der Gatte, der sich zeitweise komplett um die Kindererziehung kümmert in der miefenden Mietwohnung zurückbleibt, weil er sich vom Elterngeld nicht mehr leisten kann.

Wie stehen Jusos eigentlich zum Versorgungsausgleich? Wenn man schon während der Ehe quasi getrennt wirtschaftet, dann wäre eine nachträgliche Anpassung der Alterbezüge ja fast schon sowas wie Steuerhinterziehung.

Jusos und die Kompetenz im Bundesvorstand

ich schreibe ja auch ab und an Unsinn, aber ich bin (hoffentlich) wenigstens lernfähig.

Katie Baldschun, ihres Zeichens stellvertretende Juso-Vorsitzende, hat die OECD-Studie in die Finger bekommen und gelesen. Weil das ganze vermutlich nicht ganz so einfach zu verstehen ist, hat sie es ein wenig vereinfacht und das daraus gemacht

Die Abgabenlast ist in der Bundesrepublik falsch verteilt. Im internationalen Vergleich tragen hier Menschen, die durchschnittlich oder weniger verdienen, die zweithöchste Steuerlast.

Nein, es geht um Abgabenlast. Menschen, die in Deutschland weniger als durchschnittlich verdienen, tragen fast keine Steuerlast, allerdings gehen von den Lohnkosten (und genau die hat die OECD untersucht) 34% an die Sozialkassen. Das hat mit Steuern aber so gar nichts zu tun.

Der Alleinstehende, der jedes Jahr 20’000 EUR verdient, hat eine Steuerlast von 2’027 EUR, etwas mehr als 10%. Er (und sein Arbeitgeber) haben eine Sozialversicherungsabgabenlast von insgesamt 8’100 EUR.
Nicht mal 20% der Steuern und Abgaben fallen auf die Steuern.

Paare und Familien mit zwei (Voll-)Einkommen sind wesentlich stärker belastet als Alleinverdiener-Familien – eine Folge des anachronistischen Ehegattensplittings.

Und das mit dem Ehegattensplitting haben die Jusos immer noch nicht kapiert. Da ist es nämlich genau das selbe, auch da geht es um die Sozialversicherung und der einzige Unterschied zwischen einem und zwei Verdienern ist der, dass die Beitragsbemessungsgrenze bei nur einem Verdiener halt viel früher die Abgabenlast begrenzt, als sie es bei zwei Verdienern tut. Richtigerweise müsste der Satz heissen „eine Folge der Beitragsbemessungsgrenze“ und nicht des Ehegattensplittings.

Wir sagen: Das ist weder vernünftig noch gerecht. Und sagen deshalb: Ehegattensplitting abschaffen!

und ich sage: Das ist weder verstanden worden, noch durchdacht. Und sage deshalb: Nachhilfestunden für Jusos im Bereich Steuern und Abgaben.