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letzte Prognose vor der Wahl:
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Die letzte veröffentlichte Wahlprognose zur Landtagswahl in Baden-Württemberg ist zwei Wochen alt und schaut so aus[0]:
Man kann darüber streiten, wie aussagekräftig Wahlprognosen 1/2 Jahr vor der Landtagswahl sind, zumal momentan Stuttgart 21 irgendwie alles in den Schatten stellt.
Dass es bei Landtagswahlen auch um Dinge wie Bildungspolitik, innere Sicherheit, Wirtschaftsförderung und andere Nebensächlichkeiten geht, scheint momentan keinen zu interessieren. Alle starren wie das Kaninchen auf die Schlange, die sich da auf dem Stuttgarter Hauptbahnhof aus dem Baugrund zu erheben scheint.
die Aussage von Angela Merkel
Bei völlig rechtmäßig getroffenen Entscheidungen braucht man keine Bürgerbefragung in Stuttgart. Vielmehr wird genau die Landtagswahl im nächsten Jahr die Befragung der Bürger über die Zukunft Baden-Württembergs, über Stuttgart 21 und viele andere Projekte sein, die für die Zukunft dieses Landes wichtig sind. Das ist unsere Aussage.[1]
scheint da auf den ersten Blick nur bedingt hilfreich zu sein, wenn es gilt, das Augenmerk auf die entscheidenden Punkte in der Landespolitik zu lenken, zumal das Land in der 5er-Konstellation
- Bund
- Land
- Bahn
- Stadt Stuttgart
- Regionalverband Stuttgart
eher nur die 3. bis 4. Geige spielt.
Auf der anderen Seite birgt die Auseinandersetzung[2] um Stuttgart 21 auch Chancen. Zumindest für CDU und Grüne.
- Im Jahr 2005 wurde die CDU in Baden-Württemberg von insgesamt 2,72 Millionen Menschen gewählt und erreichte damit ein Ergebnis von 46,8%.
- Im Jahr 2006 wurde die CDU in Baden-Württemberg von insgesamt 1,75 Millionen Menschen gewählt und erreichte damit ein Ergebnis von 44,2%.
Das erstere waren Bundestagswahlen, das zweitere Landtagswahlen. Fast eine Million CDU-Wähler sind nicht zur Landtagswahl gegangen. Da die Anhänger der anderen Parteien ihr Wahlrecht zum Landtag in Stuttgart ebenso lustlos wahrgenommen haben, kam die CDU trotz 35% weniger Wählerstimmen auf annähernd das gleiche Ergebnis.
Man geht halt (auch als konservativer CDU-Wähler, der Art. 26 III LVerf Ba-Wü ernst nimmt[3]) nicht so gern zu Landtagswahlen.
Ausser vielleicht, man bekommt einen Grund. Und der wird gerade auf dem Silbertablett serviert. All die Menschen, deren Meinung zu Stuttgart 21 darin besteht, dass das alles demokratisch legitimiert sei und die Verantwortlichen schon wüssten was sie machen, all die Menschen, die den Protest rund um den Hauptbahnhof in Stuttgart ablehnen (aus welchen Gründen auch immer), könnten ihre Meinung zur Bedeutungslosigkeit von Landtagswahlen ändern und am 27. März 2011 ihr Kreuzchen bei der CDU machen.
Den Grünen, die als einziger konsequenter Gegner von Stuttgart 21 auftreten, könnten die Stimmen derjenigen zufliessen, die aus Stuttgart keine 12-jährige Grossbaustelle machen wollen, die im Rheintal, an der Südbahn und an der Allgäubahn wohnen und dort sehnsüchtig auf den Ausbau der Bahnstrecke warten, für den leider seit Jahren kein Geld zur Verfügung steht. Ausserdem bekommen sie noch die Stimmen derjenigen, die der (irrigen) Meinung sind, dass das eventuell gesparte Geld für den Umbau des Bahnhofes in die Bildung fliessen könnte.
2 Blöcke, deren Protagonisten sich beim Vertreten der konträren Meinung fast unversöhnlich gegenüberstehen und die Landtagswahl in der breiten Öffentlichkeit zu einer echten Entscheidungswahl machen könnten.
Unter die Räder kommen die anderen 3 Parteien, die sich Hoffnung auf einen Einzug in den nächsten Landtag machen.
Zuerst hat die SPD mit ihrem jahrelangen Festhalten an Stuttgart 21 alle Gegner des Projekts vergrätzt und mit ihrer Kehrtwende und der völlig an den Haaren herbeigezogenen Lösung für einen Bürgerentscheid[4] jetzt ebenso zielsicher die Befürworter. Wenn ich eine feste Meinung zu Stuttgart 21 hätte und diese Meinung wahlentscheidend wäre, würde ich als letztes SPD wählen. Wer weiss welches Lüftchen nach der Wahl weht und die SPD-Fahne dazu bringt, wieder in die andere Richtung zu hängen.
Die Linken haben in Baden-Württemberg generell einen schweren Stand. Bei der Bundestagswahl 2009 hatte sie ihr zweitschlechtestes Landesergebnis aller Bundesländer in Baden-Württemberg. Die Positionierung gegen Stuttgart 21 geht neben dem Schwergewicht der Grünen völlig unter. Zudem zerstreiten sich gerade in Oberschwaben die Kreisverbände, so dass völlig offen ist, ob überhaupt in allen Wahlkreisen ein Kandidat der Linken antritt bzw. ob genug Unterstützungsunterschriften zusammenkommen.
Die FDP hat das Pech, dass Menschen, die die bisherige Regierungspolitik gut finden (und für die Stuttgart 21 kein wahlentscheidendes Thema ist), ihr Kreuz eher bei der CDU machen werden, um den Wahlkreiskandidaten sicher in den Landtag zu bringen (in einigen Wahlkreisen dürfte das im Gegensatz zu 2006 nämlich ziemlich schwer werden und bei der Landtagswahl hat man in Ba-Wü nur eine Stimme). Echte Gegner des Projekts werden entweder zuhause bleiben, oder Grün wählen.
Aufgrund dieser Gemengelage dürfte der Landtag in Baden-Württemberg ziemlich durchgeschüttelt werden, sowohl was die Stärke der einzelnen Fraktionen als auch die Personen in diesen Fraktionen angeht.
Aber es sind ja noch 6 Monate bis zur Wahl. Da kann noch viel passieren (muss aber nicht). Die Parteien, die nicht als die jeweiligen Meinungsführer des S21-K(r)ampfes angesehen werden, müssen versuchen, eigene Themen zu setzen. Ein Landtag entscheidet über soviel mehr als ein Infrastrukturprojekt in der Landeshauptstadt.
(Fussnoten könnten meiner langen Auseinandersetzung mit der Bachelorarbeit geschuldet sein, ich bitte um Nachsicht)
[0] Infratest dimap im Auftrag von Stuttgarter Zeitung und SWR http://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/baden-wuerttemberg.htm
[1] anlässlich der Haushaltsberatungen am 15.09.2010 http://www.bundestag.de/dokumente/protokolle/plenarprotokolle/17058.pdf S. 6045
[2] ich habe momentan keine Meinung dazu, dass Thema ist mir zu komplex um einfach den Gegnern oder Befürwortern hinterher zu laufen.
[3] http://www.im.baden-wuerttemberg.de/fm7/1227/Landesverfassung.pdf Art. 26 III: Die Ausübung des Wahl- und Stimmrechts ist Bürgerpflicht.
[4] Da habe ich mir ein Urteil drüber gebildet, öffentlich-rechtliche Verträge waren Teil der bereits oben erwähnten Bachelor-Arbeit